Dieser Wertheraner liebt seinen Beruf und scheut sich nicht vor Verantwortung

Herr Bosmann, Sie führen in Werther einen mittelständischen Elektrotechnik-Betrieb mit 43 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Damit gehören Sie durchaus zu den größeren Firmen am Ort. War Elektriker Ihr Traumberuf? Thomas Bosmann: Erstmal nicht. In der Schule - ich bin zur Realschule nach Halle gegangen - habe ich ein dreiwöchiges Praktikum bei einem Elektriker gemacht. Im Januar. Auf der Baustelle war es saukalt und für mich stand fest: Nie im Leben werde ich Elektriker! Bei einem zweiten Praktikum beim Vermessungsamt in Bielefeld musste ich dann feststellen: Die Arbeit beim Elektriker war Gold wert! Ich habe dann bei einem Betrieb in Spenge angefangen. Ein Glücksfall! Wirklich toll! Sie waren sehr jung, als Sie sich mit 23 Jahren selbstständig gemacht haben. Das hat sich so ergeben. In meinem Lehrbetrieb, wo ich damals gearbeitet habe, herrschte Flaute. Da war das die logische Konsequenz. Zwei Jahre war ich ein Ein-Mann-Betrieb und habe von zu Hause aus gearbeitet. Dann habe ich meinen ersten Mitarbeiter eingestellt, später den ersten Azubi. 2008 habe ich hier an der Rotenhagener Straße neu gebaut. Mit fünf Leuten sind wir damals eingezogen, jetzt sind wir über 40. 2017 konnte ich die Fläche vom Sägewerk Kreft kaufen, weil wir mehr Platz brauchten. Wie heißt es so schön: Du bekommst nur einmal die Chance, einen Nachbarn zu kaufen. Was zeichnet Ihren Betrieb aus? Wir sind vielseitig aufgestellt, bieten vom klassischen Kundendienst bis zur Elektrotechnik ganzer Industriebauten alles an. Wir sind in ganz Deutschland unterwegs und gerade am Bau mehrerer Rettungswachen in Schleswig-Holstein beteiligt. Wir machen Brandmelde- und Automatisierungstechnik, Sicherheitsbeleuchtung, PV-Anlagen, Schaltschrankbau, Maschinen- und Anlagenbau, sind dabei auch im Wasser- und Abwasserbereich mit unseren Steuerungen unterwegs. Wir hatten schon Projekte in Frankreich, Bulgarien, Luxemburg und sogar im asiatischen Teil der Türkei. Quasi von Werther in die Welt. Können Sie sich an Ihren schönsten Moment erinnern? Da gibt es keinen speziellen. Am schönsten ist immer das Lob vom Kunden. Was treibt Sie an? Ich mache meinen Beruf mit Leidenschaft. Ich finde ihn sehr erfüllend. Darum stecke ich auch viel Herzblut rein. Ich mag den Umgang mit den Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern und natürlich der Technik. Sie haben mal gesagt, dass Sie so groß, wie Sie heute sind, gar nicht werden wollten. Das stimmt. Mein Plan war, dass bei höchstens 20 Mitarbeitern Schluss ist. Heute sind wir 43. Und ich bin mir wohl bewusst, dass von meinem Laden 43 Existenzen abhängen und ich jeden Monat zusehen muss, dass ich 43 Löhne zahlen kann. Eine solche Verantwortung will heute kaum mehr jemand übernehmen. Akku ohne Ladezeit: Diese jungen Männer entwickeln die Technik der Zukunft Warum ist Handwerk so toll? In meinem speziellen Fall: Weil das Licht angeht (lacht)! Nein, im Ernst: Weil man jeden Abend sieht, was man geschafft hat. Und man schafft etwas mit den eigenen Händen. Der Beruf ist so vielseitig wie kaum ein anderer. Handwerk ist bunt. Seit diesem Frühjahr sind Sie Obermeister der Elektro-Innung Gütersloh und damit Vorsitzender von etwa 120 Innungsbetrieben. Eine große Verantwortung? Ja, sicher. Aber ich übernehme gerne Verantwortung. Und ich bin ja schon lange dabei. Mit der Gründung meines Betriebs bin ich vor 22 Jahren eingetreten und habe zehn Jahre lang im erweiterten Vorstand mitgearbeitet. Inzwischen hat es in der Innung einen Generationenwechsel gegeben, wir sind ein relativ junges Team. Aktuell sind wir im Vorstand sechs Leute, würden aber gern noch weitere einbeziehen. Sie haben noch mehr Ämter. Das ist richtig. Ich bin Delegierter zur Kreishandwerkerschaft und zur Landesinnung, nehme an Fachverbandssitzungen teil und versuche, unsere Interessen in die Politik und die verschiedenen Gremien zu tragen. Schließlich ist das Handwerk in NRW einer der größten Arbeitgeber in Deutschland. Allein im Elektrobereich arbeiten 111.000 Menschen. Was sind Ihre wichtigsten Forderungen an die Politik? Wir brauchen dringend einen Bürokratieabbau. Und es muss wieder attraktiver werden, zu bauen. Die Zinsen müssen passen und es muss Anreize durch Fördergelder geben. Aktuell habe ich den Eindruck, dass sich in der Politik nur alle im Wege stehen. Durch alle Parteien hinweg. Sie sagen zwar, dass sie etwas tun wollen, es passiert aber nichts. Zudem muss es wieder interessant sein, handwerklich zu arbeiten - auch finanziell. Gibt es in Ihrer Branche einen Fachkräftemangel? Oh ja. Eines der ganz großen Themen. Der demografische Wandel macht uns sehr zu schaffen. Es gibt ein großes Missverhältnis aus zwölf Millionen Arbeitskräften, die in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen, und nur neun Millionen, die nachkommen. Auch die Umstellung von G8 auf G9 an den Gymnasien werden wir schmerzlich spüren, wenn es im kommenden Jahr keinen Abiturjahrgang geben wird. Lesen Sie auch: Sieg für Universalakku: Zwei Haller Erfinder könnten E-Autos verbessern Ist auch Ihr Betrieb betroffen? Leider. Aktuell haben wir sechs Azubis, hätten aber Platz für acht. Ich suche noch einen Kundendienstmeister, einen Mitarbeiter für die Finanzen und Controlling, einen Projektleiter für PV und Monteure. Insgesamt könnte ich noch acht neue Kräfte einstellen. Bleibt bei Ihren vielen beruflichen Aufgaben eigentlich noch Zeit für die Familie? Ich versuche es. Meine Frau und meine zwei Töchter sind mein Anker. Sie geben mir Freude und Halt im Leben. Und Zeit für Hobbys? Ich bin Hauptbrandmeister im Löschzug Häger und auch als Ausbilder tätig. Außerdem übernehme ich in der Kita in Häger die Brandschutzerziehung. Das ist klasse und macht viel Spaß. Dazu gehe ich gern in den Garten und mähe Rasen. Da kann ich total abschalten. Und weil es so laut ist, höre ich auch mein Handy nicht (lacht). Darüber hinaus ist mir auch mein Freundeskreis wichtig, er spielt eine zentrale Rolle in meinem Leben. Sie sind auch ein großer Förderer in Werther. Ja, auch das ist mir wichtig. Meine Firma hat schon Projekte der Landjugend, der Sportvereine, der Kitas, des Kinderfonds und natürlich von Feuerwehr und Jugendfeuerwehr unterstützt. Und das möchte ich gern weiter tun. Ich fühle mich in meinem Leben privilegiert und möchte ein bisschen davon zurückgeben. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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