Geschäftsmann in Werther mit vielen Ideen: Vom Weltenbummler zum Bestatter

Werther. Mit seinem Bruder hat er sich als Fünfjähriger nachts im Bett auf Bahasa Indonesia unterhalten, der Landessprache auf Sumatra, wo die beiden aufgewachsen sind. Auf den Straßen in Syrien und Ägypten, wo er als 22-Jähriger ein Jahr lang trampend unterwegs war, konnte er sich gut auf Arabisch verständigen. Die Weltoffenheit, die Reimar Küstermann in seiner Kindheit und Jugend erfahren hat, hat ihn geprägt. Durch den Beruf seines Vaters als Pfarrer und Missionar hat er viel gesehen. Neugierig ist der Unternehmer auch mit 57 Jahren noch. Doch inzwischen fest verwurzelt im Dreieck Werther, Jöllenbeck, Spenge. Es zieht sich wie ein roter Faden durch Reimar Küstermanns Leben: Eine Erfahrung, eine zufällige Begegnung, die ihn begeistert und der er sich dann verschreibt. Als er nach dem Zivildienst 1989 lange in Ägypten war, lernte er das Werk des Architekten Hassan Fathy kennen. &bdquo;Je mehr ich mich damit beschäftigte, umso mehr dämmerte mir, was Architektur doch für eine ganzheitliche Wissenschaft ist“, sagt Reimar Küstermann. Zurück in Deutschland schrieb er sich deshalb gleich für das Fach ein. Doch das ging nur, wenn er ein passendes Praktikum vorweisen konnte. Also ging er in einen Zimmermannsbetrieb in Steinhagen. &bdquo;Und die Erfahrung dort, etwas mit den Händen schaffen zu können, schlug ein wie eine Bombe und mir war klar: Ich werde Handwerker.“ Im Schnelldurchlauf vom Lehrling zum Unternehmer Er machte in Steinhagen eine Tischlerlehre, sattelte noch eine Ausbildung als Gestalter obendrauf und schloss an seine Gesellenzeit die Meisterschule an, denn &bdquo;ich hatte Lust, etwas Eigenes zu machen.“ 1998 gründete er in Werther seine eigene Tischlerei &bdquo;Raumwerk“ und erwarb 2007 die Räume der Tischlerei Vollmer in Häger, wohin er mit dem Betrieb dann umsiedelte. Abends ging der Jungunternehmer wöchentlich zur Chorprobe in Jöllenbeck. &bdquo;Für Instrumente ist immer Geld da, hatte mein Vater immer gesagt. Und so lernte ich in meiner Jugend Trompete, Klavier, Schlagzeug, Blockflöte und ich sang leidenschaftlich“, erzählt Reimar Küstermann. In der Kantorei der Kirchengemeinde saß er bei den Proben neben Margret Siekmann. Deren Mann Heinz war auch Tischler und einer von zwei Bestattern in Jöllenbeck. Man freundete sich an. Mehr dazu: Handwerkstradition in Werther endet – trotz allem ist der Chef guter Dinge &bdquo;Das Thema Bestattungen interessierte mich sehr“, sagt Reimar Küstermann. &bdquo;Denn als Tischler wie auch als Bestatter ist man dienend tätig und muss die Wünsche der Kunden richtig umsetzen.“ Als Heinz Siekmann verstarb, fehlte in Jöllenbeck ein Bestatter seines Schlages. &bdquo;Er war so ein Meister Eder“, beschreibt Küstermann den Kollegen. Da er neben der Tischlerei noch Valenzen hatte, kam er mit Margret Siekmann ins Gespräch über die Fortführung ihres Bestattungsbetriebs. &bdquo;Bestatter kann in Deutschland jeder werden“ &bdquo;Ich packe gerne neue Sachen an, und ich komme gerne Menschen sehr nahe; das interessiert mich. Das Thema hat eine ganz andere menschliche Tiefe, als wenn man über Möbel spricht“, sagt er und war somit 2001 plötzlich auch Bestattungsunternehmer. &bdquo;Bestatter oder Wirt kann in Deutschland jeder werden, man braucht keine Ausbildung oder Zulassung dafür“, sagt Reimar Küstermann augenzwinkernd. Margret Siekmann machte drei Bestattungen mit ihrem Nachfolger gemeinsam, dann war der auf sich gestellt. Hilfe holte er sich von dem Spenger Bestatter Arno Wippermann. &bdquo;Ich kaufte bei Wippermann die Särge, und er machte für mich die Überführungen mit seinem Wagen“, erzählt der Unternehmer. Auch beim Einsargen unterstützten sich die Bestatter und wurden Freunde. Nachdem er im ersten Jahr 19 Beerdigungen gemacht hatte, war klar, dass das Unternehmen Perspektive hatte, und Reimar Küstermann ging mit Gründlichkeit ans Werk. Er machte eine Ausbildung zum Bestatter und sattelte den Bestattermeister noch obendrauf. Zukunftsvision: Spannende Idee für frühere Tischlerei in Werther Aber wie ist das mit dem Tod? &bdquo;Der Tod schreckt mich nicht“, sagt Reimar Küstermann. &bdquo;Als ich das Geschäft übernahm, hatte ich bis dahin nur meinen Vater als Toten gesehen, der 1991 mit 60 Jahren verstorben war. Das war damals eine gute Erfahrung und ein guter Umgang mit Sterben und Tod“, sagt er. Begleitung in Ausnahmesituationen In seinem Beruf gehe es um Begleitung. &bdquo;Ja, es ist traurig, wenn jemand stirbt. Mit dem Schmerz der Hinterbliebenen kann ich aber gut umgehen.“ Das sei wichtig, denn in den Ausnahmesituationen, die ein Tod oft für die Angehörigen bedeute, sei es wichtig, dass jemand einen klaren Kopf bewahre. &bdquo;Natürlich gibt es Sterben da, wo es nicht hingehört: Mord, Suizid oder wenn eine Mutter oder ein Vater viel zu früh stirbt. Aber glücklicherweise sind Menschen resilient.“ Würdevoll mit den Verstorbenen umzugehen, ist ihm wichtig. Und noch mehr, die Lebenden gut und transparent zu unterstützen – und die schwere Zeit für sie zu einer guten Zeit zu machen. Ganz wichtig bei allem: seine Frau Mareike (52). Sie ist schon früh ins Geschäft mit eingestiegen und ist das Herz des Bestattungshauses. &bdquo;Ohne meine Frau wären weder das Institut noch die Tischlerei so erfolgreiche Unternehmen geworden“, ist Reimar Küstermann überzeugt. &bdquo;Wir sind einfach ein gutes Team.“ Lesen Sie auch: Bei dieser Beerdigung in Werther kennt fast niemand den Verstorbenen 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat das Bestattungshaus Küstermann inzwischen, Standorte in Werther, Jöllenbeck, Theesen und Spenge. Mehr als 300 Beisetzungen organisiert das Team im Jahr, davon etwa 50 in Werther. Es gibt Angebote zur Vorsorge, Seminare, Trauercafés, Vorträge, Lesungen und Yoga. Gelegentlich führt Reimar Küstermann auch als Trauerredner durch die Feier. Für die Beerdigungsfeiern gibt es ein hauseigenes Angebot fürs Kaffeetrinken und sogar neun Sargträger hat er in Festanstellung, die auch andere Beerdigungsinstitute in Anspruch nehmen. Tischlerei soll zum Trauerzentrum werden &bdquo;Meine Frau hat das alles im Kopf. Und auch drei unserer vier Kinder übernehmen kleinere Jobs und haben Interesse, später mit einzusteigen.“ Reimar Küstermann macht das Controlling, springt ein, wo Hilfe gebraucht wird, und entwickelt neue Ideen – wie das Trauerzentrum in Häger. Das könnte im Gebäude seiner Tischlerei entstehen, die er im vergangenen Jahr geschlossen hat, um sich ganz auf Bestattungen zu konzentrieren. Für Häger wäre das ein Gewinn, denn auch ein Café und Wohnungen sollen darin entstehen. Die Bauvoranfrage wurde positiv beschieden, &bdquo;jetzt muss ich schauen, wie das zu finanzieren wäre“, sagt Küstermann. &bdquo;Denn es ist klar, dass ich mir mit 57 Jahren keine großen Schulden mehr ans Bein binden werde. Ich habe einfach Freude, so etwas zu entwickeln, aber ich muss mir auch nichts mehr beweisen.“ Er und seine Frau seien auch jetzt glücklich. &bdquo;Wir sind eingebunden in ein soziales System, in die Gemeinde, und wir sind kürzlich mit allen vier erwachsenen Kindern und deren Partnern zwei Wochen im Urlaub gewesen. Das sind die Werte, die zählen.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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