Halle. Das kriselnde Unternehmen wähnte sich bereits auf einem guten Weg, als die Corona-Pandemie zuschlug. Das fertig verhandelte und bereits in Kraft getretene Sanierungskonzept musste erneut aufgeschnürt werden – noch mehr Arbeitsplätze wurden aufgrund der Krise gestrichen (das HK berichtete).
Der Betriebsratsvorsitzende Lutz Bormann hatte bereits im Mai betont, dass der neuerliche Stellenabbau einen massiven Einschnitt bedeute. Schließlich verfügte der Konzern bereits im Frühjahr weltweit nur noch über 3.000 der einst 7.000 Mitarbeiter, 2.000 davon in Deutschland, 600 am Stammsitz in Halle. Dieses Team musste nun weiter schrumpfen, vor allem im Bereich Beschaffung. Der Modehersteller war also gezwungen, sich noch mehr vom Hersteller- zum Handelsunternehmen zu wandeln und weitere Kompetenzen auszulagern.
Die Verhandlungen über den nächsten Sozialplan waren knifflig, eine Transfergesellschaft mit doppelter Kündigungsfrist und einer Verweildauer von bis zu einem Jahr wurde eingerichtet. Ein Vierteljahr nach diesem Schritt und der erneuten Rettung des Unternehmens durch Verhandlungen mit Gläubigerbanken geben sich die Verantwortlichen nun betont optimistisch.
Transfergesellschaft arbeitet seit Mitte des Jahres
„Der Abbau von rund 200 Arbeitsplätzen im Rahmen des pandemiebedingten Restrukturierungsprogramms ist größtenteils abgeschlossen", teilte Unternehmenssprecherin Kristina Schütze auf Anfrage des Haller Kreisblattes mit. Die Transfergesellschaft habe ihre Arbeit Mitte des Jahres aufgenommen. „Und der überwiegende Teil der Beschäftigten hat deren Angebot auch angenommen und ist somit bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden", erklärte Schütze weiter. „Perspektivisch hoffen wir natürlich, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund bleiben und wir uns von den Auswirkungen der Pandemie weiter erholen können."
Zwar spüre der Modehersteller im Handel „noch deutlich die allgemein zurückgegangene Frequenz", allerdings profitiere man zugleich von einer erhöhten „Conversion Rate". Diese Kennziffer kommt aus dem Online-Marketing und misst unter anderem das Verhältnis von Besuchen auf einer Website und dort getätigten Käufen. Hier hat sich Gerry Weber offenbar verbessert – das Unternehmen zeigt sich in seinem Statement aber auch mit dem Kaufverhalten in den Läden zufrieden. „Unsere Kundinnen kommen mit gezielter Kaufabsicht in unsere Stores und nehmen die Beratungsleistung unseres Personals sehr gerne und ausgiebig in Anspruch", so Schütze.
Das mag sein, die Zahlen sprechen indes weiter die Sprache der Krise. Die jüngsten Halbjahreszahlen brachten einen Umsatzrückgang von 247,7 auf 140,5 Millionen Euro – das war aufgrund des Insolvenzverfahrens allerdings auch zu erwarten gewesen. Das Ergebnis verbesserte sich durch Personalabbau und geringere Abschreibungen zwar deutlich – unter dem Strich stand aber immer noch ein Minus von 34,2 Millionen Euro. Allein die Pandemie habe den Konzern 57 Millionen Euro gekostet, schätzen die Verantwortlichen.
Dennoch, so betont Sprecherin Kristina Schütze, sei die Stimmung der Belegschaft grundsätzlich positiv: „Das Zukunftskonzept, mit dem wir um den intakten Markenkern eine moderne und straffere Infrastruktur schaffen, befindet sich nun in der Umsetzung." Die akute Krise sei abgewendet: „Wir alle können nun wieder unsere Arbeit machen."
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