Nur 12 Kilometer in 10 Tagen: Borgholzhausener scheitert am Mega-Gletscher

Borgholzhausen. Nur die wenigsten Expeditionen laufen so ab, wie sie vorher geplant wurden. Darin liegt in gewisser Weise die Kernidee eines Abenteuers. Auch Borgholzhausens bekanntester Bergsteiger Jost Kobusch kennt das Phänomen nur allzu gut. Einige große Erfolge kann er mit seinen 31 Jahren bereits vorweisen - so wie die Besteigung des Denali unter schwersten Bedingungen. Aber auch Misserfolge gehörten dazu. So wie er zum Beispiel sein selbst gestecktes Rekordziel, den Mount Everest im Winter allein, ohne Sauerstoff-Ausrüstung zu besteigen, bisher noch nicht abschließen konnte. Zuletzt hatte sich Kobusch Ende Mai aufgemacht, als außergewöhnliches Trainigsprojekt den Patagonischen Eisschild zu durchqueren. Das riesige unwirtliche Gebiet - mit mehr als 16.000 Quadratkilometern der größte Gletscher außerhalb der Pol-Regionen - liegt tief im Süden des südamerikanischen Kontinents. Einer der größten Gletscher der Welt Eine Expedition, die er als nicht übermäßig schwierig einstufte, allein schon, weil kaum Höhenunterschiede zu überwinden sind. Wie sich schnell zeigte, hat es der Riesengletscher aber doch in sich. &bdquo;Wir neigen dazu, Erfolge und Gipfelbilder zu sehen ... Aber diese Expedition war kein großer Erfolg“, schrieb Kobusch nach dem Querungs-Versuch via Instagram über seine Reise. &bdquo;Ziel war es, den Südlichen Patagonischen Eisschild zu überqueren, doch in Wirklichkeit sind wir auf die Eiskappe getreten – und dann nichts mehr.“ Der Eisschild erstreckt sich über eine Breite von &bdquo;nur“ 20 bis 50 Kilometern und hat eine Nord-Süd-Ausdehnung von mehr als 300 Kilometern. Distanzen, die für einen trainierten, erfahrenen Alpinisten durchaus machbar scheinen. Wie sich zeigte, hatte Kobusch allerdings die Rechnung ohne die extremen klimatischen Bedingungen gemacht. &bdquo;Der patagonische Winter zeigte sich als Mischung aus Schnee, Regen, schlechter Sicht, sehr wenig Tageslicht, dichtem Regenwald, Sümpfen und mit Schlamm und Wasser gefüllten Löchern, in die ich etwa alle fünf Meter fiel ...“, berichtet er. Mit der nötigen Selbstironie reflektiert er seine offenbar zu optimistischen Pläne. &bdquo;Vor der Expedition war ich überrascht, dass andere Expeditionen so lange gedauert hatten, für diese Entfernungen durch den Regenwald. Jetzt weiß ich warum. Wir haben in zehn Tagen eine Gesamtstrecke von zwölf Kilometern zurückgelegt.“ Nach Patagonien geht es nach Kirgistan Das Hauptproblem sei jedoch gewesen, dass sein Partner und er sich auf veraltete Satellitenbilder aus dem Jahr 2014 verlassen hatten. &bdquo;Der Gletscher hat sich seitdem massiv zurückgezogen und es gab keinen sicheren Weg, an unserem Standort auf das Eisfeld zu kommen“, so der Borgholzhausener Extrembergsteiger. Langer Rede kurzer Sinn: Der ursprüngliche Plan, den Gletscher unter Einsatz eines Segelbootes, von Schlitten und eventuell sogar eines Zugdrachens zu bezwingen, ist gescheitert. &bdquo;Stattdessen bestiegen wir am Ende ein paar nahegelegene namenlose Gipfel, nachdem wir die Idee einer Überquerung aufgegeben hatten. Dies ist die harte Realität vieler Expeditionen – wir neigen dazu, nur die Aufnahmen von Expeditionen zu sehen, die mit großem Erfolg endeten“, resümiert der 31-Jährige. Jost Kobusch wäre nicht Jost Kobusch, wenn er dem Ganzen nicht auch etwas Gutes abgewinnen könnte: &bdquo;Es gibt eine riesige Menge an Expeditionen, die ’scheitern’, sich aber als großartige Erkenntnisse herausstellen. Rückblickend bekam ich, wofür ich gekommen war, nämlich Training (vor allem durch das Ziehen eines sehr schweren Schlittens) – und die Möglichkeit, etwas für zukünftige Projekte und Erfolge zu lernen.“ Lange Zeit zum Verschnaufen blieb Kobusch nach seiner Südamerika-Expedition übrigens nicht. Schon wenige Tage später reiste er weiter nach Asien. In Kirgistan will er mit Teilnehmern seiner Altitude-Academy einen 7000er bestiegen, den Pik Lenin. Im kommenden Winter will er dann ein weiteres Mal versuchen, sein Dauerprojekt &bdquo;Everest winter solo“ erfolgreich zu Ende zu führen.

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