Kein Vertrauen in Experten: Streit um Lüftung fürs Steinhagener Gymnasium

Steinhagen. Reichlich Unmut zogen sich die Grünen am Mittwochabend im Schulausschuss zu. Die Kurzfassung: Heike Horn und Detlef Gohr von der Umweltpartei zweifelten eine Empfehlung des Bauingeniers an, der im Auftrag des Rathauses die aufwendige Erweiterung des Gymnasiums plant. Dabei geht es um die Lüftungsanlage. Nach der Corona-Pandemie sind in vielen Schulen - auch in Steinhagen - für Millionen-Beträge solche Anlagen installiert worden, die dafür sorgen sollen, dass die Atemluft immer möglichst frisch und virenfrei ist. Als sich abzeichnete, dass die Kosten für die Gymnasiums-Baustelle deutlich steigen, hatte Planer Peter Döinghaus den Auftrag bekommen, Sparpotenzial auszumachen. Seine erste und wichtigste Empfehlung: Keine Lüftungsanlage, sondern per Fenster für Durchzug sorgen. &bdquo;In der Corona-Debatte hat sich gezeigt, dass Schulen als Hotspots überschätzt wurden. Damals war eine andere Stimmung“, hatte Döinghaus im Juni argumentiert. Rund eine Million Euro könne man so einsparen. Schon damals hatten einzig die Grünen diesen neuen Blick auf die Technik infrage gestellt. In der neuerlichen Sitzung des Schulausschusses präsentierte der Bauingenieur nun die überarbeiteten Umbaupläne. Dabei erklärte er auch &bdquo;die große Kostensteigerung, wie wir sie derzeit bei vielen Projekten haben“. Sein Team habe die Pläne deshalb noch mal durchgearbeitet und Sparpotenziale ausgemacht. &bdquo;Von Kaputtsparen kann aber keine Rede sein, wir haben weniger wichtige Dinge weggelassen“, so Döingaus. Zusätzlich zur Lüftung ließe sich so eine weitere Million Euro sparen. Acht Millionen Euro teurer als anfangs gedacht 21,5 Millionen Euro sind für das Projekt nun angesetzt. Eine Kostenermittlung, die nun &bdquo;eine gewisse Verlässlichkeit“ habe, so der Fachmann. Eine Million Euro Fördergelder kann die Gemeinde für den Umbau nutzen. Die Teuerung - ursprünglich waren mal 13,5 Millionen Euro geschätzt - ließe sich durch die Preissteigerungen am Wohnungsbaumarkt erklären. Nachdem Döinghaus die Pläne vorgestellt hatte, bat Ratsherr Detlef Gohr um das Wort. &bdquo;Wir sehen es nicht so, dass man auf die Lüftung verzichten kann“, so der Fraktionsvorsitzende der Grünen. Gemeinsam mit seinen Kollegen hatte er sich in Studien vom Frauenhofer-Institut, dem Umweltbundesamt und anderen eingelesen, die demnach nicht davon ausgehen, dass eine reine Fensterlüftung ausreicht. &bdquo;Ich halte das für einen großen Fehler!“ Der ehemalige Bürgermeister-Kandidat machte damit eine Debatte auf, die seine Ratskollegen bereits für abgeschlossen hielten, woraufhin ihm kräftiger Gegenwind entgegenschlug. &bdquo;Ich präsentiere Ihnen solche Kostensteigerungen und die erste Wortmeldung verlangt, dass ich mehr Geld ausgebe“, statuierte Peter Döinghaus mit einer gewissen Schärfe. Und wiederholte seinen Standpunkt: &bdquo;Die Gutachten, die sie zitieren, sind von der Hersteller-Industrie getrieben. Die, die sich damit auskennen, wissen, es geht auch ohne.“ Natürlich habe sich ein Bauphysiker mit der Situation beschäftigt und sei zu dem Schluss gekommen, dass die großen Fensterfronten im Verhältnis zum Innenraum ausreichten. &bdquo;Wir sind absolut norm- und regelkonform unterwegs.“ Döinghaus ging noch weiter und kritisierte, dass es aus seiner Sicht &bdquo;absolut ungewöhnlich sei, dass die Politik in solchen Fragen“ entscheide. Immerhin habe die Gemeinde für 4,8 Millionen Euro Experten eingekauft, die die Schule planen. &bdquo;Ich habe die Frage, ob die Gemeinde das Geld hat?“ Auch Gohrs Grünen-Kollegin Heike Horn wollte den Aussagen nicht vertrauen und bestärkte: &bdquo;Ich frage mich, wie oft man dafür lüften muss. Da stimmen viele Dinge einfach nicht. Ich glaube nicht, dass man verzichten kann.“ Detlef Gohr forderte ein &bdquo;transparenteres Verfahren“, in dem er mündliche Aussagen des Planers auch kontrollieren könne. Von der CDU in Person von Nina Brendebach-Banz musste sich die Umwelt-Partei gar ihre &bdquo;komischen Gutachten“ vorwerfen lassen, wegen der man sich &bdquo;bestimmt nicht umentscheiden“ werde. &bdquo;Wir verlieren vier bis sechs Monate“ Zusätzlichen Druck in die Debatte brachte Planer Döinghaus, als er erklärte, was die Forderung der Grünen für den Verlauf des Bauvorhabens bedeuten würde. Sollte er die Pläne überarbeiten müssen und der Bauphysiker ein eigenes Gutachten erstellen, brauche das mindestens vier Wochen Zeit. Einen entsprechenden Planungsstopp könne man sich &bdquo;zeitlich nicht erlauben“. &bdquo;Die Teams geben gerade Vollgas, dann verlieren wir vier bis sechs Monate. Und es kostet viel Geld“, so der Ingenieur. Um diesen Worst Case zu verhindern, wurde sogar die Sitzung unterbrochen. In der Pause sprachen die Grünen-Politiker mit der Schulleitung. Um eine Verzögerung der Planungen zu verhindern, wurde schließlich entschieden, die Grünen-Forderung als Antrag abzustimmen - auch wenn allen Beteiligten klar war, wie der ausgehen würde. Mit nur drei Grünen-Stimmen scheiterte die Forderung, die Lüftung doch einzubauen. Sollten die Planungen nun ohne unerwartete Verzögerungen voranschreiten, soll der tatsächliche Umbau des Steinhagener Gymnasiums im Herbst kommenden Jahres starten. Der Neubau wird dann wohl nicht vor dem Frühjahr 2027 fertig werden, die Umbauten im Bestand brauchen sogar noch bis zum Frühjahr 2028.

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