
Altkreis Halle. Schon der Begriff „Altkreis Halle“ zeigt, dass die Lindenstadt dereinst ein kleines Regionalzentrum am Teutoburger Wald war. Mit der Gründung des Kreises Gütersloh scheint das Geschichte zu sein. Dem ist aber nicht so, wie die Zahlen des sogenannten Pendleratlasses zeigen. Die belegen, dass Halle noch immer ein wirtschaftliches Zentrum ist, das Arbeitnehmer aus der Region anzieht.
Verschiedene Kennzahlen geben den Fachleuten Auskunft darüber, wie wirtschaftstark eine Kommune ist. Zwei interessante Faktoren sind dabei die „Arbeitsplatzdichte“ und der „Pendlersaldo“. Die Arbeitsplatzdichte sagt aus, wie viele Arbeitsplätze es pro arbeitsfähigem Einwohner gibt. Die Zahlen werden jeweils kreisweit erhoben. Der Kreis Gütersloh liegt bei 977 und damit über Bundes- und Landesdurchschnitt.
Das überrascht nicht, betonen doch die Unternehmensförderer der Pro Wirtschaft GT immer wieder die „Wirtschaftsstärke“ und den „Wohlstand“ der Region. „Der Kreis Gütersloh ist der Maschinenraum in Ostwestfalen-Lippe. Viele blicken neidisch auf das, was hier geschaffen wird“, hatte Geschäftsführerin Nikola Weber erst kürzlich betont. Die „Bruttowertschöpfung“ im produzierenden Gewerbe und Dienstleistungsbereich lag kreisweit 2022 bei 17,93 Milliarden Euro. Damit war der Kreis Gütersloh zuletzt sogar stärker als Bielefeld und alle anderen Kreise in OWL.
Halles Pendler ticken etwas anders
Tatsächlich scheint es aber auch im Altkreis wirtschaftlich gesehen noch ein kleines Zentrum zu geben: die Stadt Halle. Das lässt sich vor allem am kräftigen Pendlereinzug festmachen. Jede Kommune hat Arbeitnehmer, die zu ihren Arbeitsplätzen auspendeln und solche, die einreisen. Typische Ziele sind die regionalen Zentren Bielefeld, Gütersloh oder Osnabrück. Rund 93.000 Menschen fahren täglich zur Arbeit nach Bielefeld, während nur 53.000 die Großstadt verlassen. Das macht Bielefeld zu einem „Wirtschaftszentrum“.
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Bei den Städten und Gemeinden rund um Bielefeld ist es logischerweise genau umgekehrt: Obwohl Steinhagen selbst wirtschaftsstark ist und mit Hörmann, Jung Pumpen oder Plasmatreat starke Unternehmen beheimatet, hat es einen negativen Saldo. Rund 7.000 Menschen pendeln ein, fast 8.000 fahren raus. Insgesamt arbeiten in der Gemeinde rund 8.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte.

Noch deutlicher ist das Verhältnis in Werther. 4.300 Wertheraner verlassen die Stadt täglich – der größte Teil gen Bielefeld – nur 2.800 kommen rein. Auch Borgholzhausen hat einen negativen Saldo (3.500 Ein- gegen 3.800 Auspendelnde). Versmold verfügt dank der starken Fleischindustrie über viele Arbeitsplätze, zum Beispiel beim Logistiker Nagel-Group oder beim Fleischverarbeiter InFamily Foods (ehemals Reinert). Trotzdem ist der Saldo deutlich negativ, 5.300 pendeln ein, 7.400 aus. Bei Kommunen mit deutlich negativem Saldo spricht man auch von „Schlafstädten“.
Halle ist ein heimliches Wirtschaftszentrum der Region

Nur eine Kommune im Altkreis widersteht diesem Trend und zieht mit seiner Wirtschaft nach wie vor mehr Menschen an, als dass sie sie nach Bielefeld und Gütersloh verliert: Halle. Mehr als 11.800 Menschen pendeln täglich in die Lindenstadt – rund 5.000 mehr als ins fast ebensogroße Steinhagen. Nur 6.800 verlassen die Stadt, um in der Umgebung zu arbeiten.
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Der größte Magnet ist dabei Süßwarenhersteller Storck, der alleine schon rund 3.800 Mitarbeiter in Halle beschäftigt. Dazu kommen Unternehmen der Pharma- und Modeindustrie ebenso wie kunststoff- oder metallverarbeitende Betriebe. Insgesamt kommt Halle so auf mehr als 13.000 Arbeitsplätze.
Nur trockene Statistik? Nicht ganz. Weil die Kommunen im Altkreis – allen voran Halle – so wirtschaftsstark sind, gibt es hier auch weit überdurchschnittlich viele gut bezahlte Arbeitsplätze, zum Beispiel in den Hauptsitzen der heimischen „Global Player“. Wie der Regionalatlas der „Statistischen Ämter des Bundes und der Länder“ belegt, liegt der Kreis Gütersloh mit einem Durchschnittseinkommen je Einwohner von mehr als 26.000 Euro im Landes- und Bundesvergleich auf einem der Topplätze.
Die aktuellsten Zahlen des Pendleratlasses und des Regionalatlasses stammen von 2023. Mehr dazu auf statistikportal.de.