Standort für Amprions Riesen-Transformator im Kreis Gütersloh steht fest

Gütersloh/Steinhagen. Die Firma Amprion hat sich entschieden: Sie will ihren Phasenschieber in Blankenhagen bauen. Der Konzern, einer der großen Stromnetzbetreiber in Deutschland, teilte diese Entscheidung schon vor einigen Tagen der Stadt mit. Die Anlage soll auf derzeit noch landwirtschaftlich genutzten Flächen im Winkel von Holler Straße und Blankenhagener Weg entstehen. Die beiden anderen potenziellen Flächen, eine im Gebiet Holtkamp-Steinhagen-Ströhen, eine in Halle-Hesseln, haben sich damit erledigt. Die Standortsuche von Amprion hatte viele Menschen beschäftigt, teils große Besorgnis ausgelöst. Auch in Blankenhagen hatte es Protest und eine Unterschriftensammlung gegeben. Das könnte nun erneut aufflammen. Eine Stellungnahme von Amprion war bisher nicht zu bekommen. Der Gütersloher Baudezernent Albrecht Pförtner bestätigte aber, dass das Unternehmen kürzlich auf die Stadt zukam, um über seine Entscheidung zu informieren. Pförtner wiederum setzte die Ratsfraktionen in Kenntnis. Das Dortmunder Unternehmen hatte vor zweieinhalb Jahren über seine Absicht berichtet, im Kreis Gütersloh einen Phasenschieber zu bauen, eine Art doppelten Riesentransformator, der dazu dient, den Stromfluss im Leitungsnetz zu steuern. Die Anlage nimmt eine Fläche von bis zu neun Hektar ein, das entspricht zwölf Fußballfeldern. Lesen Sie auch: Weniger Baustelle, mehr Natur: Borgholzhausen hat sich im Sommer stark verändert Amprion einigt sich mit Grundstückseigentümer Der Großteil der Flächen in Blankenhagen gehört dem Meierhof Rassfeld. Dessen Inhaber, Friedrich Wilhelm Haver-Rassfeld, bestätigte gestern, dass er mit Amprion zu einem Abschluss, zu einer Art Vorvertrag gekommen sei. Dieser beinhaltet einen Flächentausch, eine Flurbereinigung auch in Absprache mit dem anderen Eigentümer. Grundlage ist eine notariell beurkundete Absichtserklärung, wonach Amprion die Flächen für den Phasenschieber bekommt, sobald dessen Bau behördlich genehmigt ist. Umgekehrt stehen dem Meierhof dann Flächen zu, die sich Amprion ganz in der Nähe sowie zu einem kleineren Teil in Steinhagen gesichert hat. Die Gespräche hatten sich zwei Jahre hingezogen, berichtet Haver-Rassfeld. Amprion habe zunächst aus Platz- und Praktikabilitätsgründen das Gebiet Ströhen favorisiert, jedoch unter anderem wegen Aspekten des Naturschutzes davon Abstand genommen. In Blankenhagen sei die Nähe zum Umspannwerk von Vorteil, außerdem sei die Fläche durch die Hochspannungsmasten bereits vorbelastet. Tatsächlich würden durch den Bau der Anlage sogar zwei bis drei Masten wegfallen. Konkret soll die Anlage auf dem Acker zwischen Rad- und Fußpättken, Holler Straße und in Richtung Blankenhagener Weg und Gemeindezentrum gebaut werden. Sie dockt demnach nicht direkt ans Umspannwerk an, die Fläche hinter den Kleingärten bleibt offen. Befragt nach den Kriterien für die Standortentscheidung, hatte der Projektleiter von Amprion stets betont, nicht das Ausmaß des Bürgerprotestes sei maßgeblich, sondern die Schonung von Flora und Fauna sowie eine gute technische Umsetzbarkeit. Zweifel an Inbetriebnahme 2028 Wie die Fläche planungs- und baurechtlich aktuell ausgewiesen ist, spielt dabei keine Rolle. Der Bau von Phasenschiebern ist bundespolitisch gewollt, gewissermaßen eine hoheitliche Aufgabe, um in Deutschland die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dabei geht es etwa darum, den Strom von den Windkraftparks im Norden zu den industriellen Abnehmern im Süden zu transportieren. Amprion kommt diesem Auftrag nach, das Vorhaben gilt daher als privilegiert und ist auch in Außenbereichen zulässig. In den Gesprächen mit Amprion habe er darauf gedrängt, dass Abstände gewahrt bleiben, um Grünzonen zu schaffen, sagt Haver-Rassfeld. Das Pättken, wichtig auch für Schüler, werde gesichert und durch einen Wall abgeschirmt, der Bürgerwald nahe Holler Straße, ohnehin auf städtischem Grundstück gelegen, bleibe unangetastet. Der Kern der Anlage mit den beiden Transformatoren und den Drosselspulen betrage gut sieben Hektar, alles andere seien Nebenflächen. Der etwas lautere Teil mit den Spulen liege fern der Siedlung. Ohnehin sei gesichert, dass Amprion die Vorgaben des Lärmschutzes einhalte, das sei Teil von Untersuchungen und Auflage für eine Genehmigung. Dass Amprion in der Lage ist, die Anlage wie geplant 2028 in Betrieb zu nehmen, bezweifele er, sagt Haver-Rassfeld. Schon jetzt gebe es etwa ein Jahr Planungsverzug. Genehmigungsbehörde soll nach Vorstellung des Unternehmens der Kreis sein, das bestätigt auch Baudezernent Pförtner. Stadt Gütersloh will Forderungen an Amprion stellen Beim Kreis liegt bislang allerdings kein Antrag vor, sagt eine Sprecherin. Die Stadt habe bei dem Gespräch mit Amprion vor ein paar Tagen betont, ihr liege viel daran, dass der Ortsteil Blankenhagen unter der Anlage nicht leide, sondern im Gegenteil womöglich profitiere. &bdquo;Wir werden klare, noch zu definierende Forderungen aufstellen“, so Pförtner. Gewünscht sei auch die Möglichkeit einer aktiven Bürgerbeteiligung – was freilich leichter fiele, wäre die Bezirksregierung mittels normiertem Planfeststellungsverfahren die Genehmigungsbehörde. Auch sollte Amprion mit seinem Vorhaben möglichst transparent umgehen, so Pförtner. Dazu gehörten etwa öffentliche Informationen sowie Veranstaltungen. Menschen in Steinhagen haben nicht umsonst gekämpft &bdquo;Ich bin völlig geplättet“, sagt Kathrin Weber am Mittwochvormittag, als die Entscheidung um den Phasenschieber die Runde macht. Seit Bekanntwerden der Amprion-Pläne hatte sie sich in der Bürgerinitiative &bdquo;Rettet den Naturraum Hollen - Holtkamp - Ströhen“ engagiert und als deren Sprecherin fungiert. Zusammen mit Mitstreitern aus Steinhagen, Gütersloh und Bielefeld ging es Kathrin Weber darum, das zusammenhängende Ökosystem, von dem der Großteil in Steinhagen liegt, vor einer Bebauung zu bewahren. &bdquo;Das ist uns gelungen. Für die Menschen in Blankenhagen tut es mir natürlich total leid“, kommentiert Kathrin Weber die Amprion-Entscheidung. Aus ihrer Sicht sei die Umspannanlage im Haller Ortsteil Hesseln der beste Standort gewesen. &bdquo;Was ich bisher gelesen habe, klingt es aber so, als würde Amprion den Phasenschieber in Blankenhagen vernünftig planen.“ Dafür habe sich offensichtlich auch der Grundstücksinhaber Friedrich Wilhelm Haver-Rassfeld eingesetzt, so ihr Eindruck. In den zurückliegenden zwei Jahren sei es der Bürgerinitiative wichtig gewesen, den Kontakt zu den Landwirten auf dem Ströhen zu halten. &bdquo;Die Stimmung war stets so: Es darf kein Boden für den Phasenschieber verkauft werden“, beschreibt Kathrin Weber die Stimmung. Natürlich habe man mitbekommen, dass das Unternehmen zunächst den Ströhen favorisiert habe. &bdquo;Wir wussten, dass es Anfragen nach Grundstücken bei den Landwirten gab; das macht Amprion ja nicht aus Spaß.“ Die beiden Grundstücke, die tatsächlich verkauft würden, seien Ausgleichs- beziehungsweise Tauschflächen. &bdquo;Amprion hat sich nicht in die Karten blicken lassen“ Die Kommunikation mit dem Stromnetzbetreiber bezeichnet Kathrin Weber hingegen als &bdquo;seltsam“. &bdquo;Die haben sich nicht in die Karten blicken lassen. Das hat es uns schwer gemacht. Wir wollten mit unseren Aktionen nie die Pferde scheu machen, aber wir wollten auch nicht zu wenig unternehmen“, erklärt die Sprecherin der Initiative &bdquo;Rettet den Naturraum Hollen - Holtkamp - Ströhen“. Ihr Engagement begründet die Aktivistin, die in Holtkamp wohnt, folgendermaßen: &bdquo;Ich habe mich für den Naturraum vor meiner Haustür eingesetzt, weil ich es einfach wichtig finde, dass keine weiteren ökologischen Entwicklungsflächen verloren gehen. Denn davon gibt es nicht mehr viele.“ Erleichtert über die Entscheidung des Netzbetreibers zeigt sich auch Steinhagens Bürgermeisterin. &bdquo;Wir wissen, dass der Phasenschieber notwendig ist - und keiner will ihn haben. Trotzdem bin ich sicher, dass der Ströhen nicht der richtige Standort wäre. Er ist ökologisch sehr hochwertig“, sagt Sarah Süß. Dass das Menschen in Blankenhagen vielleicht anders sehen, sei nachvollziehbar. Sie selbst habe nur indirekt von der Entscheidung erfahren. Noch vor Kurzem hatte der Projektsprecher dem Steinhagener Rathaus erklärt, es gebe keinerlei neuen Stand. Auch nach unserer Zeitungsveröffentlichung habe Amprion die Entscheidung nicht offiziell bestätigen wollen, sondern die Steinhagener Verwaltung auf die geplante Pressemitteilung verwiesen. &bdquo;Es war immer schwierig, Informationen zu bekommen“, sagt Sarah Süß. Schon in den vergangenen zwei Jahren habe man in der Planung wenig zu sagen gehabt, daran werde sich nun nichts mehr ändern.

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