Der WochenkommentarAmprion braucht Riesenfläche: Halle und Steinhagen haben nichts abzugeben

Eine Woche mit vielen denkwürdigen Momenten: Dankbarkeit angesichts der Rettungsaktion auf der Haller Kirmes. Trauer nach dem tragischen Tod eines Radfahrers. Jetzt kommt eine große Unsicherheit dazu. HK-Redaktionsleiterin Nicole Donath kommentiert:

Nicole Donath

Die Kleinstädte wie Halle und Steinhagen haben bereits viele bauliche Veränderungen ertragen müssen. Jetzt fordert Netzbetreiber Amprion noch neun Hektar zwischen Halle und Gütersloh, um einen Riesen-Transformator zu errichten. - © Ulrich Fälker
Die Kleinstädte wie Halle und Steinhagen haben bereits viele bauliche Veränderungen ertragen müssen. Jetzt fordert Netzbetreiber Amprion noch neun Hektar zwischen Halle und Gütersloh, um einen Riesen-Transformator zu errichten. © Ulrich Fälker

Bevor ich gleich darauf eingehe, was hier bald auf uns zukommt, zunächst noch ein kurzer Blick zurück auf den vergangenen Samstag, weil das Ereignis die Menschen in der Stadt und auch weit über die Grenzen hinaus so bewegt hat: Es geht um das defekte Kettenkarussell auf der Kirmes „Halle blüht auf".

Die aufgeregten Anrufe erreichten mich im Minutentakt. „Habt ihr das vom Karussell mitbekommen?" „Jetzt wird gerade die B 68 gesperrt, zwei Drehleitern sind schon unterwegs!" „Ich schicke schon mal ein paar Fotos, melde mich wieder." Die Hektik, die am späten Nachmittag entfacht wurde, war immens. Knapp eineinhalb Stunden saßen 21 Fahrgäste – überwiegend Kinder und Jugendliche – bei eisiger Kälte in etwa 25 Metern Höhe fest. Am Ende ging die dramatische Rettungsaktion glücklich aus: Alle Beteiligten wurden durch die Feuerwehr gerettet. Derweil waren sich die Erwachsenen, mit denen ich im Nachhinein darüber gesprochen habe, darin einig: „Was für eine schreckliche Vorstellung, da oben zu hängen! Aber in so ein Teil würden mich eh keine zehn Pferde kriegen . . ." Beide Aussagen würde ich genauso unterschreiben.

Viele Tage waren die Rettungsaktion, die Suche nach dem Fehler und die Frage nach den Konsequenzen Thema im „Haller Kreisblatt" und ebenso in Unterhaltungen. Und so schob sich zunächst eher unbemerkt, dann jedoch immer stärker ein ganz anderes Thema in die Top Five der meistgelesenen Artikel: Die Rede ist vom geplanten Bau eines Riesen-Transformators durch den Netzbetreiber Amprion. Der Knackpunkt hierbei ist die enorme Größe der Fläche, die zwischen Gütersloh (Blankenhagen) und dem Haller Ortsteil Hesseln benötigt wird: Neun Hektar oder – um es anschaulicher zu machen – eine Fläche von etwa zwölf Fußballfeldern soll überplant werden. Und zwar zusammenhängend.

So unvermittelt, wie diese Forderung bekannt wurde, so zügig soll es auch schon vorangehen. Denn noch im März will Amprion in einem der drei Gebiete mit der Kartierung starten und Fledermäuse, Brutvögel, Amphibien oder Biotope registrieren. Die nächsten fünf Jahre bis 2028 sind für Planung, Genehmigung und Bau vorgesehen. Die reine Bauzeit könnte schließlich bis zu zwei Jahre betragen.

A33, Ravenna-Park, Höchstspannungsleitung: Wir müssen schon eine Menge verkraften

Redaktionsleiterin Nicole Donath - © Nicole Donath
Redaktionsleiterin Nicole Donath (© Nicole Donath)

Ohne Frage, die 380-kV-Trasse, die quer durch den Kreis Gütersloh führt und zu den bedeutendsten Stromschlagadern der Republik zählt, trägt wesentlich zur notwendigen Energiewende bei. Aber ganz ehrlich? Ich bin in Halle aufgewachsen und tue mich zumindest mit der Masse an baulichen Veränderungen im Verhältnis zur Größe der Stadt schwer. Bau der Westumgehung, Ausweisung von Gewerbegebieten mit dem Ravenna-Park an der Spitze, Bau der A33 sowie zuletzt der Höchstspannungsleitung – wir müssen wahrlich eine Menge verkraften.

Diese Sorgen werden auch nicht gerade kleiner, wenn ich lese, was mein Kollege Frank Jasper recherchiert hat: In Steinhagen sind weite Teile des Ströhens Bestandteil des Suchgebietes, der Heideweiher eingeschlossen. Darüber hinaus ist eine Fläche im Grenzgebiet zu Künsebeck unterhalb der Autobahn als potenziell geeignet aufgeführt, wobei in diesem Zusammenhang auch Teile der Patthorst im Fokus stehen.

Klar, wohl alle würden am liebsten nach dem Sankt-Florians-Prinzip verfahren und Projekte wie diese anderswo hin verschoben wissen. In unserem Fall wäre das Blankenhagen – in Gedanken irgendwo zwischen Sägewerk und Sportplatz. Auch nicht fair, ich weiß. Und dennoch ist mein Empfinden in diesem konkreten Fall, dass wir im Bereich Halle und Steinhagen tatsächlich keinen Millimeter Spielraum mehr haben. Weil wir schon so viele Flächen abgegeben haben, vor allem auch viele landwirtschaftlich genutzte. Weil es ja immer noch Ausgleichsflächen für bereits genehmigte Projekte braucht. Und weil die Verhältnisse jetzt schon im Ungleichgewicht sind.

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