Halle.Vor gut einem Jahr hatte Dr. Michael Feltkamp in einer Kolumne Einblicke in den Krankenhausalltag des Klinikums rund um die Corona-Pandemie gegeben. Schon im April vergangenen Jahres berichtete der Chefarzt für Allgemeinchirurgie von deutlich weniger Notfällen als vor Beginn der Pandemie. Er vermutete damals, dass der ein oder andere im Moment größere Hemmungen habe, ins Krankenhaus zu kommen aus Angst, sich mit Corona anzustecken.
Auch ein Jahr danach hat sich an dieser Situation nichts Grundlegendes geändert. Die Furcht vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus führt auch in der dritten Welle dazu, dass viele Patienten Operationen aufschieben. Die Furcht, sich im Krankenhaus anzustecken, ist der Grund, warum bei Beschwerden manchmal viel zu spät der Weg in die Klinik angetreten wird. Auch in Halle.
Dr. Michael Feltkamp jedenfalls hat beobachtet, dass auch in dieser Pandemie-Phase Patienten den Weg ins Krankenhaus scheuen. „Der Rückgang ist nicht so stark wie vor einem Jahr, doch er ist da", sagt der Chefarzt der Chirurgie. So habe man zuletzt einige Fälle erlebt, in denen Menschen mit Darmverschlüssen oder Blinddarmdurchbrüchen eingeliefert worden seien, die hätten vermieden werden können, wenn rechtzeitig auf die Symptome reagiert worden wäre.
Lockdown führt zu einem Rückgang der Sportverletzungen
Zu spüren sind die Auswirkungen des Lockdowns auch in der Unfallchirurgie. „Durch den Rückgang des Freizeitsports haben wir derzeit deutlich weniger Verletzungen zu behandeln", sagt Dr. Feltkamp und nennt Zahlen: „Während sonst beim Übergabegespräch am Montagmorgen etwa 130 bis 150 Röntgenbilder aus der Notaufnahme besprochen werden mussten, sind es jetzt vielleicht noch 70 bis 80." Kein Handball, kein Fußball – das führt zu Frust bei Sportlern, schont aber so manche Knochen, Bänder und Gelenke.
Bürger fragen, Ärzte antworten (© Ekkehard Hufendiek)
Dr. Michael Feltkamp sieht keinen triftigen Grund dafür, aus Angst vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 den Gang ins Krankenhaus zu meiden. „Das Risiko, sich anzustecken, ist meiner Ansicht nach nicht größer als woanders", sagt er. Kliniken seien keine ausgewiesenen Infektionsherde. Auch in Halle nicht. „Inzwischen sind die meisten Mitarbeiter geimpft. Derzeit sind wir dabei, regelmäßige Schnelltests durchzuführen", so Dr. Feltkamp.
Neun Corona-Patienten werden in Halle behandelt
Als Fachklinik für Pneumonologie und Beatmungsmedizin werden auch in Halle Corona-Patienten behandelt. Derzeit sind es neun, die auf der abgetrennten Station versorgt werden. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Intensivpatienten. „Diese werden ausschließlich in Bielefeld behandelt. Die Intensivstation in Halle wird frei gehalten für andere Erkrankungen", sagt der Chefarzt. Das auf der Corona-Station in Halle eingesetzte Pflegepersonal arbeitet ausschließlich dort und wechselt nicht in andere Bereiche. So sei auszuschließen, dass es zu einer Übertragung des Virus in andere Abteilungen des Klinikums komme.
Bislang habe es in Halle keine Fälle gegeben, in denen sich Klinikpersonal bei Patienten auf der Corona-Station angesteckt habe. Insgesamt sei die Zahl der Infektionen bei den Mitarbeitenden an einer Hand abzuzählen. Auch Dr. Feltkamp hatte schon Kontakt mit einer Kollegin, die kurze Zeit später positiv getestet worden war. „Ich habe direkt neben ihr gestanden. Doch nicht zuletzt, weil wir alle dauerhaft FFP 2-Masken tragen, ist es zu keiner Ansteckung gekommen."
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