
Halle. Kurz vor den Sommerferien stehen am Kreisgymnasium Halle traditionell die Projekttage an, in deren Rahmen sich Schülergruppen mit unterschiedlichen Themen auseinandersetzen – diesmal unter dem übergeordneten Motto „Nachhaltigkeit – was geht uns das an?“. Ungefähr 25 Schüler und Schülerinnen der Jahrgangsstufen fünf bis zehn haben sich dabei unter der Leitung ihrer Lehrer Thomas John und Thomas Rohde mit der Stadtentwicklung Halles beschäftigt. Kurz vor der Kommunalwahl im September teilten sie dem Bürgermeister Thomas Tappe nun en détail mit, welche Baustellen sie in der Lindenstadt sehen.
Der nahm zunächst die Rolle des Zuhörers ein. „Halle Westfalen zum Wohlfühlen – das ist ein schönes Motto, aber wird das wirklich so wahrgenommen?“, fragte Schüler Felix Heusner einleitend, bevor er die Ergebnisse des Ortschecks im Kreis Gütersloh präsentierte, in dessen Rahmen die Zufriedenheit der Bürger abgefragt worden war. Dort belegt Halle nur einen unteren Platz im Mittelfeld. Und auch wenn Halle durchaus lebenswert sei, wie die Schüler betonten, sind den einzelnen Gruppen bei ihren Rundgängen durch die Stadt doch einige Makel aufgefallen.
Ronchin-Platz
So bemängelten die Schüler etwa den Autoverkehr in der Bahnhofstraße nahe dem Ronchin-Platz, der eine Gefahr für Kinder sei, oder die Sitzgelegenheiten vor dem Eiscafé Ceotto. Die seien eher unattraktiv und sollten ausgetauscht werden. Außerdem wünschten sich die Schüler einen Springbrunnen am Haller-Willem-Denkmal. „Die Bänke vor der Eisdiele zu ersetzen, wäre keine Riesensache“, sagte Tappe. Der Springbrunnen dagegen schon. „Das Problem ist, dass auf dem Ronchin-Platz viele Veranstaltungen stattfinden. Ein Springbrunnen würde da zu viel Platz in Anspruch nehmen“, erklärte er.
Auch der Idee, dem Optiker Böckstiegel ein leer stehendes Gebäude zur Verfügung zu stellen, um am jetzigen Standort Gastronomie umzusetzen, erteilte der Bürgermeister eine Absage. „Der Geschäftsinhaber hat einen Mietvertrag – da können wir nicht sagen: Geh mal dorthin.“ Die Verkehrssituation werde im Rahmen der städtischen Umbaumaßnahmen – die aktuell bereits in der Rosenstraße stattfinden – ein wenig verbessert, kündigte er zudem an.
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Den Schülern waren aber auch teils schmutzige Häuserfassaden in der Innenstadt aufgefallen, die renoviert werden könnten. „Wir haben zu diesem Zweck am sogenannten Fassaden- und Hofprogramm teilgenommen“, erklärte Tappe. Im Rahmen der bis 2024 laufenden Fördermaßnahme konnten Privateigentümer Zuschüsse für entsprechende Renovierungsarbeiten erhalten. „Der ein oder andere hat das in Anspruch genommen – und manche nicht“, erinnert sich Tappe. „Wir können nur Anreize bieten, die Menschen aber nicht zwingen.“
Grundstücke an der Langen Straße

„Die Lange Straße ist die Visitenkarte von Halle“, sagte Felix Heusner und leitete damit zur nächsten Gruppe über, die sich speziell mit der Durchfahrtstraße beschäftigt hatte, die auch in der Diskussion der städtischen Politik immer wieder auf den Tisch kommt. Demnach trübten einige Gebäude entlang der Straße das Stadtbild durch ihr heruntergekommenes Äußeres. „Besonders an der Ampel ist das Gebäude nicht ansprechend“, befand eine Schülerin. Ein beschädigter Zaun und ein Brombeerstrauch, der auf den Bürgersteig ragte, trügen ihr Übriges zum schlechten Gesamteindruck bei. Und auch die viel diskutierten Grundstücke Lange Straße 24 und 26 sind den Schülern offensichtlich ein Dorn im Auge.
Zusammen mit Sebastian Manke von der UWG, der ebenfalls gekommen war, um sich die Perspektive der Kinder anzuhören, skizzierte Tappe in aller Kürze die politische Diskussion rund um die besagten Grundstücke. Wie berichtet werden diese trotz Gegenwehr einer Bürgerinitiative, der UWG-Fraktion und einzelner Ratsmitglieder der Grünen nun doch frei vermarktet, nachdem ein Konzeptverfahren, das einen Käufer zu gewissen Bedingungen ermitteln sollte, gescheitert ist. Und auch zu den Grundstücken vor der Ampel an der Ecke Wertherstraße lieferte Tappe ein wenig Hintergrundwissen: „Da finden in einigen Fällen Umlegungen von Grundstücken statt“, sagte er. So habe der Eigentümer der Langen Straße 31 beispielsweise bereits einen Bauplan, müsse aber noch abwarten, wie sich sein Grundstück nun verändert.
Verkehrssicherheit

Verbesserungsbedarf bei der Verkehrssicherheit sahen die Schüler gleich an mehreren Stellen. So sei etwa der Bürgersteig an der Langen Straße – ungefähr auf Höhe des Familie-Isenberg-Platzes – zu schmal und somit für Fahrrad- und Rollstuhlfahrer ungeeignet. „Im Rahmen der Umbaumaßnahmen an der Langen Straße soll dieser Abschnitt zu einer Tempo-30-Zone werden“, erklärte Tappe. „Dadurch können wir dem Fuß- und Radverkehr in den Randbereichen mehr Platz einräumen.“
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Auch auf der Alleestraße sei die Verkehrsführung nicht optimal, befand eine Gruppe. So würden die Autos beispielsweise auch den für Radfahrer vorgesehenen Streifen auf der Fahrbahn benutzen. „Das ist ein sogenannter Fahrrad-Streifen“, sagte Tappe, „den dürfen Autofahrer auch benutzen, solange dort nicht gerade ein Fahrradfahrer fährt.“ Zudem hätten die Radfahrer auch die Option, den alten, rot markierten Weg auf dem abgesenkten Bürgersteig zu nutzen.
Bahnhof
Im Bereich des Bahnhofs bemängelten die Schüler fehlende Sauberkeit am Bahnsteig, außerdem sei in den Snackautomaten oft abgelaufene Ware und einige Sitzgelegenheiten könnten – wie schon am Ronchin-Platz – langsam von Nachfolger-Modellen abgelöst werden. „Das Bahnhofsgebäude und die dahinterliegende Radstation gehören zwar der Stadt“, entgegnete Tappe. Die Reinigung des Bahnsteigs sowie die Pflege des Mobiliars seien aber Sache der Bahn. Man müsste die Bahn dementsprechend bitten, das Reinigungsintervall anzupassen. „Bei den Automaten muss ich ehrlich gesagt passen“, räumte der 54-Jährige ein. „Da weiß ich gar nicht, wer die betreibt.“
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Im Bereich des Bahnhofs, beziehungsweise des alten Friedhofs, hätten die Schüler des Abends außerdem manchmal ein ungutes Gefühl wegen der Obdachlosen, die sich dort gerne niederließen. „Wir haben einen Dienst des Ordnungsamtes, der diese Brennpunkte kontrolliert“, sagte Tappe, dem das Problem offensichtlich nicht neu ist. „Dadurch wird es für die Menschen, die dort sind, ungemütlich, sodass sie woanders hingehen“, fuhr er fort. „Dadurch verschiebt sich das Problem zwar nur, dennoch ist es wichtig, dass regelmäßig kontrolliert wird.“ Schließlich könne man nach dem Grundgesetz niemanden zwingen, des Nachts in ein Gebäude zu gehen.
Osning-Sportplatz
Schlussendlich hatten die Schüler noch ein paar Vorschläge, wie der Osning-Sportplatz zukünftig genutzt werden könne. Der sei in seiner jetzigen Form ungepflegt und wenig attraktiv. So fielen etwa Begriffe wie Open-Air-Kino, Minigolf-Anlage, Kletterpark oder Freibad. Gerade die letzte Idee fand breite Zustimmung unter den Schülern. „Der Platz ist eigentlich als frei zugänglicher Bolzplatz gedacht“, sagte Tappe. „An eurer Reaktion merke ich aber, dass das noch gar nicht so bekannt ist“, stellte er fest. Außerdem, so Tappe, werde der Platz auch von der Lindenschule und den Bogenschützen der Haller Schützengesellschaft genutzt. „Wir müssen da wohl noch klarer kennzeichnen, welcher Bereich für wen vorgesehen ist“, fügte er hinzu.
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Freibad in Halle
Aber Tappe hatte auch den dezent angebrachten Freibad-Wunsch der Schüler gehört. „So ein Bad erzeugt immer ein Defizit, weil die Einnahmen niemals ausreichen, um die Kosten zu decken“, schob er voran. „Ich habe immer gesagt und bleibe auch dabei: Allein ist die Stadt nicht in der Lage, ein Freibad zu bauen – das gibt der Haushalt nicht her“, fuhr er fort. Es sei aber denkbar, dass ein solches Projekt an der Seite eines Partners umgesetzt werde, wie es etwa in Versmold mit dem Kurt-Nagel-Parkstadion geschehen sei.
Ob wirklich ein flächendeckendes Bedürfnis nach einem Freibad besteht, werde die Kampagne des neu gegründeten Fördervereins zeigen, so der Bürgermeister. „Wenn dort 15.000 von 22.000 Einwohnern Mitglied werden, wäre das ein klares Anzeichen dafür“, sagte Tappe.
Abschließend machten Tappe und Manke, wie schon während der ganzen Veranstaltung, nochmals Werbung für politisches Engagement. „Wenn ihr eine Idee habt, dann stellt einen Antrag. Den hat der Bürgermeister dann in seiner Kladde und dann reden wir in den Ausschüssen darüber“, ermutigte Manke die um ihn herumsitzenden Schüler. „Ihr müsst auch gar nicht fachlich beurteilen können, ob das umzusetzen ist oder nicht“, fügte Tappe hinzu. Eine Idee einzubringen sei das Wichtigste.
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