Skandal bei Glasfaserausbau in Werther: Greenfiber-Chef äußert sich

Werther. Von einem &bdquo;erschütternden Bild“ ist die Rede, von &bdquo;katastrophalen Arbeitsbedingungen“, &bdquo;ständiger Erniedrigung“, &bdquo;körperlicher Gewalt“, &bdquo;Misshandlungen“, von &bdquo;vorenthaltenen Löhnen“ und &bdquo;Sklavenarbeit“: Die Vorwürfe der WDGA wiegen schwer. Sie beziehen sich auf die Missstände beim Glasfaserausbau. Die Fraktion stellt fest: &bdquo;Wir haben versagt!“ Sie fordert einen umfassenden Maßnahmenkatalog von Stadt und Kreis, damit sich solche Vorfälle nicht wiederholen. In zwei Tagesordnungspunkten geht es am Montagabend im Ausschuss für Digitales um das Thema Glasfaserausbau. Zum einen um den aktuellen Stand, zum anderen um Anschuldigungen der WDGA, die sich auf einen Bericht des ARD-Politmagazins &bdquo;Report Mainz“ vom Februar beziehen und Vorfälle vom Sommer 2022 thematisieren. Damals mussten Mitarbeiter eines von Greenfiber beauftragten Subunternehmens bei sengender Hitze und ohne Sonnenschutz, ausreichend Trinkwasser und sanitäre Anlagen in Werther Glasfaserkabel verlegen (wir berichteten mehrfach). Die Mitglieder des Ausschusses reiben sich die Augen, als an diesem Abend Greenfiber-Chef Uwe Krabbe und weitere Leitungskräfte des Unternehmens persönlich in der Sitzung auftauchen, um Stellung zu beziehen. Genau wie Bürgermeister Veith Lemmen und der Breitbandkoordinator des Kreises Gütersloh, Jan Christoph Dübner, die gleichfalls ihre Sicht der Dinge schildern. Damit haben die Kommunalpolitiker offenkundig nicht gerechnet. Schlimmstenfalls fahren komplette Projekte gegen die Wand Uwe Krabbe macht den Anfang. Er stellt sich als geschäftsführender Gesellschafter einer Holding mit zig Unter-Unternehmen vor. Eine Präsentation auf einem Bildschirm im Ratssaal zeigt ein Firmengeflecht verschiedener Gesellschaften unter dem Dach der Uwe Krabbe Verwaltungs-GmbH. Gebürtig stammt Krabbe aus Gütersloh. &bdquo;Ich verbinde viel mit der Region“, betont er. Zu den Vorfällen in Werther sagt er: &bdquo;Wir mussten leider feststellen, dass die Tiefbauer, die wir angeheuert haben, nicht immer zuverlässig gearbeitet haben.“ Mehr als einmal habe es Probleme gegeben. Den Chef des Tiefbauunternehmens, der in Werther seine Mitarbeiter unter teils menschenunwürdigen Zuständen habe arbeiten lassen, habe er persönlich gar nicht gekannt. &bdquo;Aber man ist abhängig von diesen Firmen. Weil sie genau wissen, wie schwierig es ist, sie im laufenden Verfahren auszutauschen.“ Schlimmstenfalls könne dies dazu führen, dass komplette Projekte vor die Wand fahren, auf jeden Fall aber viel Zeit verstreicht. Am Ende habe er für sich feststellen müssen: &bdquo;Wenn du nicht erpressbar sein, sondern selbst agieren willst, musst du eine eigene Tiefbaufirma gründen.“ Was er im April 2023 zusammen mit seinem Sohn getan habe. Das Unternehmen habe bis zu 250 Mitarbeitende, die jetzt den Tiefbau für Greenfiber übernehmen. Bürgermeister fragt: &bdquo;Was hätten wir sonst noch tun können?“ Bürgermeister Veith Lemmen erklärt an diesem Abend noch einmal den genauen zeitlichen Hergang. Er wählt seine Worte mit Bedacht. Und fragt: &bdquo;Hätten wir schneller reagieren können oder müssen?“ Er glaube, nein. Im Juli 2022 habe man von den Missständen gehört und sie unmittelbar an die zuständigen übergeordneten Behörden weitergegeben. Am 22. Juli sei ein Baustopp verfügt worden, danach sollten die entstandenen Mängel beseitigt werden. Ab dem 21. September sei der Baustopp aufgehoben worden, als es zu erneuten Mängeln kam, erfolgte am 14. Oktober ein erneuter Baustopp und am 22. Oktober schließlich der Aufhebungsvertrag. &bdquo;Wir hatten in der Sache insgesamt mit neun verschiedenen Behörden Kontakt“, so Lemmen. Leider dürfe er diese größtenteils nicht öffentlich nennen. &bdquo;Aber Sie können sicher sein, dass wir sofort aktiv geworden sind, sobald uns etwas zu Ohren kam“, so Lemmen. &bdquo;Was hätten wir sonst noch tun können? In die Baugrube springen und ’Stopp!’ rufen?“ Böhm: &bdquo;Stadt Werther trägt eine Teilschuld an den Missständen“ Wolfgang Böhm (WDGA) reicht das nicht. Seiner Ansicht nach trage die Stadt als Mitauftraggeber des Breitbandausbaus mindestens eine Teilschuld an den Missständen. &bdquo;Wir haben viel zu lange die Augen zugedrückt und erst reagiert, als das Kind schon in den Brunnen gefallen war.“ Die Verantwortung sei von Behörde zu Behörde weitergeschoben worden. Weshalb er den Antrag stellt, die Verwaltung müsse die Bevölkerung über das &bdquo;beklagenswerte Geschehen“ informieren und sie bitten, ähnliche Verstöße zu melden. Und zwar bei einem Ansprechpartner im Rathaus, der genau für solche Dinge eingesetzt wird. Eine solche Person müsse es auch beim Kreis geben. Darüber hinaus müsse die Verwaltung Leitungsarbeiten selbst kontrollieren und sich einen Weg überlegen, Bauarbeiter über ihre Rechte aufzuklären. Dieser Antrag wird am Ende zwar mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Trotzdem gibt es auch Zustimmung: &bdquo;Eigentlich haben wir ja für alles zuständige Behörden. Die hätten nur schneller arbeiten müssen“, sagt etwa Hannes Dicke-Wentrup (Freie). 3,5 Kilometer an Haller und Engerstraße fehlen noch Den aktuellen Stand des Ausbaus erläutert an diesem Abend Mirko Sprung. Er ist Projektleiter der LAN-Consult aus Hamburg, die für Greenfiber die Netzausbauplanung übernimmt. 2022 in Werther gestartet, gehe man nun mit großen Schritten der Fertigstellung entgegen. Am Ende werde man rund 260 Hausanschlüsse mit Glasfaser versorgt haben. Bei einer Gesamttrassenlänge von mehr als 66 Kilometern fehlten nur noch 3,5 Kilometer an der Haller und der Engerstraße. Am Ende werde man fast 250 Kilometer Glasfaser in Werther verlegt haben. Er gehe davon aus, dass der Tiefbau im März abgeschlossen sein wird und die letzten Adressen &bdquo;allerspätestens im Mai“ freigeschaltet werden können. Dass die Sache trotzdem deutlich länger gedauert hat als gedacht, begründet Breitbandkoordinator Jan Christoph Dübner vor allem mit einer geänderten Förderrahmenrichtlinie. Sie habe dazu geführt, dass deutlich mehr Adressen als zunächst gedacht angeschlossen werden konnten, wenn sie unmittelbar an der Trasse lagen. Das habe den Planungs- und Tiefbauaufwand erheblich erhöht. Mitten im laufenden Ausbau seien dann noch einmal weitere Adressen nachgemeldet worden, und dann habe man auch noch die Trassenführung ändern müssen. &bdquo;Für uns ist das alles super-ärgerlich“, kommentiert Dübner. Ärgerlich ist auch, dass es weiterhin graue Flecken in Werther gibt. Dübner kündigt an, dass es eine neue Förderrichtline und ein neues Markterkundungsverfahren brauche, wenn auch sie verschwinden sollen. Schon kündigt sich neuer Ärger an Und schon kündigt sich der nächste Ärger an. CDU-Ratsfrau Martina Timpe schildert, ihr Haus gehöre zu den grauen Flecken. &bdquo;Wir sind zigfach angefragt worden, ob wir einen Glasfaseranschluss wünschen, und haben das zigfach bejaht. Im jüngsten Schreiben wurde uns eine Frist gesetzt. Wenn wir nicht sofort einen Anschluss beantragen, müssten wir ihn selber bezahlen. Das macht keinen Spaß mehr. Wir fühlen uns völlig allein gelassen.“ Für Stefan Sussiek (SPD) läuft es augenscheinlich nicht besser: Auch er habe sein Interesse bekundet und sogar schon einen Vertrag für einen schnellen Anschluss unterschrieben. &bdquo;Das war es dann aber auch. Es kommen null Informationen zurück. Ich gehe davon aus, dass wir bis Mai keinen neuen Anschluss haben.“ Er nennt das ganze Verfahren &bdquo;sehr befremdlich“. Ärger anderer Art vermeldet Hannes Dicke-Wentrup (Freie): &bdquo;Der Tiefbau hat super geklappt, das Durchblasen der Glasfaser auch. Aber es wird nichts freigeschaltet“, fordert er von den Anwesenden &bdquo;hier und jetzt“ eine Antwort - die er an diesem Abend nicht erhält. Zu Einzelfällen könnten sie nichts sagen, so die Angesprochenen.

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