
Das klingt alles fast zu genial, um wahr zu sein. Fast zwei Jahre nach den skandalösen Vorgängen rund um den Gesundheitskiosk „Klara“ in Loxtens Dorfmitte scheint jetzt eine Perspektive aufgezeigt, die auf einen Schlag alle Probleme des Ortsteils lösen könnte.
Denn den Loxtenern ging es ja immer darum, ihr Zentrum nach dem Aus des damaligen Dorfladens wieder zu beleben. Zumal Investor Hans-Ewald Reinert dafür eigens eine Immobilie errichtet hatte. „Man muss doch hier vor Ort seine Brötchen kaufen können“, wurde immer wieder gefordert.
Und zunehmend zornig verfolgten viele Dorfbewohner, wie aus den vollmundigen Ankündigungen rund um den Gesundheitskiosk zunächst einmal gar nichts wurde - und dann ein großes Ärgernis. Denn die zentrale Anlaufstelle rund um die Gesundheit - die irgendwann auch eine kleine Nahversorgungszelle werden sollte - nahm de facto nie ihren Betrieb auf.
Supermarkt könnte Ausweg aus Versmolder Misere weisen
Die Unternehmerin zahlte ihren Mitarbeitenden keine Löhne, führte auch keine Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge ab. Nach mehreren Gerichtsverfahren und einer Beinah-Insolvenz bleiben von dem Projekt nur ein Scherbenhaufen und eine seit Monaten nicht mehr aktualisierte Website. Vor diesem Hintergrund klingt es jetzt fast wie ein Hohn, dass die Stadt Versmold in ihrer Beschlussvorlage zu den neuesten Entwicklungen davon spricht, es sei „noch nicht absehbar“, ob einzelne Teil des Gesundheitskiosks noch umgesetzt werden können.
„Tante Enso“ könnte jetzt den Ausweg aus der Misere weisen. Ein genossenschaftlich organisierter Supermarkt, der im Prinzip rund um die Uhr geöffnet hat und die Nahversorgung des Ortsteils sicherstellen würde. Das Zentrum wäre durch einen solchen Markt neu belebt, zugleich könnte Hans-Ewald Reinert nach Jahren wieder Mieteinnahmen mit seinem Objekt generieren - und daran dürfte er ein vitales Interesse haben. Sonst hätte er das Projekt wohl auch nicht zusammen mit Bürgermeister Michael Meyer-Hermann forciert.
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Blickt man in die Haller Ortsteile Künsebeck und Hörste, könnte man in Euphorie verfallen. Hier haben engagierte Dorfgemeinschaften es geschafft, Märkte mit jeweils mehr als 2.000 Artikeln in ihre Mitte zu holen und dabei auch eigene Wünsche in den Sortimenten umgesetzt. Diese Projekte haben nicht nur einen praktischen Nutzen für die Menschen vor Ort, sie stärken auch die Ideen der Dörfer.
Dorfbewohner sind jetzt gefordert
Und genau an diesem Anspruch müssen sich die rund 3.000 Loxtener auch messen lassen. Seit Jahren haben sie ein Angebot für ihr Zentrum gefordert - jetzt können sie aktiv daran mitwirken. Indem sie Geld in die Hand nehmen und Anteile für den „Tante-Enso-Supermarkt“ zeichnen. Immerhin: Das Unternehmen hat den Standort für grundsätzlich geeignet befunden, die Aktiven vor Ort haben ihre Unterstützung zugesagt.
Der Erfolg für ein solches Projekt hätte zwei Hürden zu nehmen: Es bräuchte zunächst 700 Anteilseigner - und anschließend auch genügend Kunden. Denn anders als zum Beispiel in Hörste müssen die Loxtener nur 400 Meter die Straße runterfahren und sind in Versmold, etwa 1,5 Kilometer Luftlinie entfernt gibt es schon den nächsten Vollsortimenter ... War diese Nähe zur Stadt vielleicht auch ein Grund, warum es mit der Entwicklung einer echten Dorfmitte bislang so schwierig war?
Skandal muss noch aufgearbeitet werden
Womöglich ist diese Frage unfair, denn ohne Zweifel wäre ein Tante-Enso-Laden für Loxten eine echte Chance. Und nachhaltig mit Blick auf die Nutzung einer seit Jahren brachliegenden Immobilie. Doch aufgearbeitet ist der Skandal rund um den Gesundheitskiosk damit noch lange nicht. Ein bisschen scheint es so, als wollten alle Beteiligten diesen Fehlschlag möglichst schnell in einen Mantel des Schweigens hüllen: die Unternehmerin sowieso, aber auch der Investor und die Stadt - nach vorne blicken, lautet offenbar die Devise.
In das Projekt Gesundheitskiosk sind 176.000 Euro öffentlicher Fördermittel geflossen - und das ohne eine nachweisbare Gegenleistung in den vergangenen Jahren. Dass eine Rückzahlung dieser Gelder im Raum steht, ist das Mindeste. Die Aufarbeitung darf keinesfalls mit der Neueröffnung eines Supermarktes abgeschlossen sein - hier ist auch die Stadt Versmold gefordert, die „Klara“ einst mit den besten Wünschen begleitet hat.