Frust und Tränen: Borgholzhausener Eltern sind sauer auf Gesamtschule

Borgholzhausen. Es wäre so schön gewesen: Ein kurzer Spaziergang oder eine kleine Runde mit dem Fahrrad und schon ist der Schulweg erledigt. Für knapp 30 angehende Fünftklässler geht dieser Plan allerdings nicht auf. Denn ausgerechnet die Jungen und Mädchen, die in der Nähe der Gesamtschule wohnen, müssen ab Sommer in den Bus steigen. Sie sind für den Standort Werther eingeteilt. Die Eltern sind sauer und können diese Entscheidung nicht nachvollziehen. Sechs Eltern haben sich an das &bdquo;Haller Kreisblatt“ gewandt. Ihre Namen sind dieser Zeitung bekannt. Doch keiner möchte öffentlich genannt werden. &bdquo;Wir fürchten, dass unsere Kinder dadurch Nachteile an der Schule haben könnten“, so die Elterngruppe, die aus allen Wolken gefallen ist, als der Brief der PAB-Gesamtschule Anfang März ins Haus flatterte. Zuerst waren die Eltern erfreut und erleichtert, dass ihre Kinder an der Gesamtschule angenommen worden sind. Doch beim Weiterlesen der Nachricht stellte sich Ernüchterung und Zorn ein. Ihre Kinder würden nicht den Standort vor der Haustür besuchen, sondern den Standort Werther. &bdquo;Das ist doch verrückt“, ärgern sich die Eltern, dass bei dieser Entscheidung hehre Klimaschutzziele auf einmal keine Rolle mehr spielen. Die Kinder aus der Kernstadt hätten immer damit gerechnet, dass sie die Gesamtschule in Borgholzhausen besuchen könnten. Schließlich sind sie direkt nebenan in der Violenbachschule zur Grundschule gegangen, hätten sich die Turnhalle mit den Gesamtschülern geteilt. &bdquo;Mein Junge hat geweint, als er hörte, dass er hier nicht zur weiterführenden Schule gehen kann“, sagt ein Elternteil. Zumindest bis zur zehnten Klasse. Falls er sich entschließt, an der PAB sein Abi zu machen, heißt es: Kommando zurück. Die Oberstufe gibt es nur in Borgholzhausen. Darum sollen Kinder pendeln Aber warum wird rund die Hälfte der Piumer Schüler, die ab Sommer die Gesamtschule besuchen, überhaupt nach Werther geschickt? Der Grund ist das Konstrukt der PAB, die eine Kreis-Gesamtschule ist. So lange noch Plätze zu vergeben sind, darf kein Kind aus dem gesamten Kreis abgelehnt werden. Für den Standort Borgholzhausen haben sich 59 Jungen und Mädchen aus Borgholzhausen, 13 aus Halle, 42 aus Versmold sowie ein Kind aus Niedersachsen angemeldet. Zu viele Anmeldungen, um alle an dem dreizügigen Standort unterbringen zu können. Heißt: Ein Teil muss den vierzügigen Standort Werther besuchen. &bdquo;Also haben wir bei den Borgholzhausener Kindern jede einzelne Adresse geprüft, ob es in der Nähe eine ÖPNV-Anbindung nach Werther gibt“, erklärt Schulleiterin Ursula Husemann ihre Vorgehensweise. Das paradox anmutende Ergebnis: Je zentraler und damit näher an der Schule die Kinder wohnen, desto wahrscheinlicher die tägliche Busfahrt nach Werther. Die Kinder, die in den Piumer Außenbereichen wohnen, haben in diesem Fall Glück gehabt: Sie werden in Borgholzhausen beschult. Von den 13 Haller Kindern müssen vier nach Werther fahren. Die 42 Versmolder Kinder, die ohnehin schon einen weiten Schulweg haben, dürfen alle den Borgholzhausener Standort besuchen. Zwar schwankt die Zahl der Borgholzausener Grundschulkinder, die nach der vierten Klasse die Gesamtschule besuchen, ein wenig – im Schuljahr 2018/19 waren es beispielsweise 67,19 Prozent, in 2020/21 62,12 Prozent und 2021/22 71,43 Prozent – aber dass es bei aktuell 83 Borgholzhausener Viertklässlern eng werden würde, damit hätte man vielleicht rechnen können? &bdquo;Nein“, sagt Ulla Husemann. Weitere Faktoren wie die Anmeldezahlen aus den anderen Städten und Gemeinden ließen sich nicht verlässlich prognostizieren. Schwierige Prognose für Borgholzhausens Schule Sicher scheint zu sein, dass sich die Situation in den kommenden Jahren zumindest nicht gravierend entspannen wird. 75 Drittklässler gibt es aktuell in Borgholzhausen, 94 Jungen und Mädchen besuchen die zweite Klasse, 72 die erste Klasse. &bdquo;Für die im Sommer startende Grundschulzeit stehen aktuell 96 Kinder auf der Liste“, berichtet Ralf Vieweg, Abteilungsleiter für den Bereich Soziales, Sport und Bildung. Für die betroffenen Borgholzhausener Eltern kann es nur eine Lösung geben: Der Borgholzhausener Standort muss wie der Standort Werther vierzügig werden: &bdquo;Es sind doch Container vorhanden, die man aufstellen kann“, schlagen die Eltern vor. Damit wäre das Platzproblem aber nicht gelöst, sagt Ulla Husemann: &bdquo;Wir brauchen auch die entsprechenden Fachräume.“ Außerdem würde es beim Sportunterricht eng: &bdquo;Bei den Hallenzeiten knirscht es jetzt schon“, sagt Ralf Vieweg. Ohnehin müsste die Bezirksregierung in Detmold in Absprache mit dem Schulträger, also dem Kreis, über die Vierzügigkeit entschieden. Schulleitung, Stadt und Kreis haben sich bereits kurzgeschlossen. &bdquo;Wir wissen, dass es eine relativ unglückliche Situation für die Kinder und Eltern ist. Von daher kann ich den Ärger sehr gut nachvollziehen“, sagt Ulla Husemann.

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