Notdienst unterm Tannenbaum: Wertheraner feiert Weihnachten in der Apotheke

Werther. Es ist das sprichwörtlich lachende und weinende Auge, mit dem Michael Faber seinem Ruhestand entgegenblickt. Lachend, weil er dann mehr Zeit für die schönen Dinge des Lebens haben wird. Weinend, weil ihm sein Beruf immer viel Freude gemacht hat. Doch am Samstag, 29. November, öffnet er die Sonnen-Apotheke in Werther ein letztes Mal. Danach dreht er den Schlüssel für immer um. &bdquo;Es ist ja noch eine ganze Weile hin“, relativiert Michael Faber. Man merkt ihm an, dass er nicht viel Aufhebens um seine Person machen will. Auch nicht um die Schließung seiner Apotheke. &bdquo;Aber ich werde bald 65 Jahre alt und darf in den Ruhestand gehen“, sagt er. &bdquo;Leider ist es nicht gelungen, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu finden“, bedauert er. Gleichzeitig hat er dafür sogar Verständnis: &bdquo;Als ich angefangen habe, waren die Voraussetzungen andere als heute. Und natürlich gab es die Konkurrenz der Online-Apotheken nicht.“ Glückliche Fügung bei der Suche nach eigenen Räumen in Werther Michael Faber stammt eigentlich aus dem Sauerland. 1960 wurde er in Marsberg geboren und wuchs in Salzkotten auf. Genau wie seine Frau Angelika, mit der er seit vielen Jahren in Werther wohnt. Zum Pharmazie-Studium zog es ihn nach Bonn, seine erste Stelle als Apotheker bekam er in Paderborn. &bdquo;Darf ich das hier sagen? Aber Paderborn hat mir nicht gefallen.“ Wie gut, dass die Hansa-Apotheke in Halle eine Stelle ausgeschrieben hatte. Michael Faber bewarb sich – und wurde genommen. &bdquo;Sieben Jahre habe ich dort gearbeitet“, erzählt er. Und habe auf diesem Weg eine Reihe von Kundinnen und Kunden auch aus Werther kennengelernt. Es entstand die Idee, sich mit einer eigenen Apotheke in der Böckstiegel-Stadt selbstständig zu machen. Die Frage war nur, wo. Hier half eine glückliche Fügung. Die Volksbank, die bis dahin in den Räumen an der Rosenstraße 1 ihre Filiale betrieb, wollte gegenüber – dort, wo sie noch heute ansässig ist – neu bauen. Michael Faber nutzte die Chance und bezog das Erdgeschoss des prominent gelegenen Gebäudes. Am 8. Februar 1993 feierte er Eröffnung. Notdienst unterm Tannenbaum – mit der ganzen Familie Eine Entscheidung, die er bis heute nicht bereut hat. &bdquo;Natürlich hatte ich bei aller Euphorie auch ein paar Bauchschmerzen. Aber dank meiner tollen Mitarbeiterinnen hat das immer wunderbar funktioniert. Und Werther ist ein toller Ort zum Leben und Arbeiten“, findet er. Ob er das in den Anfängen auch so gesehen hat? Auf jeden Fall erinnert er sich, dass er viel gearbeitet hat – auch zu Zeiten, wenn das Gros der Bevölkerung frei hat. An Wochenenden zum Beispiel. Alle drei Wochen war er anfänglich zum Notdienst eingeteilt. Und an Feiertagen – wie an Weihnachten 1993, dem ersten Jahr seiner Selbstständigkeit. Lesen Sie auch: Neues Gesundheitszentrum in Werther: Praxisräume und Geschäft eröffnet Natürlich hätte er das Fest lieber zu Hause bei seiner Frau und den damals drei kleinen Kindern verbracht, blickt er zurück. Aber Dienst ist Dienst, und so wurde der Aufenthaltsraum der Faber’schen Apotheke kurzum weihnachtlich geschmückt, es wurde ein Weihnachtsbaum organisiert, eine Krippe aufgestellt, Angelika Faber brachte am verschneiten Heiligabend die Kinder und das Essen mit. &bdquo;Und so haben wir Weihnachten mitsamt Bescherung eben in der Apotheke gefeiert“, erinnert sich Michael Faber mit einem Schmunzeln. Ob in dieser Nacht ein Patient den Notdienst in Anspruch nehmen musste, kann er heute nicht mehr sagen. Ärzte schreiben Lustiges auf die Rezepte Michael Faber hat viele schöne Erinnerungen wie diese. Viele davon mit den Kundinnen und Kunden, aber auch mit den Ärzten. &bdquo;Die haben manchmal neben den Medikamentennamen noch etwas Lustiges auf die Rezepte geschrieben.“ Ein Beispiel habe ihn so erheitert, dass er es über Jahre in der Apotheke hängen hatte. &bdquo;Um es in die Zeitung zu schreiben, ist es aber nicht geeignet“, meint er augenzwinkernd. Viel Glück habe er auch mit seinen Angestellten gehabt. &bdquo;Wir sind ein tolles Team“, sagt er und ist froh, dass die acht Mitarbeiterinnen – eine Vollzeitkraft, die übrigen in Teilzeit – fast alle bereits andere Stellen gefunden haben. Auch zum Thema: 29-Jähriger übernimmt in Werther seine vierte Apotheke Wenig Freude bereite ihm hingegen die &bdquo;zunehmende Bürokratie“, das &bdquo;Gebaren der Krankenkassen“ und das immer wiederkehrende Problem der nicht funktionierenden digitalen Infrastruktur. &bdquo;Das ist mit den Jahren immer schlimmer geworden“, ärgert er sich. Weshalb er verstehen kann, dass sich heute kein junger Apotheker mehr selbstständig machen will. Mehr Zeit für den Garten und fürs Opa-Sein Dabei gibt es auch gute Ansätze. Das E-Rezept etwa hält Michael Faber für eine gute Errungenschaft. &bdquo;Ich nenne es allerdings oft das Geh-Rezept. Denn es kommt vor, dass die Patienten schon in die Apotheke kommen, wenn die Ärzte das Medikament noch nicht eingebucht haben. Dann müssen die Patienten noch mal wiederkommen.“ Spaß hat ihm auch immer gemacht, dass seine Frau – wie er begeisterte Gartenliebhaberin – immer frische Blumen in die Apotheke stellt. &bdquo;Wir haben hier oft ein heiteres Blumen-Raten“, erzählt Michael Faber. Im neuen Jahr wird er mehr Zeit für die Arbeit im Garten haben. &bdquo;Und ich werde ein bisschen mehr Tennis spielen.“ Außerdem habe er fünf Kinder, die alle nicht in der Nähe wohnen, und gerade ein fünftes Enkelkind bekommen. &bdquo;Nach meiner Pensionierung würde ich gern etwas mehr Opa sein.“ Zudem habe er sich entschlossen, dass er sich einen kleinen Teilzeitjob in einer anderen Apotheke suchen werde. &bdquo;Ich glaube, da ist Bedarf vorhanden. Und ansonsten werde ich mich einfach überraschen lassen, wohin mich die Lebenswogen noch so hinspülen.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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