Arminias 1980er: Alm-Wunder, Horror-Verletzung und Rekord-Debakel | Haller Kreisblatt

Bielefeld. Musikalisch sorgte die Neue Deutsche Welle (NDW) für frischen Schwung im Leben der Deutschen während der 80er-Jahre. Die Fußballer von Arminia Bielefeld orientierten sich an Peter Schilling. Völlig losgelöst von der Erde, ließen sie jegliche Ansätze von sportlicher Langeweile vermissen. Zehn bewegende Jahre ging es auf und ab, drunter und drüber. Etliche DSC-Fans litten phasenweise an Schnappatmung. Am Ende taumelte das Raumschiff Arminia führungslos ins Amateurlager. Nach der phänomenalen Rückkehr ins Oberhaus 1980 herrschte im Umfeld der Alm großer Optimismus, als Aufsteiger ein gutes Bild in der höchsten deutschen Spielklasse abzugeben. Ein fataler Irrtum, wie sich später herausstellen sollte. Es begann mit einem Autounfall von Trainer Hans-Dieter Tippenhauer. Der gesundheitlich angeschlagene Coach, der zwischen Krankenlager und Trainingsplatz hin und her pendelte, warf schließlich das Handtuch. Anfang November 1980 übernahm Horst Franz das Kommando. Dem Verfechter eiserner Disziplin gelang es, die Probleme in den Griff zu bekommen. Dem Herzstillstand nahe waren die DSC-Fans am 9. Mai 1981, als Arminia bis zur 88. Minute mit 1:2 gegen 1860 München in Rückstand lag. Helmut Schröder und Norbert Eilenfeldt bewirkten mit zwei späten Toren schließlich das Wunder. Wenig später durfte der Klassenerhalt gefeiert werden. Arminias Lienen schwer verletzt Im August 1981 sorgte ein Ereignis im Bremer Weserstadion für einen Skandal, der heute noch für Gesprächsstoff sorgt. Ewald Lienen wurde Opfer eines der übelsten Fouls in der Bundesligageschichte schlechthin. Der Bremer Norbert Siegmann grätschte Lienen um und schlitzte dessen rechten Oberschenkel mit den Stollen 30 Zentimeter auf. Der mit Adrenalin aufgepumpte Lienen humpelte zu Bremens Trainer Otto Rehhagel und warf ihm mit drastischen Worten vor, Siegmann zum bewussten Foulspiel angestachelt zu haben. Im März 1982 gönnte sich der Verein erstmals einen hauptamtlichen Manager. Der 33 Jahre alte Kommunikations-Wissenschaftler Norbert Müller sollte eine neue Epoche einleiten. Seine Strategie, mit jungen, preisgünstigen Akteuren im Stile von Borussia Mönchengladbach zu agieren und eine UEFA-Cup-Platzierung anzupeilen, wäre fast aufgegangen. In den Spielzeiten 1982/83 unter Horst Köppel und 1983/84 unter Karl-Heinz Feldkamp und Gerd Roggensack wurde nicht nur sehenswerter Fußball geboten, vielmehr sprangen überraschenderweise auch zwei achte Plätze in der Abschlusstabelle heraus. Arminas Megaklatsche in Dortmund Manager Müller erwies sich in dieser positiven Aufwärtsphase als ein sturer Zeitgeist und legte sich vor allem mit den erfahrenen Spielern an. Nach einem finanziellen Streit mit Wolfgang Kneib zeigte Müller dem Keeper die Rote Karte. Kneibs Vertrag wurde nicht verlängert. Das Tischtuch war zerschnitten. Empathie zählte nicht zu seinen Stärken. Müller verscherzte es sich auch mit den Fans. Sie konnten und wollten ihm vor allem den Umgang mit Publikumsliebling Kneib nicht verzeihen. Kneibs Nachfolger Olli Isoaho schrieb wenig später auch ein Kapitel in Arminias bewegter Bundesligageschichte. Es war ein eher unrühmlicher Beitrag. Am 6. November 1982 waren die Ostwestfalen zu Gast in Dortmund. Zur Halbzeit stand es 1:1. In den zweiten 45 Minuten folgte ein Debakel für Arminia, das an Einmaligkeit und Deutlichkeit nur schwer zu übertreffen sein wird. Isoaho, völlig indisponiert, kassierte noch zehn Gegentore. Mit einer Rekordpleite von 1:11 ging es für die Arminen am Abend weiter nach Wuppertal. Dort feierte Ersatztorwart Volker Diergardt seinen Polterband. Arminia häuft Schuldenberg an 1985 erfolgte Arminias Startschuss zu einem spektakulären Sturzflug fast in die Bedeutungslosigkeit des deutschen Fußballs. Über die verpatzte Relegation gegen den 1. FC Saarbrücken (0:2 und 1:1) regen sich die Gemüter noch heute auf. Der Abstieg in die 2. Bundesliga wird selbst von den damals Beteiligten als &bdquo;dumm und grob fahrlässig“ bezeichnet. Wenig später musste auch Manager Norbert Müller seinen Hut nehmen. Der Schuldenberg betrug mittlerweile drei Millionen Mark. Chaotische Zeiten brachen an. Im März 1986 endete nach 13 Jahren die Ära des Präsidenten Jörg Auf der Heyde. Nachfolgerin Gisela Schwerdt hielt es auch nur einige Monate auf dieser Position aus. In höchster Not übernahmen Wolfgang Walkenhorst, Rainer Kempa, Jochen Willmann und Michael Jährling das Ruder und verhinderten bei einem Minus von 4,5 Millionen Mark einen drohenden Konkurs. Desaströs war auch Arminias Erscheinungsbild auf dem grünen Rasen. Gegen den 1. FC Saarbrücken traten die Arminen aufgrund von Verletzungen nur zu zehnt an. Nach wenigen Minuten waren sie aufgrund einer Blessur von Thomas Ostermann nur noch zu neunt. Die 1:3-Niederlage fiel unter diesen Umständen noch glimpflich aus. Mangels Masse musste wenig später Torhüter Wolfgang Kneib gegen den VfL Osnabrück als Stürmer auflaufen und bot eine solide Leistung. Arminia stürzt ins Amateurlager Die dritte Zweitligasaison 1987/88 sprengte sämtliche Dimensionen an peinlichen Vorstellungen der Arminen. Gleich sechs Trainer (Fritz Fuchs, Geschäftsführer Siegfried Kuntze, Assistenzcoach Joachim Krug, Torhüter Wolfgang Kneib, Amateurtrainer und Betreuer Hannes Scholz sowie ein gewisser Ernst Middendorp) versuchten vergeblich, dem Tohuwabohu ein Ende zu bereiten. Mit 20:54 Punkten und 29:67 Toren musste Arminia nach 26 Jahren im bezahlten Fußball den Gang ins Amateurlager antreten. Peter Schilling hatte das Dilemma bereits 1982 besungen: &bdquo;Im Kontrollzentrum, da wird man panisch. Der Kurs der Kapsel stimmt ja gar nicht.“ Ernst Middendorp sorgte in der Oberliga zwar für frischen Wind, schaffte aber zweimal nicht die Rückkehr in die 2. Bundesliga und musste 1990 gehen. Vier Jahre später sollte er ein glanzvolles Comeback auf der Alm feiern.

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