Züchterin aus Hingabe: Schafe aus Werther landen niemals beim Schlachter

Werther. &bdquo;Hallo Juuungs! Hallo Juuungs!“, ruft Tina Esser laut in den Wald hinein. Sie steht im &bdquo;Rough“ des Haller Golfplatzes, dort, wo das Gras höher wächst und Golfbälle bestenfalls gar nicht erst landen. Im Wald und den Grünflächen dahinter grasen ihre Jungs. Zehn Schafböcke, die nach weiteren Rufen tatsächlich laut blökend antworten. &bdquo;Sie sind halt nicht die hellsten Kerzen. Es dauert immer, bis sie reagieren.“ Tina Esser hat inzwischen das kleine Waldstück umrundet, und da kommen sie angaloppiert, die Tiere mit den hellbraunen Augen und den beeindruckenden Hörnern. Es sind Waldschafe. Seit 25 Jahren betreibt Tina Esser eine Herdbuchzucht, die als solche auch im Schafzuchtverband NRW eingetragen ist. 43 Tiere hat sie aktuell, die sie in drei Gruppen hält. Zwei mit den tragenden und nicht tragenden Weibchen und eine mit den Böcken. &bdquo;Ich finde Waldschafe toll“, erzählt Tina Esser. Sie habe nie andere haben wollen. &bdquo;Es sind ganz wunderbare, liebe, zutrauliche Tiere. Nicht total bekloppte, die ständig aufgeregt sind und aus dem Stand drei Meter hoch springen.“ Waldschafe zählten zu den gefährdeten Arten. &bdquo;Wie fast alle Nutztiere, die nicht auf Hochleistung getrimmt sind.“ Ein traumatisches Erlebnis für die Schafzüchterin Die Rasse sei in vielerlei Hinsicht super, beschreibt ihre Besitzerin: Waldschafe kämen in den verschiedensten Farbschlägen vor - manche mit und manche ohne Hörner. Die Tiere seien freundlich und genügsam, die Muttertiere zeichneten sich durch eine hohe Mütterlichkeit aus, fast ausnahmslos nähmen sie ihre Lämmer an. Dazu produzierten sie eine wunderbare Wolle - und auch ein schmackhaftes Fleisch. So wird es jedenfalls beschrieben. Selbst getestet hat es die Vegetarierin Tina Esser nicht. Die Betreiberin des Biohofs Meyer zu Theenhausen züchtet die Tiere allerdings auch nicht, um die Lämmer und vor allem die Böcke zum Schlachten zu bringen. Sondern zur Landschaftspflege. Oder um sie an andere Züchter zu verkaufen. Lesen Sie auch: 400 Schafe stoppen Auto-Verkehr auf B68 in Borgholzhausen &bdquo;Zwei Tiere musste ich mal schlachten lassen“, erzählt sie. &bdquo;Eins, weil es X-Beine hatte und nicht gut laufen konnte, das andere, weil es ein eingewachsenes Horn hatte.“ Ein fast traumatisches Erlebnis für die Tierhalterin. &bdquo;Ich habe die Schafe am Sonntagabend auf den Hänger geladen und weggebracht. Am Montagmorgen sollten sie geschlachtet werden. Fast wäre ich in der Nacht hingefahren und hätte sie wieder abgeholt. Ich konnte kaum schlafen.“ Das Kauen der Schafe in Werther hat fast etwas Meditatives Weshalb die Waldschafe bei Tina Esser alt werden dürfen. &bdquo;Ich will und kann sie nicht schlachten lassen, und glücklicherweise brauche ich es auch nicht.“ Ihr ältestes Schaf sei die braune Holly mit 14 Jahren, die weiße Knolle sei jetzt elfeinhalb. Beide stehen zusammen mit Irmchen, Lisbeth, Susi, Selma, Ruth und weiteren Schafdamen etwas abseits der Böcke auf dem weitläufigen Golfplatz-Gelände. Hier halten sie die Flächen zwischen den Fairways unter Büschen und Bäumen kurz, die von den Golfspielern nicht genutzt werden. Jeden Tag schaut Tina Esser, ob es ihren Tieren gut geht. &bdquo;Das ist ein festes Abendritual“, erzählt sie. Wie so oft hat sie auch heute eine Kiste Möhren dabei, auf die sich die Tiere begeistert stürzen. Das Geräusch der kauenden Schafe hat fast etwas Meditatives. &bdquo;Schön, oder?“, fragt die Schafbesitzerin. Regelmäßig nutzt Tina Esser diese Termine, um die Weidezäune umzustecken, und zur Klauenpflege. &bdquo;Das ist wichtig, damit die Schafe gut laufen können.“ Das Scheren im Frühjahr überlässt sie hingegen einer professionellen Schafschererin. &bdquo;Die kann das besser als ich.“ Ab November wird in Werther an den tierischen Nachwuchs gedacht Bis Ende November werden die Schafe ihrer Aufgabe als tierische Rasenmäher nachkommen. Dann holt sie Tina Esser zurück auf den Hof. Hier können sie sich in einem Stall unterstellen. Als Futter bekommen sie ausschließlich Heu von den hofeigenen Flächen. Kraftfutter erhalten sie keines. Dafür stehen sommers wie winters Salzlecksteine und Mineralien für die Tiere bereit. Im November ist auch die Zeit, um an den Nachwuchs zu denken. Dann dürfen ausgewählte Böcke zu den Weibchen. Wenn diese im folgenden Frühjahr Lämmer bekommen, gibt Tina Esser einige von ihnen an andere Züchter ab. Die meisten aber dürfen bleiben. &bdquo;Früher dachte ich mal, dass 30 Tiere eine schöne Herde ausmachen würden“, muss sie schmunzeln. Heute habe sie über 40. &bdquo;Inzwischen fände ich 60 Schafe eine schöne Größe.“ Auch lesenswert: Herdenloses Schaf streunt mit Lamm am Steinhagener Teuto-Hang Jedes Tier, das die Züchterin verliert, macht sie traurig. Als sich einmal ein Schaf ein Bein gebrochen hatte und nicht gerettet werden konnte etwa. Ein furchtbares Erlebnis für Esser war, als Hunde ihre Schafe hetzten, ein Tier rissen und eines schwer bissen. &bdquo;Das ist jetzt drei Jahre her.“ Die Hundebesitzer hätten sich jedoch sofort bei ihr gemeldet. &bdquo;Das fand ich super, denn es war alles andere als selbstverständlich“, weiß Tina Esser. Vor Wölfen in Werther hat die Schafzüchterin - bisher - keine Angst Vor Wölfen hat sie keine Angst. &bdquo;Das sage ich allerdings jetzt, wo wir hier keine haben. Was ich mache, wenn es welche gäbe und vielleicht schon Tiere gerissen worden wären, kann ich nicht sagen.“ Die Flächen wolfssicher einzuzäunen und Herdenschutzhunde zu halten, käme für sie kaum infrage - schon aus Kostengründen nicht. Bis es so weit ist, genießt Tina Esser den täglichen Umgang mit ihren Waldschafen. Die schauen ein letztes Mal, ob es in der Möhrenkiste noch etwas zu holen gibt. Danach trotten sie zurück ins Gebüsch, um wieder ihrer Lieblingsaufgabe nachzukommen: Landschaftspflege zu betreiben und zu fressen. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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