29-Jähriger übernimmt in Werther seine vierte Apotheke

Werther. Wenn man sich ansieht, was Lennard Kindt in den letzten zehn Jahren erreicht hat, klingt dieser Satz eher ungewöhnlich: &bdquo;Nach dem Abi wusste ich nicht, was ich studieren sollte und habe erst mal eine Ausbildung gemacht“, sagt der Haller. Doch die war dann richtungsweisend für seinen weiteren Lebensweg. An die Ausbildung zum Pharmakanten bei Baxter Oncology schloss sich direkt das Pharmaziestudium an der Ludwig-Maximilians-Universität in München an. Die meisten seiner Kommilitoninnen und Kommilitonen gingen danach in die Wirtschaft. &bdquo;Nur die wenigen, die aus einer Apothekerdynastie stammen und eine Apotheke ihrer Eltern übernehmen können, werden dann auch wirklich Apotheker“, sagt Lennard Kindt. Denn der Beruf sei entgegen seinem Image schon lange nicht mehr so attraktiv. Unattraktive Arbeitszeiten und eine wesentlich höhere Wochenarbeitszeit bei weniger Geld sorgten dafür, dass kaum noch einer den Apotheker-Beruf ergreifen möchte. Beim Praktikum in Steinhagen entdeckte er den Traumberuf So sah es auch bei Lennard Kindt aus. Nach dem Studium wechselte er zuerst in die Industrie und begann beim Pharmakonzern Novartis in Nürnberg. Doch sein Herz schlug für die Apotheken. &bdquo;Während des Studiums hatte ich ein Praktikum in der Markt-Apotheke in Steinhagen gemacht“, erzählt er. &bdquo;Die Arbeit und die Begegnungen mit den Menschen haben mir viel Spaß gemacht.“ Außerdem zog es ihn nach den Jahren in Süddeutschland wieder zurück in die Heimat. Mehr dazu: So geht es mit Borgholzhausens Apotheken-Immobilie weiter Für Lennard Kindt war klar: Sein Herz schlägt für den Apothekerberuf – und er möchte gerne etwas Eigenes machen. Nach einem guten Jahr bei Novartis zog er deshalb zurück ins heimische Halle und übernahm im Oktober 2022 seine erste Apotheke, die Westfalen-Apotheke in Borgholzhausen – mit 26 Jahren. &bdquo;Natürlich musste ich mich in die Rolle erst einfinden. Am Anfang habe ich mich eher wie ein Praktikant gefühlt, da gab es schon eine große Lernkurve“, sagt Lennard Kindt. Inzwischen hat sich alles eingespielt. &bdquo;Es herrscht eine familiäre Atmosphäre in der Westfalen-Apotheke“, sagt er. Übernahme der Markt-Apotheke kam eher zufällig Ein Jahr später, im Oktober 2023, übernahm er dann die Wittekind-Apotheke in Enger und im Januar 2024 die Zieglersche Apotheke in Borgholzhausen, die er jedoch mit der Westfalen-Apotheke zusammenlegte. Nun also der nächste Coup, die Wertheraner Markt-Apotheke. Im vergangenen Sommer war Lennard Kindt mit dem Wertheraner Apotheker Lars Rohde ins Gespräch gekommen, und schnell stellte sich heraus: Die Chemie stimmte. Lars Rohde, der ebenfalls drei Apotheken führte, wollte sich aus Kostengründen und weil ihn die Gesundheitspolitik immer mehr frustrierte, von der Markt-Apotheke trennen. Ein Glücksfall für ihn, dass er in Lennard Kindt einen Nachfolger fand. &bdquo;Das ist nicht selbstverständlich“, sagt der. Laut Bundesvereinigung der Apothekerverbände (ABDA) schlossen 2024 deutschlandweit 578 Apotheken, nur 48 eröffneten neu. Auch im Altkreis Halle sollen weitere Apotheken ohne Nachfolgeregelung dastehen. Die 65 Notdienste im Jahr macht der Inhaber fast alle selbst Das Gesicht der Markt-Apotheke wird der neue Inhaber jedoch nicht. Kann er auch gar nicht, denn das Gesetz sieht vor, dass der Inhaber eines Apothekenverbundes in Vollzeit in der Hauptfiliale arbeitet, und das ist in Lennard Kindts Fall die Westfalen-Apotheke in Borgholzhausen. In Werther wird, wie bisher auch, die approbierte Apothekerin Heike Schlüter die Markt-Apotheke und das insgesamt sechsköpfige Team führen. Unterstützt von Apothekerin Heike Michel. &bdquo;Mir ist es wichtig, dass wir die Versorgung hier aufrechterhalten“, sagt Lennard Kindt. Man rechne in Deutschland eine Apotheke auf 4.500 bis 5.000 Einwohner, sagt er. Wenn Apotheken schlössen, dann sei dies auch für die direkten Mitbewerber nicht unbedingt ein Vorteil, sagt Lennard Kindt. Denn die Größe der Verkaufsräume, die Zahl der Bedienplätze sei ja nicht auf die doppelte Kundenmenge ausgelegt. Lesen Sie auch: In Borgholzhausen gibt es Medikamente bald rund um die Uhr Auch auf die Zahl der Notdienste wirkt sich das Apothekensterben aus. 65 Notdienste muss Lennard Kindt dieses Jahr in seinen drei Apotheken übernehmen. &bdquo;Die mache ich in der Regel alle selbst“, sagt er, denn das Arbeitszeitgesetz lasse die Zwölf-Stunden-Dienste für die Angestellten nicht zu. &bdquo;Bei den Inhabern interessiert die Arbeitszeit keinen“, sagt er und lacht. Rahmenbedingungen für Apotheker werden immer schwieriger Auch wenn Lennard Kindt von seiner Berufswahl überzeugt ist – daraus, dass der Beruf über die Jahre deutlich unattraktiver geworden ist, macht er keinen Hehl. &bdquo;Die Betriebskosten sind über die Jahre enorm gestiegen. Auch der Bürokratieaufwand wird immer größer. Und auch nicht alle Leistungen, die erbracht werden, werden von der Krankenkasse tatsächlich erstattet“, nennt er Beispiele. &bdquo;Aber immerhin sind in dem jetzigen Koalitionsvertrag die Apotheker zum ersten Mal wieder erwähnt. Mal abwarten, was dabei herauskommt.“ Trotzdem mache ihm der Beruf Spaß. Der Umgang mit den Patienten, dass man direkt vor Ort ist und helfen kann, zählt er auf. Neben der pharmazeutischen Beratung fallen auch Themen wie Drogensubstitution oder das Herstellen von Medikamenten in seinen Bereich. Und dann natürlich ganz viel Schreibtischarbeit. Um auch als Kaufmann fit für die Zukunft zu sein, studiert Lennard Kindt neben seiner 60-Stunden-Woche noch Betriebswirtschaft für die Pharmazie an der Uni Bayreuth. Wie bekommt er das alles zeitlich unter einen Hut? &bdquo;Das geht nur mit Rückhalt der Familie und der Freundin“, sagt der 29-Jährige. &bdquo;Fünf Jahre später würde ich das wahrscheinlich alles so nicht mehr können, wenn ich eine Familie habe. Aber jetzt sehe ich das als Investition in meine Zukunft.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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