Jahrhundertgift PFAS: Wie ist die Lage im Altkreis Halle?

Altkreis Halle. PFAS – das &bdquo;Jahrhundertgift“ nennt es die Tagesschau – macht immer wieder Schlagzeilen. &bdquo;Wie verseucht ist Deutschland?“, fragt der NDR und veröffentlicht Kontaminationskarten. Bereits an mehr als 1.500 Orten wurden in der Bundesrepublik Funde nachgewiesen. Teilweise mit erheblichen Folgen. So sollen die PFAS-Belastungen im bayerischen Landkreis Altötting bereits so hoch sein, dass das Rote Kreuz Blutspenden von dort nicht mehr verwenden will. Nach Messungen empfiehlt die Umweltschutz-Organisation Greenpeace außerdem seit Februar, sich an deutschen Stränden vom Meeresschaum fernzuhalten, weil er hochgradig PFAS-kontaminiert ist. Da stellt sich natürlich die naheliegende Frage: Gibt es PFAS auch im Altkreis? Noch einmal zu den Grundlagen: Was ist PFAS? Die kryptische Abkürzung steht für &bdquo;Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen“. Die Stoffgruppe umfasst zigtausende Einzelstoffe. Einige davon sind nachgewiesenermaßen giftig, sie können zu Gesundheitsproblemen wie Leberschäden, Schilddrüsenerkrankungen, Fettleibigkeit, Fruchtbarkeitsstörungen und Krebs führen. Existiert PFAS auch im Altkreis Halle? Diese chemisch entwickelten Verbindungen kommen nicht natürlich vor. Die Industrie hingegen verwendet sie vielfältig. Sie machen Outdoor-Jacken wasserfest, sorgen dafür, dass in der Bratpfanne nichts anhaftet, halten Skier rutschig und Smartphones fettabweisend. Allerdings – das ist das Kernproblem – bauen sich PFAS nicht ab. Sie lagern sich im menschlichen Körper, genauso wie in der Umwelt, immer mehr an. Sowohl in der EU als auch im Bundestag sind bereits Verbote diskutiert worden. Bisher scheiterten sie. Industrievertreter warnten vor Wettbewerbsnachteilen. Mehr dazu: EU schränkt PFAS-Chemikalien ein Zwangsläufig existieren PFAS auch im Altkreis Halle. Deshalb haben wir die Zuständigen in den fünf Rathäusern in Halle, Steinhagen, Werther, Versmold und Borgholzhausen gefragt, ob sie sich bereits mit dem Thema beschäftigen mussten. Halle testet auf dem Ex-Borgers-Gelände &bdquo;Wir hatten in Halle bisher im größeren Umfang nichts mit PFAS zu tun“, erklärt Stephan Borghoff, Umweltberater der Lindenstadt. Eine Ausnahme stelle die &bdquo;Altlast Borgers“ dar. Dort habe es in den 90er Jahren bekanntlich ein schlimmes Feuer gegeben. Bei der Bekämpfung habe die Feuerwehr seinerzeit Löschschaum eingesetzt, der möglicherweise PFAS-belastet gewesen sein könnte. Das werde geprüft, so Borghoff. Derzeit warte man auf die Auswertung der genommenen Bodenproben. Man rechne aber nicht mit großen Gefahren. Der Grund, warum in Halle bisher kaum Funde bekannt seien, ist darin zu suchen, dass PFAS nicht standardmäßig gesucht würden. Auch das Klärwerk könne sie nicht ohne Weiteres im Wasser nachweisen. &bdquo;Das ist keine Standarduntersuchung“, erklärt Borghoff. &bdquo;Auf der Kläranlage wird es nicht beprobt.“ Im Rahmen eines Screenings des Landes habe man bereits einmal eine Probe aus dem Klärwerk getestet. &bdquo;Da lagen die Werte unter den Bestimmungsgrenzen und den Grenzwerten.“ Nur Landesstudien weisen PFAS nach PFAS-Verbindungen würden nur bei Studien auf Landesebene nachgewiesen. &bdquo;Dann würde man mit Sicherheit was finden. Es gibt ja auch in Halle Jacken und andere Produkte, in denen PFAS verwendet wurden“, so der Umwelt-Fachmann. &bdquo;Ein landesweites Screening wäre sicher interessant und durchaus notwendig, wenn man Argumente sucht, um es zu verbieten.“ Aufgepasst: Wie Sie PFAS-Chemikalien in Kleidung erkennen Bei den Haller Bürgern sei PFAS nach seiner Erfahrung noch kein drängendes Problem. Diesbezügliche Nachfragen gebe es kaum. &bdquo;Man geht berechtigterweise davon aus, dass sich die Behörden kümmern“, sagt Stephan Borghoff. Insgesamt stehe man, was das angehe, vor &bdquo;düsteren Aussichten“, statuiert der Rathaus-Mitarbeiter. &bdquo;Es stecken Millionenmärkte dahinter, aber vor allem sollte ja die Erde bewohnbar bleiben.“ Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Su?ddeutsche Zeitung (@sz) Keine Auffälligkeiten in Steinhagen, Versmold und Werther &bdquo;Zu dem Thema sind keine Anfragen von Bürgern bei uns eingegangen“, erklärt Janine Thannhäuser vom Steinhagener Rathaus. Auch &bdquo;konkrete Probleme“ seien bislang nicht bekannt. Ähnlich schreibt es das Umweltbüro der Stadt Werther. &bdquo;Bei uns in Werther scheint dies bislang kein Thema zu sein. Zumindest ist mir hier nichts bekannt“, so Simone Marquardt. Lesen Sie auch: PFAS in der Bielefelder Lutter nachgewiesen Versmold hatte bereits im Herbst eine ausführliche Prüfung durchführen lassen. &bdquo;Bei uns waren die Werte im Wasserwerk bisher nicht nachweisbar oder lagen weit unter den Grenzwerten“, erläutert Versmolds Rathaus-Sprecherin Jennifer Wehmöller. Auch in Borgholzhausen werden die Grenzwerte im Trinkwasser eingehalten, erklärt Dirk Nolkemper vom Umwelt-Team der Stadt. Einmal habe man bereits auf PFAS getestet, künftig solle jährlich eine Untersuchung in Auftrag gegeben werden. Die Kläranlage könne noch nicht auf PFAS testen, er gehe aber davon aus, dass ihn das Thema in den kommenden Jahren verstärkt beschäftigen werde. Tatsächlich müssen alle Kommunen in NRW sogenannte &bdquo;Wasserversorgungskonzepte“ vorweisen. Die beinhalten mittlerweile verpflichtend auch Risikoeinschätzungen zu PFAS-Verbindungen. Tatsächlich sehen die Wasserwerke aber bisher offenbar wenig Risiken. BUND-Kreisgruppe sieht Handlungsbedarf Das &bdquo;Haller Kreisblatt“ hat auch beim &bdquo;Bund für Umwelt und Naturschutz“ angefragt, ob man dort glaubt, dass Land und Kommunen die Lage im Griff haben. &bdquo;Kommunen müssen in ihren Wasserversorgungskonzepten eine Risikoeinschätzung zu PFAS und BPA vornehmen“, erklärt die Sprecherin. BPA – also &bdquo;Bisphenol A“ – ist eine weitere chemische Verbindung, die Krankheiten auslösen kann. &bdquo;Die BUND-Kreisgruppe Gütersloh hat die Konzepte aus Borgholzhausen, Halle, Steinhagen, Werther und Versmold gesichtet und kommt zum Schluss: Es muss dringend nachgebessert werden“, so Dr. Birgit Lutzer aus Steinhagen. Ab 2026 wird eine neue &bdquo;Bundes-Trinkwasserverordnung“ die Grenzwerte für viele Schadstoffe verschärfen. &bdquo;Kommunen müssen die Qualität des Trinkwassers sicherstellen und regelmäßig überwachen. Sie sind verpflichtet, Grenzwerte für Schadstoffe wie PFAS und BPA einzuhalten, Risikobewertungen durchzuführen und Verbraucher über die Wasserqualität zu informieren“, erläutert die ehrenamtliche Umweltschützerin die neue Verordnung. Steinhagener Umweltschützerin sieht Handlungsbedarf Die BUND-Kreisgruppe Gütersloh habe bereits die Wasserversorgungskonzepte der fünf Altkreiskommunen unter die Lupe genommen und sei mit den Ergebnissen nicht zufrieden. &bdquo;In den meisten Kommunen werden öffentlich nur die eigentlichen Konzepte zur Verfügung gestellt“, so Lutzer. In diesen fehlten oft Angaben zu PFAS und BPA. Wer die suche, müsse sich direkt an die Rathäuser wenden. &bdquo;Die Sichtung der Wasserversorgungskonzepte erweckt den Eindruck, dass in fast allen Altkreiskommunen noch Hausaufgaben in Hinsicht auf PFAS/BPA gemacht werden müssen“, kommentiert Lutzer. Die Verantwortlichen in den Kommunen schätzten aus ihrer Sicht die von den Chemikalien ausgehenden Gefahren zu gering ein. &bdquo;Der BUND vertritt hier auf Basis wissenschaftlicher Fakten und Untersuchungsergebnisse eine andere Position. “ Anwohner alarmiert: PFAS im Gütersloher Grundwasser Zu beklagen sei auch die fehlende öffentliche Transparenz: &bdquo;Die vollständigen Konzepte mit allen Dokumenten werden bei den meisten Kommunen nur der Bezirksregierung Detmold zur Verfügung gestellt.“ Beim Umgang mit PFAS und BPA gebe es aus ihrer Sicht mehr offene Fragen als Lösungen. &bdquo;Wir fragen uns, inwieweit es überhaupt ausreichende Prüf- und Messmöglichkeiten für PFAS/BPA in den Altkreis-Kommunen gibt? Es gibt also in den hiesigen Kommunen noch viel zu tun.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

Meistgelesen

Illegale Reitanlage in Werther - Naturschützer: „Unzureichender Rückbau“

„Sicherheit macht Sorgen“: Wie fahrradfreundlich ist der Altkreis Halle?

Hätten Sie es gewusst? Hier im Altkreis Halle ist Wohnen am teuersten

Illegale Reitanlage in Werther: Die neuen Details sind erschütternd

Polizei-Ticker für den Altkreis: Schwerer Auto-Unfall in Halle mit zwei Verletzten In diesem Ticker finden Sie fortlaufend die wichtigsten Polizei-Meldungen, die den Altkreis Halle und die nähere Region betreffen.

Haller Outlet an der A33: Diese Mode-Marken folgen auf Gerry Weber Gerry Weber verkauft seine...