Als Uli Braun die Bayern abschoss: Arminias turbulente Siebzigerjahre | Haller Kreisblatt

Bielefeld. Es wurde gefeiert, es wurde getrauert, es wurde sich geschämt – Arminia Bielefelds Fans durchliefen zwischen 1970 und 1980 sämtliche nur vorstellbaren emotionalen Ebenen. Mund abputzen und weitermachen lautete daher in jenen Jahren die Devise, die tatsächlich auch wieder zum Erfolg führte. Arminia war und ist nicht totzukriegen. Als Aufsteiger in die höchste deutsche Spielklasse blies der dort herrschende raue Wind die Hoffnungen auf einen passablen Start gleich vom ersten Spieltag der Saison 1970/71 weg wie eine schwebende Feder. Arminia war nicht wettbewerbsfähig. Die Aufstiegsmannschaft startete fast unverändert in das große Abenteuer und kassierte zum Auftakt eine 0:3-Niederlage in Dortmund. Es folgte ein torloses Remis gegen Rot-Weiss Essen. Schütze des ersten historischen Bundesligatores war Horst Stockhausen. Am 28. August 1970 sorgte er mit seinem Treffer für das 1:1 bei Eintracht Frankfurt. Den ersten Bundesligasieg feierte Arminia am 19. September 1970 mit 3:1 gegen Hannover 96. Jonny Kuster (2) und Stockhausen trafen für den DSC. Sieg gegen die Bayern und erstes Flutlichtspiel auf der Alm Die Highlights: Anfang Oktober siegte Arminia mit 1:0 gegen Bayern München. Torschütze Uli Braun musste sein Husarenstück (60.) in den Jahren danach viele Hunderte Male erzählen. ,,Ein Pass von Horst Stockhausen kommt halblinks in den freien Raum. Am Sechzehner ziehe ich mit links ab. Sepp Maier ist machtlos.“ Braun hatte sich ein Denkmal gesetzt. Eine besondere Premiere gab es dann am 4. Dezember 1970. Arminia bestritt das erste Flutlichtspiel auf der Alm gegen Hertha BSC. Die Kontrahenten trennten sich 1:1. Die von Anfang an im Tabellenkeller gefangenen Arminen versuchten, in der Rückrunde mit &bdquo;krummen“ Mitteln dem drohenden Abstieg zu entgehen. Spieler gegnerischer Mannschaften wurden mit Geld geschmiert. Spiele wurden gekauft. Arminia war am Tiefpunkt ihrer Geschichte angelangt. Einzelheiten dieses Bundesligaskandals sind in der Vergangenheit regelmäßig und ausführlich beschrieben worden. Deshalb verzichten wir auf eine erneute Darstellung dieses Gestrüpps aus illegalen Spielabsprachen. Fakt ist aber: Dieses Fehlverhalten leitender Funktionäre bleibt unentschuldbar. Mit dieser Bürde muss Arminia leben. Auch heute noch. Volker Graul krönt sich zum Torschützenkönig Die Skandalfolgen bereiteten den Arminen, die eine Rückstufung in den Amateurbereich im letzten Moment noch einmal verhindern konnten, zwei weitere Jahre arge Kopfschmerzen. Finanziell hing der Verein wieder mal in den Seilen. Etliche Leistungsträger mussten verkauft werden. Letztlich war es Trainer Rudi Fassnacht zu verdanken, dass in der Saison 1973/74 die Qualifikation zur 2. Bundesliga geschafft wurde. Der aus Holland verpflichtete Volker Graul traf nach der Winterpause zwölfmal ins gegnerische Tor. Nach einer Serie von zehn Partien ohne Niederlage nahmen die von Frust tief gezeichneten Gesichter der DSC-Fans endlich wieder freundlichere Züge an. Graul krönte sich in der Folgesaison mit 30 Treffern zum Zweitliga-Torschützenkönig. Die Saison 1976/77 erwies sich als eine Spielzeit, in der Dramatik und Spannung in drei unvergessenen Relegationsduellen um den Aufstieg in die Bundesliga gegen 1860 München gipfelten. Herzinfarktgefahr bestand beim 4:0 auf der Alm, beim 0:4 im Rückspiel im Münchner Olympiastadion und beim 0:2 im Entscheidungsspiel in Frankfurt. Trotz des tragischen Ausgangs hatte Arminia endlich wieder beste Eigenwerbung auf dem Weg zu einer Imageverbesserung betrieben. Rehagels legendäre &bdquo;Fußballgrüße aus Bielefeld´“ Zwölf Monate später konnten die Arminen das Trauma 1860 München vergessen machen und stiegen zum zweiten Mal in die Bundesliga auf. Am letzten Spieltag gewann Arminia nach Toren von Helmut Schröder und Roland Peitsch mit 2:0 bei Fortuna Köln. Es herrschte wieder eitel Sonnenschein rund um die Alm. Der Schatten des Skandals hatte sich verzogen. Die von Otto Rehhagel am 10. März 1979 verschickten &bdquo;Fußballgrüße aus Bielefeld“ sind Bundesligageschichte geworden. Adressat war Bayern München. Mit stolzgeschwellter Brust verkündete der damals nur als &bdquo;Feuerwehrmann“ bekannte Coach seinen markanten Spruch nach dem sensationellen 4:0 des Aufsteigers aus Ostwestfalen. Nach diesem Jahrhundertereignis gewann Arminia nur noch zwei der verbleibenden 15 Spiele und stieg wieder ab. Es folgte – nicht unbedingt erwartet – eine Saison der Rekorde, die in der 2. Liga bis heute noch heute nicht geknackt worden sind. Hans-Dieter Tippenhauer, der im Oktober 1979 den nur noch lustlos agierenden Rehhagel als Trainer abgelöst hatte, weckte die Arminen zu ungeahnten Höhenflügen auf. Eine Bestmarke nach der anderen wurde gebrochen. Arminia spazierte mit Leichtigkeit durch die Liga und wies zum Saisonende eine Tordifferenz von 120:31 auf. 100-Tore-Sturm am Ende des Jahrzehnts Norbert Eilenfeldt (30), Gerd-Volker Schock (22) und Christian Sackewitz (35) bildeten den sogenannten 100-Tore-Sturm. Weitere Zahlen der Dominanz: 28 Spiele ohne Niederlage, zwölf Siege in Serie. Erste Niederlage unter Tippenhauer in seinem 24. Spiel. Arminia hatte sich eindrucksvoll rehabilitiert und ging mit hohen Erwartungen in die neue Bundesliga-Spielzeit.

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