Werthers Wald ist krank - doch die größte Gefahr für die Bäume ist ein Baum

Werther. Es ist Montagmorgen und lausig kalt draußen. Obwohl die Sonne scheint, herrschen eisige Temperaturen. &bdquo;Wollen wir uns an der Rotenhagener Straße treffen? Da sieht man die Probleme am besten“, schlägt Marius Wagemeyer vor. Seit dem 1. November ist der 30-Jährige neuer Revierförster im Forstbetriebsbezirk Halle und damit auch für den Wertheraner Wald zuständig. Und dem, sagt er, gehe es gar nicht gut. Wer an Wertheraner Wald denkt, dem fällt als Erstes der Teuto ein. &bdquo;Aber in Werther gibts noch mehr Wald“, weiß Marius Wagemeyer. Und nein, fügt er schmunzelnd hinzu, er kenne noch nicht jede Ecke. &bdquo;Bis ich wirklich alle Flächen einmal gesehen habe, wird es wohl noch eine Weile dauern.“ Kein Wunder, schließlich fallen in seine Zuständigkeit auch die Wälder in Halle und Steinhagen. Insgesamt mehr als 2.500 Hektar. Die Frage, wie viel davon Staatsforst ist und wie viel sich in Privatbesitz befindet, kann er leicht beantworten: &bdquo;Hier gibts fast gar keinen Staatsforst. Die Städte besitzen ein bisschen Wald, auch Werther. Aber das sind nur ein paar Hektar.“ Der Wald als Sparkasse In Werther, erzählt der Revierförster, würden 255 Hektar rund 100 verschiedenen Waldbesitzern gehören. Da eine ganzheitliche und regelmäßige Bewirtschaftung hinzubekommen, sei eine große Herausforderung. &bdquo;Manche machen 30 Jahre lang gar nichts und betrachten ihren Wald eher als Sparkasse. Aber wenn man Bäume 30 Jahre lang sich selbst überlässt, wird sich keiner von ihnen richtig entwickeln.“ Wald in NRW verändert sich: vielfältiger und mehr Laubbäume Als Revierförster ist Marius Wagemeyer auch dazu da, Waldbesitzer zu beraten, wie es besser gehen könnte. &bdquo;Und ich erfülle hoheitliche Aufgaben der Unteren Forstbehörde wie das Kontrollieren des Waldes.“ Wenn etwa Äste überhängen oder Bäume an Wegen in gefährliche Schieflage geraten sind, weist er die Waldbesitzer auf ihre Verkehrssicherungspflicht hin. &bdquo;Ein Waldbauer hatte jüngst einen Teil einer abgeholzten Fläche eingezäunt und als Weide nutzen wollen. Das geht natürlich nicht. Wald ist Wald und darf nicht einfach verändert werden“, nennt er ein weiteres Beispiel. Die nächste Zeit wird Marius Wagemeyer nun erst einmal dazu nutzen, die Waldbauern kennenzulernen und sich die verschiedenen Flächen anzuschauen. Kahlschlag nach Trockenheit und Borkenkäfer Die an der Rotenhagener Straße ist ihm bereits ein Begriff. Rund 30 Hektar im Besitz von einem halben Dutzend Privatleuten. Von Weitem ein schöner Mischwald mit einem guten Baumbestand. Bei genauem Hinsehen wird jedoch offensichtlich: Dieser Wald ist nicht gesund. &bdquo;Schauen Sie hier“, deutet Wagemeyer auf einen Kahlschlag. Hier hätten einmal Fichten gestanden, doch die seien alle herausgenommen worden. &bdquo;Die Trockenheit und der Borkenkäfer waren schuld.“ Das viel größere Problem steht gleich daneben: Stattliche Buchen, 50 oder 60 Jahre alt - und viele von ihnen krank. &bdquo;Man dachte eigentlich, dass Buchen zu den am besten angepassten Baumarten zählen und ganz gut mit dem Klimawandel zurechtkommen“, so der Förster. Als &bdquo;Zukunftsholz“ habe man sie daher vielfach bezeichnet. Zunderschwamm am Stamm &bdquo;Doch leider ist das nicht so. Die Trockenheit setzt ihnen erheblich zu. Und einmal gestresst, haben der Buchenborkenkäfer, andere Schädlinge und Pilzkrankheiten leichtes Spiel.“ Schlimmer noch: &bdquo;Einmal krank, erholen sie sich nicht.“ Das zeigen auch die Buchen in Rotenhagen. Aus einem Stamm wachsen in Augenhöhe eine Fülle kleiner Pilze, aus einem anderen in Bodennähe ein riesiger Zunderschwamm. &bdquo;Und hören Sie mal“, sagt Marius Wagemeyer und klopft mit seiner Hand an den Stamm. &bdquo;Eindeutig morsch.“ Buche häufigste Baumart in Wäldern - Regen war gut Ein Blick in die blattlosen Kronen bietet kein besseres Bild. Zahlreiche Äste haben keine Rinde mehr, die Bäume werden eingehen. Andere haben eine kleine Krone und tragen eine Fülle von Bucheckern, &bdquo;auch nicht zwangsläufig ein guter Anblick“, so der Förster. Denn angeschlagene Bäume hätten die Eigenschaft, kurz vor dem Eingehen noch einmal viele Samen auszubilden. Angst vor der Traubenkirsche Was dem Förster aber die größten Sorgen für seine Bäume macht, ist tatsächlich ein Baum. Die aus Nordamerika stammende Spätblühende Traubenkirsche. &bdquo;Sie breitet sich invasiv bei uns aus. Einmal in einem Bestand, haben andere Setzlinge praktisch keine Chance, von selbst hochzukommen.“ Daher nennt sie Wagemeyer einen &bdquo;echten Problembaum“, vor dem er wirklich Angst habe. Verbreitet würden die Samen der Traubenkirsche durch Vögel. &bdquo;Dagegen kann man praktisch nichts machen.“ In der Hoffnung, dass die Baumart um Werther einen großen Bogen macht, ist sein Rat an die Waldbesitzer: Nicht auf Monokulturen setzen, sondern auf eine gesunde Mischung. &bdquo;Auch wenn die Sägewerke natürlich lieber viele Festmeter einer Sorte haben wollen und nicht drei einzelne Stämme.“ Wichtig ist aus seiner Sicht auch eine regelmäßige Bewirtschaftung. &bdquo;Das macht den Wald insgesamt stabiler.“ Zedern oder Elsbeeren statt Buchen Und zu welchen Arten rät der Fachmann? &bdquo;Douglasien wachsen schön gerade, liefern ein gutes Holz und kommen mit Trockenheit besser zurecht als etwa Fichten. Auch die Große Küstentanne ist eine Möglichkeit. Sie ist auch von meinem Vorgänger Johannes-Otto Lübke hier gepflanzt worden“, deutet Wagemeyer auf einen Baum mit langen Nadeln. Eine Alternative wären darüber hinaus Zedern oder Elsbeeren, die beide ein sehr attraktives Holz hätten. Gern stehe er für Fragen zur Verfügung und gebe Hilfestellung etwa beim Beantragen von Fördergeldern, betont Wagemeyer. Und die Fläche an der Rotenhagener Straße? Trotz zahlreicher kranker Bäume gibt es auch Anlass zur Hoffnung: Wo früher Fichten standen, gedeihen inzwischen Hainbuchen, Tannen und Douglasien, gleich daneben haben sich kleine Fichten gesät und sorgen für eine natürliche Verjüngung. Deshalb sagt Marius Wagemeyer: &bdquo;Ich habe keine Sorge, dass die Fläche hier nicht schön zuwächst.“

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