
Steinhagen. „Baukostensteigerung“ - das Wort löst bei Kommunalpolitikern Abwehrreflexe aus. Schon fast erwartbar drohen Bauprojekte auf Kosten der Steuerzahler auszuufern. Allein in Steinhagen finden sich in den vergangenen Jahren eine ganze Handvoll Beispiele: Die Grundschule Brockhagen, die neugebaut werden soll, wird wohl mindestens 17,5 statt 16 Millionen Euro kosten.
Für den Anbau des zu klein gewordenen Gymnasiums waren ursprünglich 13,5 Millionen Euro angesetzt worden. Derzeit stehen 21,5 Millionen auf dem Plan. Auch an den Grundschulen in Amshausen und am Laukshof wird für Millionenbeträge gebaut. Gleichzeitig soll das Wohnheim für Geflüchtete und Obdachlose in der Patthorst abgerissen und neugebaut werden.
Die um sich greifenden Baukostensteigerungen führten schon zu mancher harten Debatte in den Gemeindeausschüssen. Für die Gymnasiums-Anbauten wurde bereits ein spezialisierter Architekt als Finanz-Controller beauftragt.
Ungeplante Kosten machen Steinhagener Rathaus zu schaffen
Immer wieder wird auch diskutiert, auf geplante Ausstattung zu verzichten. Beim Gymnasium stand die eine Million Euro teure Lüftung zu Disposition, bei der Grundschule Brockhagen Lärmschutz-Einrichtungen, beim Hörmann-Sportzentrum der Spvg. - an dem der Steuerzahler ebenfalls finanziell beteiligt ist - hatten die Planer sogar auf ein komplettes Stockwerk verzichtet.
Nun stellen verschiedene Partei-Bündnisse gleich zwei Anträge im Steinhagener Rat, um die wiederkehrenden Kostensteigerungen unter Kontrolle zu bringen. Unter dem Schlagwort „Kostenausreißer“ fordern FDP und CDU, dass dem zuständigen Haupt- und Finanzausschuss künftig bei jedem Bauprojekt, dessen endabgerechnete Kosten mindestens 20 Prozent über den geplanten Kosten liegen, ein ausführlicher Bericht vorgelegt werden muss. Der Bericht solle sich auch mit möglichen Regressansprüchen gegenüber den Bauausführenden beschäftigen und Vorschläge machen, wie solche Steigerungen künftig vermieden werden können.
Streit um Sparmaßnahme: Grüne fordern teure Lüftungsanlage
Liberale und Konservative reagieren damit nach eigenem Bekunden auch auf den kürzlich erschienenen Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA), die die Steinhagener Finanzen untersucht hatte. Grundsätzlich ist im Rathaus demnach alles in Ordnung, die GPA hatte aber auch einige Empfehlungen ausgesprochen, um die Finanzen rechtzeitig zu steuern. „Wir sehen in einem effektiven Kostencontrolling einen Ansatzpunkt, um Einnahmen und Ausgaben im Blick zu behalten“, begründen die beiden Parteien deshalb auch ihren Antrag.
Bau-Planungen sollen zentralisiert werden
Ein großes Bündnis aus CDU, FDP und Grünen macht einen weiteren Vorschlag. Der Ansatz: Ein zentrales Planungsgremium soll sich künftig um alle wichtigen Baustellen in der Gemeinde kümmern.
„Projekte wie die Feuerwehr, der kommunale Bauhof und das Übergangswohnheim an der Patthorster Straße wurden von der Verwaltung in der Notwendigkeit angekündigt, sind aber bisher in der Umsetzungsplanung sowohl inhaltlich als auch im finanziellen Umfang noch wenig konkret“, erläutern Mechthild Frentrup (CD), Silke Wehmeier (FDP) und Detlef Gohr (Grüne).

Allen Projekten gemeinsam sei, dass neben dem im Rathaus bereits existierenden „Gebäudemanagement“ weitere Ämter in den Planungen eingebunden seien. „Die Diskussion findet dagegen in unterschiedlichen Fachausschüssen statt“, erläutern die Politiker. Diese Sitzungen könnten den millionenschweren Projekten indes nicht immer gerecht werden. „Alle Projekte verlangen sowohl eine große fachliche Expertise im Hochbauwesen und ein stringentes Management der Budgetierung und Kostenkontrolle. Wir sind überzeugt, dass eine normale Fachausschuss-Sitzung, in der viele weitere Themen zu diskutieren sind, hier keinen ausreichenden Raum schaffen kann.“
Streit um die Kosten: Steinhagen trennt sich von Schul-Architekten
Gerade weil derzeit viele teure Projekte in der Pipeline seien, gelte es umzustrukturieren. „Aufgrund der Vielzahl und des Umfangs der anstehenden Projekte halten wir eine andere organisatorische Struktur zur Planung und Begleitung der Projekte für erforderlich, als es in der Vergangenheit notwendig war. Wir stellen zur Diskussion, welche organisatorische Verankerung das Planungsgremium erhalten und ob es öffentlich oder nicht-öffentlich (mit Berichtspflicht im Fachausschuss) arbeiten soll“, so die drei Parteien.
Besetzt werden solle das neue Bauplanungsgremium mit Vertretern der politischen Fraktionen, Hochbauexperten aus dem eigenen Haus, gegebenenfalls externen Fachleuten und Mitarbeitern aus den betroffenen Abteilungen im Rathaus.
Noch handelt es sich bei den beiden Anträgen nur um Ideen. Sie wurden am Mittwochabend in den Gemeinderat eingebracht und werden in den kommenden Monaten in den zuständigen Ausschüssen besprochen.