Überraschender Abschied: Schulrektor spricht offen über seine Gründe

Versmold. Die Entscheidung reifte im vergangenen Herbst. Der 60. Geburtstag von Martin Bauer rückte immer näher, als dem Leiter der Grundschule Loxten-Bockhorst zunehmend klarer wurde, wie es für ihn nicht mehr weitergehen sollte. Lange krank &bdquo;Eigentlich wollte ich bis 63 arbeiten“, erzählt der hünenhafte Meller, als er noch einmal in seinem alten Büro in Loxten empfängt. &bdquo;Aber ich war 2019 aufgrund einer Krebstherapie lange nicht im Dienst.“ Heute gehe es ihm seit mittlerweile drei Jahren zwar wieder gut, &bdquo;aber vieles spielt sich auch im Kopf ab“. In Martin Bauer reifte die Erkenntnis: &bdquo;Ich kann psychisch und körperlich nicht mehr 100 Prozent für den Job geben.“ Das ganze &bdquo;ausschleichen“ zu lassen, kam für einen direkten, zupackenden Typen wie ihn nicht infrage. &bdquo;Das wäre auch nicht gut für unser Schulsystem hier gewesen.“ Klare Entscheidung Nach einem langen Prozess und vielen Gesprächen mit der Familie zeigte Martin Bauer klare Kante – und entschied sich für den Abschied zum Schuljahresende: &bdquo;Das war für mich schon schwer, weil ich den Job immer mit Leidenschaft ausgefüllt habe – aber ich erkaufe mir mit dem Verzicht auf einige Berufsjahre mehr Lebenszeit und mehr Lebensqualität.“ Hingabe zur Hauptschule Für die Versmolder Schullandschaft hat Bauer in den vergangenen 22 Jahren eine wichtige Rolle gespielt. 2001 kam der Lehrer für Sport und Englisch nach seiner ersten Station an der Matthias-Claudius-Schule in Rheda-Wiedenbrück als Konrektor an die Versmolder Hauptschule. &bdquo;Eigentlich wollte ich ans Gymnasium – aber die Aufgabe, Kindern und Jugendlichen in einer schwierigen Lebensphase mit komplexeren Problemen den richtigen Weg zu zeigen, war genau das Richtige für mich“, sagt Martin Bauer – und setzt dann in der für ihn so typischen trockenen, erdigen Art nach: &bdquo;Ich bin so ein richtiger Hauptschulfuzzi.“ Dieses Aus fiel schwer Der ab 2013 auch als kommissarischer Leiter an der Schulstraße gefordert war. Sein Job: die Schule, die ihm ans Herz gewachsen war, mit abzuwickeln. &bdquo;2017 dort den Schlüssel umzudrehen, war sehr schwer für mich.“ Dafür habe das letzte Jahr der Schule mit noch 18 zu unterrichtenden Mädchen und Jungen natürlich traumhafte pädagogische Möglichkeiten geboten. Doch dann wird Bauer wieder ernst: &bdquo;Ich hätte mir schon eine Zukunft für die Hauptschule vorstellen können. Sie war für all die geeignet, die im praktischen Bereich arbeiten können.“ Und vor diesem Hintergrund vermisse auch das Handwerk mitunter die Hauptschule, bestätigt auch Bürgermeister Michael Meyer-Hermann. Er sieht in Martin Bauer einen &bdquo;Glücksfall“ für die Hauptschule – und nicht nur das. Denn 2015 traute sich der aus Gütersloh stammende frühere Handballer mit dem immer noch breiten Kreuz auch eine andere knifflige Aufgabe zu: Er übernahm die Leitung der Grundschule Loxten-Bockhorst, die zuvor sechs Mal erfolglos ausgeschrieben worden war. &bdquo;Da habe ich noch einmal einige Prüfungen absolviert und zudem parallel weiter 25 Prozent an der auslaufenden Hauptschule gearbeitet.“ Neue Herausforderung In der Arbeit mit Erst- bis Viertklässlern betrat der Pädagoge eine ganz neue Welt: &bdquo;Die Kinder sind ganz anders: Befreit, unkompliziert, freundlich – sie nehmen nichts krumm.“ Bereits am ersten Tag habe ihn ein Knirps vor einer Vertretungsstunde angequatscht: &bdquo;Herr Bauer, haben wir gleich bei Sie?“ Ungeachtet der kleinen sprachlichen Verrenkung denkt Martin Bauer noch immer schmunzelnd an seine Aufnahme in ein kleines, engagiertes Team zurück. Corona änderte viel Und lobt auch die Zusammenarbeit mit der Stadt. &bdquo;Man ist sich nicht immer einig“, sagt der scheidende Schulleiter mit einem fröhlichen Seitenblick zur zuständigen Fachbereichsleitern Claudia Rohde – und diese nickt verschmitzt. &bdquo;Aber wir haben immer gemeinsam Lösungen gefunden.“ Ganz besonders gefragt waren diese für den verheirateten Vater zweier erwachsener Jungs (25 und 29) in der alles verändernden Corona-Krise. &bdquo;Da mussten wir ja ständig auf neue Entwicklungen reagieren.“ Und dabei seien Stadt und Schule aus seiner Sicht oft alleine gelassen worden. &bdquo;Aufgaben wurden einfach nach unten durchgereicht.“ Dieser Stress war laut Bauer &bdquo;sicher ein Mosaikstein bei meiner Entscheidung zum Abschied“. Michael Meyer-Hermann betont: &bdquo;Wir lassen Sie ungern gehen.“ Nicht zuletzt weil Bauer die Digitalisierung der Grundschule und auch den Neubau mit vorangetrieben habe. &bdquo;Sie waren immer ein zuverlässiger und direkter Ansprechpartner.“ Mehr am Herd Der wird Martin Bauer künftig noch häufiger für seine Frau sein. &bdquo;Sie wird noch arbeiten, also fällt für mich künftig mehr Haushalt ab.“ Vor allem ins Kochen werde er sich reinarbeiten müssen, &bdquo;bisher habe ich vor allem gern gegessen“. Große Pläne hat Martin Bauer bewusst nicht gemacht – &bdquo;wenn mir langweilig wird, suche ich mir eine Aufgabe“. Welche es auch sein wird, Martin Bauer wird sie leidenschaftlich angehen.

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