Großes Hornissen-Nest bringt Anwohner und Imker in Werther in Aufruhr

Werther. &bdquo;Da oben ist es.“ Birgit Lange deutet auf eine kleine Erle, in deren Krone, in etwa vier Metern Höhe, das Nest gut auszumachen ist. Etwa so groß wie ein Medizinball schwingt es bei einem Windstoß leicht hin und her. &bdquo;Und sehen Sie das?“, fragt die Wertheranerin, die hier täglich mit ihrem Hund spazieren geht. Und tatsächlich: Trotz Nieselwetters fliegen immer wieder Insekten durch das kreisrunde Einflugloch und wieder hinaus. Was den ganzen Sommer über unentdeckt zu einer beachtlichen Größe heranwachsen konnte, ist nun mit dem abfallenden Laub bestens zu erkennen: das Nest eines Asiatischen Hornissen-Volks an der Weststraße. Während manche Passanten staunend stehen bleiben und das Nest als Besonderheit der Natur bewundern, blicken zwei Fraktionen mit großer Sorge auf die Behausung: Birgit Lange selbst und Bienensachverständiger und Imker Stefan Diekmann. Birgit Lange sorgt sich vor allem um ihre Gesundheit. &bdquo;Ich bin allergisch gegen Bienen- und Wespenstiche“, sagt sie. Sie habe ein paarmal erlebt, was es heißt, gestochen zu werden. &bdquo;Wenn es ganz schlimm ist, geht es nicht ohne Krankenhaus.“ Beim Stich einer Hornisse wäre es sicher nicht anders. Fasziniert und besorgt zugleich Und obwohl sie gleichzeitig vom Nest fasziniert ist und mit Interesse verfolgt, wie die Insekten trotz November-Wetters immer noch hinein- und hinausfliegen, sagt sie doch: &bdquo;Meiner Meinung nach muss das hier nicht hängen.“ Die Straße sei recht belebt, viele Menschen nutzten sie auf ihrem Fußweg in die Stadt, auch Kinder. Manche Kinder würden hier auch spielen. Birgit Lange macht sich noch aus einem anderen Grund Sorgen, und den teilt sie mit Imker Stefan Diekmann. Denn die Wertheranerin hat herausgefunden, um welche Art es sich hier handelt: um die Asiatische Hornisse. &bdquo;Und das ist eine invasive Art, die hier nichts zu suchen hat.“ Deutlicher könnte es auch Stefan Diekmann nicht sagen. Der Vorsitzende des Imkervereins Halle und Bienensachverständige hatte sich schon vor eineinhalb Wochen an die Abteilung Umwelt beim Kreis Gütersloh gewandt und darum gebeten, das Nest entfernen zu lassen. Aus gutem Grund, wie er jetzt im Gespräch mit dem &bdquo;Haller Kreisblatt“ schildert: Bis zu 500 Königinnen aus einem Nest &bdquo;Die Asiatische Hornisse ist eine invasive Art, die sich bei uns rasant ausbreitet und große Schäden im Naturhaushalt verursachen kann“, sagt er. Tiere eines Nests in der Größe wie in Werther würden bis zu zwölf Kilo Insekten im Jahr vernichten. Fliegen, Käfer, Raupen - und am liebsten Wild- und Honigbienen. &bdquo;Mit fatalen Auswirkungen“, beschreibt Diekmann am Beispiel Frankreich. &bdquo;Manche Bienenvölker fliegen da gar nicht mehr.“ Entsprechend intensiv werde das Nest in Werther in der hiesigen Imkerschaft diskutiert, sagt er. Denn aus einem Nest dieser Größe könnten bis zu 500 neue Königinnen schlüpfen. &bdquo;Jungköniginnen der Asiatischen Hornisse fliegen ab September aus. Wenn das Wetter mitspielt, sogar bis in den Dezember.“ Manche würden in den alten Nestern auch überwintern. &bdquo;Das untermauern aktuelle Erfahrungsberichte von Nestvernichtern, die große Brutnester vorfanden“, schildert Diekmann. Was er ausdrücklich betont: &bdquo;Es macht für Honigbienen und überhaupt unsere Insekten einen deutlichen Unterschied, ob 30 oder 300 Jungköniginnen aus dem Nest in Werther in die Natur entkommen. Denn 300 Königinnen heißt eben auch bis zu 300 neue Nester im nächsten Jahr.“ Aufruf, das Nest zu vernichten Daher der Aufruf von ihm und seinen Imker-Kollegen: &bdquo;Wir fordern inständig auf, dass die Behörden ihrer Bekämpfungspflicht nachkommen und das Nest vernichten.“ Das sei nämlich nach EU-Verordnung verpflichtend. Weshalb er den Kreis in der Sache auch angeschrieben habe. &bdquo;Leider habe ich den Eindruck, dass man in Gütersloh der Ansicht ist, dass das Nest leer und gar nicht mehr belebt ist.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK Dem widerspricht Diekmann aber deutlich, und das hat auch der Fototermin am Montagmorgen mit Birgit Lange gezeigt: Hier wird noch ein- und ausgeflogen, wenn auch nicht im selben Maß wie im Sommer. Dass die Hornissen bis in den Dezember hinein fliegen, bestätigt auch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv). Wie Pressesprecherin Birgit Kaiser de Garcia erläutert, sei die Asiatische Hornisse etwas kleiner als die heimische Europäische Art. Sie gelte als Allesfresser und ernähre sich größtenteils von anderen Insekten wie Fliegen und Mücken - &bdquo;und von Bienen“, so die Pressesprecherin. Deren Anteil an der Nahrung könne bei bis zu 85 Prozent liegen. Hornissen sind hervorragende Jäger Und laut Lanuv sei die Hornissenart ein hervorragender Jäger. &bdquo;Sie schwebt in einer Entfernung von 30 bis 40 Zentimetern vor dem Eingang zum Bienennest und ist in der Lage, Bienen im Flug zu fangen“, so Kaiser de Garcia. Sobald eine Biene gefangen wurde, würden Kopf, Flügel, Beine und Abdomen abgetrennt und die Flugmuskulatur an die eigenen Larven verfüttert. &bdquo;Ist das Bienenvolk nachhaltig geschwächt, dringen die Hornissen in den Bienenstock ein, fressen den Honig und entfernen die Brut.“ Angriffe auf Bienenstöcke würden vermehrt am Ende der Saison auftreten, also zwischen September und Dezember. Weshalb Kaiser de Garcia sagt, was auch Imker Stefan Diekmann umtreibt: &bdquo;Die Asiatische Hornisse wird als potenzielle Bedrohung für heimische Bienenvölker gesehen.“ Auch, weil die heimischen Bienen keine Abwehrmechanismen gegen die Hornissen entwickelt hätten. Wie rasant sich die Art in NRW ausbreitet, schildert die Pressesprecherin anhand von Zahlen: 2022 seien neun Nester bestätigt worden, 2023 seien es 396 gewesen, in diesem Jahr bis jetzt schon 1.315. Weshalb das Lanuv eine Bekämpfung der Hornissen als sinnvoll erachtet. Bestenfalls im Frühjahr, um zeitnah eine größere Reproduktion zu unterbinden. Antrag wird Dienstag in Gütersloh beraten Insgesamt bittet das Lanuv: Wer Asiatische Hornissen beobachtet, sollte dies mit einem Fotobeleg im Neobiota-Portal unter https://neobiota.naturschutzinformationen.nrw.de/neobiota/de/fundpunkte/erfassung melden. Passanten sollten aufpassen, Nestern wie dem in Werther nicht zu nahe zu kommen. &bdquo;Im unmittelbaren Nestbereich verteidigt die Hornisse sich und ihre Brut mit Stichen, insbesondere bei Erschütterungen des Nests“, sagt Kaiser de Garcia. Die Stiche seien für Nicht-Allergiker allerdings ungefährlich und vergleichbar mit Wespen- oder Bienenstichen. Der Kreis Gütersloh, der sich im Fall von Werther um eine Entfernung des Nests kümmern müsste, will sich aktuell nicht äußern. Pressesprecherin Beate Behlert verweist auf den Kreisumweltausschuss am Dienstag, wo die Hornissen-Art Thema sei. In einem Antrag fordert die SPD-Fraktion im Namen ihrer Vorsitzenden und früheren Bürgermeisterin von Werther, Marion Weike, dass die Asiatische Hornisse in das Konzept zur Eindämmung invasiver Arten aufgenommen wird. Dabei bezieht sich die SPD auf die EU-Liste der unerwünschten Arten und verweist auf eine mögliche Bedrohung für die heimische Insektenwelt. &bdquo;Gerade Obstbauern und Kleingärtner, die auf bestäubende Insekten angewiesen sind, werden neben Imkern voraussichtlich von Ertragseinbußen betroffen sein“, so Weike. Die Kommunen seien daher angehalten, gegen die weitere Verbreitung vorzugehen.

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