Bessere Zukunft: Werthers Hausärzte wollen gemeinsames Versorgungszentrum

Werther. In anderen Orten gibt es sie bereits. Ärztehäuser oder Medizinische Versorgungszentren, kurz MVZs, in denen mehrere Ärztinnen und Ärzte teils fachübergreifend praktizieren. Es gibt verschiedene Konzepte, manchmal bleiben die Ärzte ihre eigenen Chefs, in anderen Fällen sind sie angestellt, mitunter auch Partner. Die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger Arbeit und Verantwortung für den Einzelnen, mehr Synergieeffekte. Man teilt sich Räume, technisches Gerät, Personal. Möglich werden flexiblere Arbeits- und Öffnungszeiten sowohl für die Ärzte als auch die medizinischen Fachangestellten. Und auch die Patienten gewinnen. Wie berichtet ist die Not der Hausärzte in Werther groß. Wolfgang Decius sucht seit Jahren einen Nachfolger, alle Praxen sind am Limit, haben einen Aufnahmestopp für Patienten, finden kein Personal. Doch junge Mediziner wollen nicht in die Provinz, scheuen die Aufgaben und die Verantwortung einer eigenen Praxis, bleiben lieber im Krankenhausbetrieb oder größeren Praxisgemeinschaften. Leidtragende sind kleine Orte wie Werther - und Patienten, die lange auf einen Termin warten müssen. Wenn sie überhaupt einen bekommen. Das &bdquo;Haller Kreisblatt“ fragt in den vier örtlichen Hausarztpraxen nach, wie sie zu einem MVZ stehen. Und rennt mit der Frage offene Türen ein. Praxis Wolfgang Decius &bdquo;Zwar kommt für mich ein MVZ zu spät“, sagt der 75-Jährige, der seit mehr als 40 Jahren eine Praxis am Wellenpöhlen betreibt. &bdquo;Aber ein MVZ mit allen Hausärztinnen und Hausärzten unter einem Dach wäre für Werther ideal.“ Junge Kolleginnen und Kollegen wollten heute nicht mehr die komplette Buchhaltung und Administration übernehmen, die das Leiten einer Praxis nun einmal mit sich bringt. Ohnehin würden Einzelkämpfer wie Olaf Müller-Upmeier oder er aussterben. &bdquo;Wir alle leiden schon heute unter Personalmangel. In den nächsten Jahren dürfte das Problem noch größer werden. Doch wenn wir uns zusammentäten, ließe sich das Personal flexibler einsetzen. Weitere Synergieeffekte würden sich durch gemeinsam genutzte Geräte wie EKGs oder Ultraschall ergeben. Auch räumlich könnte man ein MVZ ganz anders gestalten - egal, ob in einem Neubau oder einem Bestandsgebäude.“ &bdquo;Meine Praxis ist 130 Quadratmeter groß, das sind mindestens 20 Quadratmeter zu wenig. Es funktioniert nur, weil ich es nicht anders gewohnt bin.“ Decius sagt: &bdquo;Wir müssen der Politik klar machen, dass das Thema brennt.“ Bei einem Termin mit dem Bürgermeister habe man die Sorgen angesprochen, ein weiteres Gespräch sei für Oktober geplant. &bdquo;Aber es darf nicht bei Gesprächen bleiben.“ Praxis Olaf Müller-Upmeier zu Belzen &bdquo;Mein Interesse an einem MVZ ist groß“, betont der hausärztliche Internist, der an der Schloßstraße seine Praxis unterhält. Er beobachtet, wie in anderen Orten größere Ärztehäuser entstehen. Das müsse auch in Werther gelingen. &bdquo;Wenn wir für jüngere Kolleginnen und Kollegen attraktiv sein wollen, brauchen wir größere Strukturen und müssen uns zusammentun. Nicht nur zu einer Zweier-Praxis. Denn wenn da ein Arzt ausfällt, muss der andere einspringen. Das ist fast nicht zu schaffen.“ In einem MVZ könnten Mediziner und medizinische Fachangestellte leichter in Teilzeit arbeiten. Die gesamte Organisation ließe sich auf mehr Köpfe verteilen. &bdquo;Viele Dinge haben sich im Vergleich zu früher geändert, jüngere Leute sehen die Dinge heute anders.“ Aber am Ende würde nur etwas daraus, wenn sich alle einig wären. Müller-Upmeier sieht auch die Stadt in der Pflicht. &bdquo;Werther ist ein toller Ort, um hier zu wohnen und seine Kinder großzuziehen. Aber für mich gehört zu einer örtlichen Infrastruktur eine gute ärztliche Versorgung genauso wie Schulen, Kindergärten oder Lebensmittelgeschäfte“, sagt er. Würden Bürger in Umfragen befragt, was es in ihrer Nähe unbedingt geben muss, werde immer auch die ärztliche Versorgung genannt. &bdquo;Wenn die Stadt dies sicherstellen will, muss sie auch bereit sein, bei der Suche nach einem geeigneten Gebäude oder Investoren zu helfen.“ Aktuell, so Müller-Upmeier, gebe es weder ein Gebäude noch die Aussicht, dass aus einem MVZ zeitnah etwas wird. &bdquo;Aber aus meiner persönlichen Perspektive muss schnell etwas passieren. Sonst bin ich in Rente.“ Praxis Rolf Angermann/Siemke Lüdorff Auch für das Hausarztzentrum an der Ravensberger Straße wäre ein MVZ eine sinnvolle Option. &bdquo;Wir können uns das sehr gut vorstellen“, spricht Rolf Angermann auch für seine Kollegin Siemke Lüdorff. Die Vorteile lägen mit einem professionellen Praxismanagement, gemeinsamem Personal und gemeinsamer EDV auf der Hand. Das Konzept der Einzelkämpfer sei ein Auslaufmodell. &bdquo;Inzwischen ist es ein regelrechter Glücksfall, wenn sich ein Nachfolger für eine Praxis findet“, sagt Angermann. Schon zu zweit sei es schwierig, wenn einer von ihnen krank oder im Urlaub ist. &bdquo;Und es ist unglaublich schwer, Leute zu finden. Das wäre in einer größeren Praxis mit flexibleren Arbeitszeiten leichter. Und die Arbeit entsprechend attraktiver. Für mich stehen die Zeichen daher auf Kooperation.“ Wie man dies am Ende ausgestaltet, ob die einzelnen Ärzte selbstständig blieben oder angestellt wären, müsse man sehen. Gut möglich wäre aus Angermanns Sicht auch, Ärzte anderer Fachrichtungen hinzuzunehmen, einen Orthopäden vielleicht, eine Gynäkologin oder einen HNO-Arzt. Praxis Dirk Decius/Stefanie Schwalfenberg &bdquo;Auch wenn aktuell noch nichts spruchreif ist: Wir wären nicht abgeneigt“, spricht Stefanie Schwalfenberg auch im Namen ihres Kollegen Dirk Decius. Beide haben am Alten Markt ihre Praxis. &bdquo;Ich kenne das Konzept von Ärztehäusern und MVZs, inzwischen ist es ja gang und gäbe, dass man sich zusammentut“, sagt Stefanie Schwalfenberg. Für Werther sei dies auch darum eine Option, da man schon heute gut miteinander kooperiere. &bdquo;Aber natürlich wäre dafür eine umfangreiche Vorarbeit mit unzähligen Gesprächen erforderlich. Und wir brauchten erst einmal eine Immobilie.“ Bürgermeister Veith Lemmen Er weiß, was die örtlichen Hausärzte umtreibt, da er jüngst einen Gesprächstermin mit ihnen hatte. Er sagt, dass die Stadt aktuell zwar kein Grundstück habe, das sich eignen würde. Auch könne die Stadt nicht als Bauunternehmer auftreten &bdquo;Aber wir halten Augen und Ohren offen und hoffen, dass sich eine Möglichkeit ergibt. Es ist uns schon häufiger gelungen, Interessenten mit Investoren zusammenzubringen.“ Er nehme das Thema sehr ernst und sei dankbar, in einem guten Austausch mit den Ärzten zu stehen. &bdquo;Bevor es allerdings konkreter wird, müsste erst einmal klar sein, wie viele Räume gebraucht werden. Aktuell haben einige Praxen eigene Räume, andere sind Mieter“, so Lemmen. Angesprochen auf den Blotenberg, hält er ein Ärztehaus dort für eher ungeeignet: &bdquo;Aufgrund der Hanglage wäre die Erreichbarkeit speziell für ältere Menschen nicht ideal.“

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