Borgholzhausen. Aus Sicht des Naturschutzverbandes BUND steht die Wiederaufforstung des Waldstücks in der Nähe des Luisenturms im Widerspruch zu Naturschutzzielen. Das Vorstandsmitglied der BUND-Kreisgruppe Gütersloh, Birgit Lutzer aus Steinhagen, wendet sich in einer Pressemitteilung gegen eine Aufforstung mit eingeführten, fremdländischen Bäumen wie Douglasie und Küstentanne.
Zwar versteht Lutzer das Anliegen vieler Waldbesitzer, mit schnell wachsenden Nadelbäumen Ertrag zu erwirtschaften. Doch sieht sie das Mitfällen junger Buchen kritisch. „Naturnahe Mischwälder mit heimischen Baumarten sind nachgewiesen deutlich widerstandsfähiger gegenüber Klimafolgen“, teilt Lutzer mit. Zugleich böten sie heimischen Lebensraum für viele Arten. „Wir sehen den Wald als Allgemeingut, das in seiner ökologischen Vielfalt erhalten bleiben muss“, sagt sie.
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Birgit Lutzer erläutert, worin genau ihre Kritik an den beiden im „Haller Kreisblatt“ erwähnten Flächen liegt – dem Kahlschlag in der Nähe des Luisenturms und dem wiederaufgeforsteten Bereich in direkter Nachbarschaft.
Kritik am Abholzen „vieler junger und vitaler Zukunftsbäume“
Zur abgeholzten Fläche schreibt sie, dass hier rund 0,7 Hektar Buchenwaldfläche „komplett kahl geschlagen“ worden seien. Zum Baumbestand hätten viele junge und vitale Zukunftsbäume gehört. Am Rande seien auf einer kleinen Teilfläche Bäume wieder aufgeforstet worden. Allerdings keine Buchen, sondern nicht heimische Douglasien. „Wir befürchten, dass dies auch auf der Restfläche geplant ist. Denn sonst hätten die gesunden Jungbuchen ja stehen bleiben können.“
Birgit Lutzer betont, dass es sich bei der gerodeten Fläche um FFH-Schutzgebiet handeln würde. „Dort ist es unzulässig, einen Buchenwald durch einen Nadelwald mit nicht heimischen Nadelbäumen zu ersetzen. Außerdem ist die kahl geschlagene Fläche mit 0,7 Hektar viel zu groß. Nach Naturschutzgesetz sind in Naturschutzgebieten nur Kahlhiebe bis 0,3 Hektar zulässig.“
Auch die zweite, wieder aufgeforstete Fläche kaum 100 Meter vom Kahlschlag entfernt findet keine durchgehende Zustimmung bei Birgit Lutzer. „Denn nachdem dort alle Fichten abgestorben waren, wurde die Fläche mit Douglasien und Küstentannen aufgeforstet.“ Das sei naturschutzrechtlich zwar zulässig, widerspreche aber der Ausweisung als Naturschutzgebiet. „Laut Verordnung ist in Naturschutzgebieten das Ziel, artenarme Nadelforste in naturnahe Laubmischwälder umzubauen. Dass das Forstamt hier von einer positiven Aufforstung spricht, löst unseren Widerspruch aus.“
BUND fürchtet in Borgholzhausen Schädlingsbefall durch Monokulturen

Unterstützung erhält Lutzer von Adalbert Niemeyer-Lüllwitz vom BUND-Landesvorstand. Auch er hält fest, dass gebietsfremde Nadelbäume zwar wirtschaftlich attraktiv seien. Sie beschleunigten aber das Schwächen und Ausdünnen der Wälder. „Werden Monokulturen von Schädlingen befallen, breiten sie sich in Windeseile aus. Das führt zu immer mehr Kahlflächen“, beklagt er. Das wiederum gefährde die ökologische Stabilität des Waldes.
Niemeyer-Lüllwitz teilt auch die Kritik von Birgit Lutzer, was den Zuspruch des Regionalforstamts OWL zu der Borgholzhausener Maßnahme betrifft. Seinen Worten nach sage das Waldbaukonzept des übergeordneten Landesbetriebs Wald und Holz NRW nämlich aus, dass in FFH-Gebieten grundsätzlich kein Einbringen lebensraumfremder Baumarten zulässig sei.
Abgesehen davon seien Kahlhiebe in diesen Schutzgebieten nur bis zu einer Fläche von 0,3 Hektar zulässig. In Borgholzhausen seien es 0,7 Hektar gewesen. Der BUND fordert Waldbesitzer und das Regionalforstamt OWL auf, „diese Fakten ernst zu nehmen und viel stärker in ihre Entscheidungen einzubeziehen“.
Forstamt: Buchenwald in Borgholzhausen muss erhalten bleiben
Das „Haller Kreisblatt“ hat beim Regionalforstamt Ostwestfalen-Lippe von Wald und Holz NRW nachgefragt. Dort bestätigt man, dass die in der Kritik stehende Aufforstungsfläche in der Tat im FFH-Gebiet „Östlicher Teutoburger Wald“ liege und zum Naturschutzgebiet „Johannisegge, Schornstein und südexponierte Kammlage“ gehöre.
Allerdings betont Ina Bormann von der Forstbehörde aus Minden auch, dass die vom BUND genannte Kahlschlagsgröße von 0,7 Hektar nicht korrekt sei. Der Naturschutzverband habe sich damit auf eine Fläche oberhalb des aufgeforsteten Areals bezogen, und das habe lediglich eine Größe von 0,25 Hektar. „Damit lag es unter den zulässigen 0,3 Hektar“, so Bormann. Und das Räumen der trockenen Fichten auf den Kalamitätsflächen falle nicht unter die Kahlschlagsregelung nach Schutzgebietsverordnung.
Ina Bormann führt weiter aus, dass im Landschaftsplan Osning des Kreises Gütersloh, der auch die Waldflächen in Borgholzhausen umfasst, ausgeführt sei, welche Regeln in den Schutzgebieten gelten. „Entscheidend ist, dass die gebietsprägenden Buchenwaldgesellschaften, die sogenannten Lebensraumtypen – das ist hier weitgehend der Waldmeister-Buchenwald – erhalten bleiben müssen.“
Expertin: Brombeeren hätten Naturverjüngung verhindert
Dieses gelte jedoch ausdrücklich nicht für Waldflächen, die mit Nadelhölzern, überwiegend Fichten, bestanden sind oder waren. Und genau um eine solche, das hatte Borgholzhausens Försterin Gabriele Lindemann jüngst erläutert, handele es sich bei dem aufgeforsteten Areal, auf dem die hölzernen Wuchshüllen für die einzelnen Bäumchen angebracht wurden.
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Ina Bormann unterstreicht: „Die Waldfläche war vor ihrer Neubepflanzung kein Buchenwald, sondern wurde im Rahmen einer Zwangsnutzung der Fichten aufgrund einer Borkenkäferkalamität kahl geschlagen. Auf rund zwei Dritteln des Areals sind wieder Fichten auf natürliche Weise nachgewachsen, außerdem vereinzelt Ebereschen, Bergahorn-Bäume und Buchen.“
Und weiter: „Auf der jetzt bepflanzten Fläche haben sehr vitale Brombeer-Sträucher dominiert, es war daher keine Naturverjüngung zu erwarten.“ Den Vorwurf des BUND, hier entstehe wieder eine Monokultur, kann Ina Bormann so nicht stehen lassen: „Das ist nicht korrekt, denn hier sind mindestens drei verschiedene Baumarten gepflanzt worden.“
Forstamt begrüßt die Aufforstung in Borgholzhausen ausdrücklich
Abgesehen davon betont die Forstamtsmitarbeiterin: „Die engagierte Pflanzmaßnahme begrüßen und unterstützen wir außerordentlich, alle rechtlichen Rahmenbedingungen sind eingehalten worden. Die Kritik des BUND ist aufgrund der Sachlage nicht zutreffend.“
Außerdem sagt Ina Bormann, dass es angesichts der sehr langen Entwicklungszeiträume von Wald bei extremer werdenden Klimaszenarien von Waldbesitzenden auch „besonders klug und weitsichtig“ sei, vermehrt auf trocken- und hitzestabilere Baumarten zu setzen.
„Der Wald erfüllt verschiedene wertvolle Schutz- und Nutzfunktionen für die Allgemeinheit. Dabei befindet er sich in NRW und insbesondere im Kreis Gütersloh überwiegend in Privateigentum.“ Und obwohl der Wald mit seinem Ökosystem der Allgemeinheit zur Verfügung steht, gebe es für die Waldbesitzer keinen finanziellen Ausgleich. Öffentliche Fördermittel für die Wiederaufforstung seien zwar möglich, aber jeweils begrenzt in Abhängigkeit von Haushaltslage und Förderrichtlinien. „Und auch die weitere Verantwortung für die Pflege und den Schutz der wiederaufgeforsteten Flächen verbleibt beim Waldeigentum“, so Bormann abschließend.
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