Keine Krankschreibung per Telefon mehr? Das sagen Ärzte im Altkreis Halle

Altkreis Halle. Krank wird jeder mal. Erwischt es einen so richtig, bleibt man am liebsten einfach im Bett. Der Gang zum Hausarzt zwecks Krankschreibung kann unter diesen Umständen zur Tortur werden. Während der Corona-Pandemie gingen Arztpraxen dazu über, telefonisch krankzuschreiben. Seit Dezember 2023 besteht diese Möglichkeit dauerhaft - teilweise zum Missfallen von Arbeitgebern. Deren Bundesvereinigung forderte jedenfalls erst kürzlich eine Abschaffung der telefonischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Der ehemalige Finanzminister Christian Lindner (FDP) unterstützt den Vorstoß. Er sieht einen Zusammenhang zwischen der Option und erhöhten Krankenständen in Deutschland. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, bestreitet einen solchen Zusammenhang vehement. Wurden die Hürden für eine Krankschreibung tatsächlich zu stark zurückgebaut oder gibt es vielleicht auch andere Gründe für den erhöhten Krankenstand? Und wie blicken eigentlich Ärzte aus dem Altkreis auf das Thema? Das HK hat mit zweien gesprochen. Lesen Sie auch: So steht es um die hausärztliche Versorgung in Werther. Dr. Siemke Lüdorff ist Hausärztin in Werther. Dass es Leute gibt, die sich unter falschem Vorwand krankschreiben lassen, will sie gar nicht abstreiten, schiebt sie vorweg. &bdquo;Aber das ist nichts Neues. Leute, die das erzwingen wollen, die schaffen das auch.“ Demnach müssten die Ärzte den Patienten erst mal vertrauen, ob die nun vor ihnen stehen oder anrufen. &bdquo;Wir können nicht in die Leute reinschauen. Wenn jemand vorgibt, Kopfschmerzen oder Durchfall zu haben, dann lässt sich das Gegenteil schwerlich nachweisen“, sagt Lüdorff. &bdquo;Grundsätzlich habe ich auch schon mal Krankschreibungen verweigert, wenn ich mir wirklich sicher war, dass mein Gegenüber fit ist.“ Ähnlich sieht das Dr. Ludger Killich aus der &bdquo;i.med“-Gemeinschaftspraxis in Halle. &bdquo;Belügen kann mich ein Patient auch vor Ort. In 95 Prozent aller Fälle geht es aber gut“, schätzt er. Hausärztin aus Werther geht einen Mittelweg Darüber hinaus habe die telefonische Krankschreibung viele Vorteile, findet Lüdorff. Ohne sei es &bdquo;schier unmöglich“, dem Andrang in den Hausarztpraxen Herr zu werden. Der Hausärztemangel tue indes sein Übriges. In ihrer Praxis verfolge man eine Art Kompromiss, so die Hausärztin. Demnach müssen die Patienten zwar nicht in die Praxis kommen, aber durchs Fenster ihren Puls und ihre Sättigung überprüfen lassen. Das habe zweierlei Gründe. Einerseits könne man so beurteilen, ob der Patient weitere ärztliche Hilfe benötigt. &bdquo;Außerdem schließen wir so aus, dass der Patient eigentlich irgendwo in Timbuktu sitzt“, erklärt Lüdorff. Ludger Killich verfährt da anders. In seiner Praxis werden digitale Sprechstunden angeboten. Patienten, die der Praxis bisher unbekannt sind, könne er im Rahmen einer solchen Sprechstunde nur für drei Tage lang krankschreiben. &bdquo;Das ist auch ein Schutz für mich“, sagt er. Lesen Sie auch: Sprechstunde per Videochat: Neue Hausarztpraxis zieht bei Gerry Weber ein. Eine Maximaldauer von drei Werktagen für die telefonische Krankschreibung festzulegen, erachtet Siemke Lüdorff als wenig sinnvoll. &bdquo;Bei einem Infekt heißt es doch: Drei Tage kommt er, drei Tage bleibt er, drei Tage geht er“, rezitiert sie die Faustregel für Erkältungen. &bdquo;Wir wollen denselben Patienten doch nicht immer wieder krankschreiben müssen.“ Hausarzt aus Halle hält Debatte für ungerechtfertigt Ohnehin glaubt Lüdorff - ähnlich wie Klaus Reinhardt - nicht an den kausalen Zusammenhang zwischen telefonischer Krankschreibung und vermehrten Krankmeldungen. &bdquo;Es gibt andere Punkte, die berücksichtigt werden müssen“, sagt sie. &bdquo;Zunächst einmal haben wir in Corona ein neues Virus, das im Umlauf ist.“ Zudem sei das Immunsystem der Menschen durch die lange Isolation während des Lockdowns geschwächt worden, fährt sie fort. Zu guter Letzt erhöhe sich auch schlichtweg die Anzahl der arbeitenden Bevölkerung. Immer mehr Frauen gingen trotz junger Kinder einer Arbeit nach, und auch das Renteneintrittsalter habe sich erhöht. Ludger Killich hält einen solchen Zusammenhang für durchaus möglich. Schließlich habe sich der Aufwand, den Patienten für eine Krankschreibung auf sich nehmen müssen, erheblich verringert. Der bestehe aber sicherlich &bdquo;nicht in einem Ausmaß, das eine öffentliche Debatte über die telefonische Krankschreibung rechtfertigt“, sagt er. &bdquo;Beide Seiten - Patienten wie Ärzte - werden durch die telefonische Krankschreibung entlastet. Letztendlich sind wir alle in der Verantwortung, uns im Sozialsystem vernünftig zu verhalten.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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