Halle trauert um bekannten Gastwirt: Mit Herz, Mut und Arbeit hat er viel bewegt

Halle. Dass er sich gerade jetzt verabschiedet, da es ihm gesundheitlich wieder gut ging, damit hatte niemand gerechnet. Nicht seine Familie, nicht sein Hausarzt. Und das trotz der 83 Jahre, die Herbert Siekendiek am Ende geworden ist. Am Dienstagabend noch hatte er zusammen mit seiner Ehefrau Renate auf dem Balkon der neuen, hellen Wohnung gesessen. Sie hatten gescherzt, erzählt, übers Leben sinniert. Später dann ist er ins Bett gegangen – und am nächsten Morgen einfach nicht mehr aufgewacht. Für die Familie im ersten Moment ein Schock. Aber abseits der Traurigkeit auch ein schönes Gefühl, dass er so leicht gehen durfte, wie Renate Siekendiek und auch Tochter Antje unterstreichen. Ohne Schmerzen, ohne Kampf. Dabei war sein Leben alles, nur nicht leicht – allein schon die Umstände, unter denen Herbert Siekendiek aufwuchs. Geboren wurde er am 16. August 1942 auf einem Hof in Brockhagen an der Grenze zu Kölkebeck. Dort, wo die Familie Landwirtschaft im Nebenerwerb betrieb. Wo die Eltern darum kämpften, dass für sie und die fünf Kinder genügend zu essen auf dem Tisch steht und alle versorgt sind. Und wo alle auch ihren Teil dazu beitragen mussten. Egal, wie hoch der Preis dafür war. Herbert Siekendiek nahm diese Aufgabe an und war noch nicht mal 14 Jahre alt, als er dem Nachbarn schweren Herzens beim Schlachten geholfen hat oder sich bei Getränke Lütgert Geld verdiente. Als die Familie nach Künsebeck umzog – mit Pferd und Wagen über Felder und unbefestigte Straßen. Und der Vater die Vorstellung hatte, dass Herbert sich fortan um die kleine Landwirtschaft am neuen Haus kümmern sollte. Aber wie hätte der ihn bezahlen sollen? 1964 heiratet er seine große Liebe Renate in Brockhagen Also musste ein Plan B her, und der junge Mann ließ sich fest bei Lütgert anstellen, wo er schließlich 21 Jahre blieb und alsbad sogar die Produktion leitete. Während er gemeinsam mit seiner großen Liebe Renate, gelernte Hauswirtschafterin und Floristin, die er 1964 in Brockhagen geheiratet hatte, ein Wagnis einging. Trauer um Gütersloher Unternehmer-Gattin: Frau von Miele-Seniorchef gestorben So wollten die beiden nicht nur miteinander verheiratet sein, sondern auch zusammen arbeiten. Wollten selbstständig sein. Und weil für Herbert Siekendiek ein Blumenhandel nicht infrage kam, entschieden sich die beiden für die Gastronomie. Indes, so richtig geplant war das noch nicht, als sie am 1. November 1976 die Kleinanzeige im &bdquo;Haller Kreisblatt“ lasen. Dort stand nämlich nur: &bdquo;Hausmeisterehepaar gesucht. Getränkeverkauf möglich.“ Als sich Siekendieks unter der angegebenen Telefonnummer meldeten, erreichten sie Gerhard Weber. Noch am selben Abend fuhren sie gemeinsam mit ihm und dessen Geschäftspartner Udo Hardieck zur neuen Tennishalle. &bdquo;Eigentlich sollten wir nur aufschließen, die Halle sauberhalten und einen Automaten mit Wasserflaschen befüllen“, berichtete Herbert Siekendiek einmal. Die Zeiten in der Tennishalle von Gerry Weber waren wunderbar Als er dann fragte, ob man nicht besser eine Theke einbauen und Getränke verkaufen sollte, fackelte Gerhard Weber nicht lange: Siekendieks bekamen direkt den Zuschlag, und innerhalb der nächsten drei Tage wurde eine Theke aufgestellt, wurden Gläser und Geschirr ausgesucht. Und für Herbert, Renate, Dirk und Antje Siekendiek begann ein neuer Lebensabschnitt. Die Zeiten waren wunderbar, der Zusammenhalt sehr besonders. Tennis als neue Sportart für die breite Masse hatte eine Begeisterung geweckt, die es so nicht gab. Und Herbert Siekendiek legte sich richtig ins Zeug: Während Renate Siekendiek die Gäste mit ihrem selbst kreierten Laibachtoast, Pfefferlendchen und Frikadellen verwöhnte, versorgte Herbert Siekendiek die Tennisspieler mit Getränken und hatte obendrein den Tennisshop übernommen. Als Bespanner von Tennisschlägern machte er sich bald einen Namen. Und Tennismode der Marke Ellesse, die heute gerade wieder so angesagt ist, war bereits vor 50 Jahren das Aushängeschild bei Siekendieks. Trauer in Werther: Chef vom Unternehmen Poppe + Potthoff gestorben Dass die viele Arbeit zu schaffen war, ist dem besonderen Zusammenhalt in der Familie zu verdanken. Gemeinsam stemmte das Ehepaar mit Unterstützung seiner Kinder das große Programm. Und wenngleich sich alle miteinander in der Tennishalle immer wohlfühlten, wollten sie sich 1985 die Chance nicht entgehen lassen, noch einmal etwas anderes zu versuchen: Damals stand das Hotel Hollmann zum Verkauf, und Siekendieks wagten den Sprung. 1985 übernahmen die Siekendieks das Hotel Hollmann in Halle Acht Zimmer und Etagentoiletten – so fing es an. Alles musste renoviert werden. Das forderte Nerven und so manche Nachtschicht, denn um die Tennishalle und den Shop kümmerten sie sich bis zur letzten Minute. Maximales Pflichtbewusstsein, immer den Wunsch, alle Projekte korrekt, fehlerfrei und zur Zufriedenheit aller Beteiligten zu erledigen, das zeichnete Herbert Siekendiek aus. Und er schob eine Menge an. Herbert Siekendiek hatte die Tennis-Hallenmeisterschaften rund um Buß- und Bettag aus der Taufe gehoben, er war Mitinitiator des Seifenkistenrennens während der &bdquo;Haller Woche“ sowie des Wirtefestes (Vorreiter von &bdquo;Halle für Genießer“) auf dem Kirchplatz – damals noch zusammen mit Bernd Staeck (Brune), Ernst Trusch und Frank Schmedtmann. Dass der Bauhof den Kirchplatz fegt? Niemals, so was machte man selbst. Die Werte, mit denen der Brockhagener, der Feldhandball und Tennis spielte, großgeworden war, zogen sich durch sein ganzes Leben. Trauerfeier am 9. September in der Haller Friedhofskapelle Als Herbert Siekendiek 60 Jahre alt wurde, übergab er das Hotel Hollmann offiziell an seine Tochter Antje. Aber nur, damit alles seine Ordnung hatte und er die Dinge geregelt wusste. Seine Hilfe hat nie aufgehört. &bdquo;Vor zwei Jahren hat er noch die Koffer der Gäste nach Bielefeld gefahren“, sagt Antje Siekendiek. Politisch interessiert und engagiert war er bis zuletzt. Lesen Sie auch: Trauer um Senior-Chefin von Werthers bekanntestem Unternehmen Herbert Siekendiek hinterlässt seine Ehefrau, die Kinder, zwei Enkel- und zwei Urenkelkinder. Für alle war er der Fels in der Brandung, für die Kleinen ein Opa, der Spaß machte. Fehlen wird er allen miteinander. Die Trauerfeier findet am Dienstag, 9. September, um 10.30 Uhr in der Haller Friedhofskapelle statt. Alle, die sich von ihm verabschieden möchten, sind dort willkommen. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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