Haller Kneipenkult: Stammgast erinnert sich an Panikrocker und Tennis-Queen

Halle. Es ist kurz nach 11 Uhr. Wolfgang Hofer sitzt an einem Tisch der Kultkneipe Haller Altstadt und nippt an seinem Kaffee. &bdquo;Ich bin einer der ersten Gäste“, sagt der Haller, und das meint er gleich im doppelten Sinne. Natürlich gemessen an der Uhrzeit, denn entgegen dem Spruch ’Kein Bier vor vier’ wird in der Kneipe an der Rosenstraße auch schon deutlich vorher der Zapfhahn aufgedreht, aber auch auf die gesamte Historie der Schankwirtschaft im Herzen der Stadt bezogen. &bdquo;Ich bin hier Stammgast seit der Eröffnung 1977“, sagt der 69-Jährige. Vor der Tür liegen die ersten Schneeflocken, es ist bitterkalt, und Hofer wählt zum Einstieg ganz bewusst schwarzes Heißgetränk statt kühles Blondes. &bdquo;Die Knochen machen nicht mehr so mit“, sagt Hofer und geht langsam rüber zu seinem Stammplatz an der Theke. Früher war halt doch vieles besser, der Körper noch in Schuss. Rein organisch gesehen altert man in der Kneipe sicherlich schneller, aber der Besuch am Tresen kann auch in gewisser Weise jung halten. &bdquo;Wir unterhalten uns, ich kenne alle Neuigkeiten und es sind richtige Freundschaften entstanden“, sagt Hofer. Wer als Fremder die Kneipe betritt, geht als Kumpel wieder raus. &bdquo;Das hier ist mein zweites Zuhause“, sagt der Haller und setzt sich auf den Hocker direkt an der Eingangstür. Auf die Frage, ob er auch jetzt noch beim Kaffee bleibe, antwortet er mit einem verschmitzten Lächeln. Manchmal bedarf es keiner Worte, da kann man die Antwort am Gesichtsausdruck ablesen. Hofer ist der typische Frühschoppen-Besucher. &bdquo;Die kommen gegen 11 Uhr, um 15 Uhr sind die durch, da geht dann nichts mehr“, sagt Havva Bilgic, seit zweieinhalb Jahren Wirtin in der Kneipe zwischen Kirchplatz und Rosenstraße. Der Ouzo um 12 Uhr zwang Haller Wirt zum schnellen Feierabend Einst war im Thekenbereich ein Fischladen, und der angrenzende Gastraum war ein Kiosk. Natürlich kann sich Hofer noch gut daran erinnern, ebenso wie an die vier Kneipengründer und alle Wirte danach. Darunter Wirte aus Dissen und Osnabrück und das Ehepaar Schröder. &bdquo;Die haben immer im Schichtdienst gearbeitet. Kalle kam um 10 Uhr und schenkte direkt Ouzos aus. Um 12 Uhr kam dann seine Ehefrau Monika und löste ihn ab, damit er nach Hause gehen konnte“, sagt Hofer. Beste Erinnerungen hat er natürlich an den langjährigen Wirt Gerrit Ellguth, der die urige Fachwerkwirtschaft am 22. Mai 1987 übernahm und vor drei Jahren unerwartet verstarb. Hofer war eng mit ihm befreundet.Lesen Sie auch: Aus Angst vor Strafen: Haller Kultkneipe bleibt beim Nikolausmarkt abends zu &bdquo;Wir waren mal zusammen auf Gran Canaria und haben dort einen Wirt aus Köln getroffen. Als der hörte, dass wir aus Halle kommen, fragte er, ob es die Altstadt noch gibt“, sagt Hofer. Die Kneipe genießt einen guten Ruf weit über die Grenzen der Region hinaus. &bdquo;Ohne die Altstadt ist Halle doch tot, so etwas gibt es nirgendwo“, sagt Hofer. Der 69-Jährige könnte viele Geschichten erzählen und auch ein Buch darüber schreiben. Nach eigener Einschätzung hätte er Stoff für mindestens vier Bände. &bdquo;Als hier in der Ecke noch ein Klavier stand, kam mal der Pianist von Peter Maffay rein und spielte den ganzen Abend“, erinnert sich der Stammgast. Maffay selbst sei auch schon mal da gewesen, und auch Udo Lindenberg habe hier bereits einen Eierlikör weggeschlürft. &bdquo;Und diese Schweizer Tennisspielerin war auch mal hier“, sagt Hofer und überlegt kurz, bis ihm der Name einfällt. Die Rede ist von Martina Hingis, der ehemaligen Weltranglistenersten. Er habe sie gar nicht erkannt, als sie während ihres Aufenthalts in Halle 2005, als sie während der Gerry Weber Open ein Showmatch gegen Gabriela Sabatini bestritt, mal vorbeischaute. &bdquo;Gerrit wies mich dann darauf hin, dass das doch die bekannte Tennisspielerin sei“, erinnert sich Hofer. Haller geht zu Fuß zu seinem Stammplatz &bdquo;Eines Abends kam hier ein Ehepaar rein, nach einem Konzert im Gerry-Weber-Stadion. Die waren irgendwo aus dem tiefsten Rheinland angereist, und wir kamen schnell ins Gespräch“, plaudert Hofer weiter aus dem Nähkästchen. Am Ende sagte der Mann dann, dass er ab sofort in Halle leben will. Allein schon wegen der Kneipe. &bdquo;Ich habe viel Kraft, Geld und Zeit in diese Kneipe investiert“, fährt Hofer fort. Bereut habe er jedoch nichts, auch wenn die Gesundheit ihm zu schaffen mache und auch der Freundeskreis immer kleiner werde. Hofer hat so manchen Thekengast schon bei dessen letztem Besuch gesehen. &bdquo;Inzwischen sind schon 16 Leute weggestorben“, sagt Hofer mit trauriger Stimme. Lesen Sie auch: Diese Themen sind an der Theke tabu Ihm mache aber weiterhin jeder Besuch Spaß und plant noch so manchen Abstecher in der Kultkneipe. &bdquo;Ich wohne nur 500 Meter entfernt, aber bin nicht mehr so gut zu Fuß“, sagt der 69-Jährige. Gerade der Rückweg sei jedes Mal lang und beschwerlich. Und dennoch jeden Meter wert. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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