Musik-Festival

Haller Bach-Tage überraschen mit Popcorn, Pilzköpfen und einem TV-Star

Die Haller Bach-Tage zählen zu den beliebtesten Klassik-Events in Deutschland. In diesem Jahr gibt es neue Programmpunkte und ein Motto, das nachdenklich und hoffnungsvoll zugleich stimmt.

Am Auftakt-Wochenende spielte das fünfköpfige Ensemble Spark eine spannende Mischung aus Bach-Berio-Beatles. Es setzt sich zusammen aus Stefan Balazsovics (v.l.,Violine), Christian Fritz (Klavier), Victor Plumettaz (Violoncello), Daniel Koschitzki (Blockflöte) und Andrea Ritter (Blockflöte). | © Ekkehard Hufendiek

Uwe Pollmeier
01.02.2025 | 01.02.2025, 21:49

Halle. „Zu uns kommen Künstler, die zwischen Dorf und Elbphilharmonie unterwegs sind. Irgendwo dazwischen sind wir“, sagt Kantor Friedemann Engelbert mit Blick auf die Interpreten bei den 61. Haller Bach-Tagen, die vom 31. Januar bis zum 16. Februar an mehreren Orten der Lindenstadt stattfinden werden. Die Veranstaltung trägt den Titel „Musik. Macht. Frieden“. Nach den Bach-Veranstaltungen in Greifswald (seit 78 Jahren) und der örtlich rotierenden Veranstaltungen der Neuen Bachgesellschaft (seit 98 Jahren) ist es das bundesweit älteste Musikfestival zu Ehren des bekannten Komponisten.

„Die Bach-Tage sind das kulturelle Aushängeschild der Stadt“, sagt Frank Hofen vom Innenstadtmanagement. Durch das vielfältige Programm und die unterschiedlichen Veranstaltungsorte sei es einfach das „Klassik-Festival der Region“. Bürgermeister Tappe lobt das hohe Maß an ehrenamtlichem Engagement und die zeitintensive Vorbereitungsphase. Bei den Bach-Tagen seien nicht nur hochprofessionelle Akteure an Bord, sondern auch Hobbysängerinnen und Hobbysänger, wie etwa im qualitativ hochwertigen Bachchor. „Alles andere wäre finanziell auch nicht machbar. Zudem würde aber auch der Charakter des Festivals darunter leiden“, sagt Tappe.

„Es ist nicht so, dass man Jugendliche nicht mehr für klassische Musik begeistern kann“, stellt Pfarrer Tim Henselmeyer mit Blick auf den Nachwuchs in den eigenen Reihen zufrieden fest. „Wir haben hier in Halle bei den Bach-Tagen stets Weltklasse zu Besuch. Musiker, die weltweit bekannt sind, stehen dann dort, wo ich sonst den Gottesdienst halte. Das ist schon verrückt“, sagt Henselmeyer.

Eine Russin und eine Ukrainerin musizieren gemeinsam

Julia Jentsch gehört zu den bekanntesten Schauspielerinnen in Deustchland. - © Stefan Kluter
Julia Jentsch gehört zu den bekanntesten Schauspielerinnen in Deustchland. (© Stefan Kluter)

„Das Motto der Bach-Tage hatte ich schon länger im Kopf, da 2025 das Ende des 2. Weltkriegs 80 Jahre zurückliegt“, erklärt Kirchenmusikdirektor Friedemann Engelbert. Das Thema rücke leider immer weiter weg, weil es immer weniger Zeitzeugen gebe. Es ist ein Rückblick auf vergangene Zeiten, zumal sich auch der Angriff auf Dresden am Tag des Abschlusskonzerts in Halle zum 80. Mal jährt. „Zugleich ist das Thema aktueller denn je“, sagt Engelbert und verweist auf die Konflikte zwischen der Ukraine und Russland sowie zwischen Isreal und dem Iran.

Bei den Haller Bach-Tagen werden aber auch Hoffnungen aufgezeigt. So konzertieren unter anderem das russisch-ukrainische Orgel-Duo Olga Zhukova und Dariia Lytvishko sowie das israelisch-iranische Ensemble „Sistanagila“. Das Klassik-Festival könne somit zugleich auch eine nachdenkliche, zuversichtliche und musikalische Reise zu einer friedvolleren Welt sein.

Los geht es mit den 61. Bach-Tagen am Freitag, 31. Januar, um 19.30 Uhr mit dem Eröffnungskonzert „Bach Pur“ in der St. Johanniskirche. Das Vokalensemble der Johanniskantorei, Verena Spies (Violoncello), Feyzi Cokgez (Fagott), Christian Heim (Violone) und Bernward Lohr (Orgel) präsentieren doppelchörige Motetten von Bach.

Drei Konzerten in drei Stunden mit Verpflegung

In der Formation "Sistanagila" spielen Musiker aus Israel und dem Iran zusammen. - © Innenstadtmanagement
In der Formation "Sistanagila" spielen Musiker aus Israel und dem Iran zusammen. (© Innenstadtmanagement)

Es folgt einen Tag später um 18 Uhr das traditionelle Konzert bei Storck, zu dem in diesem Jahr 600 Besucher zugelassen sind. Es trägt den Titel „Bach-Berio-Beatles“. „Das ist ein Cross-Over-Programm“, sagt Engelbert mit Blick auf den Spagat zwischen barocker Kirchenmusik und Pilzkopfpop. Drei folgende Konzerte tragen den Titel „Friedenskonzert“, zudem findet am 5. Februar das beliebte Kinderkonzert in der Aula des KGH statt.

Vor zwei Jahren gab es schon einmal das „Haller Dreierlei“, bei dem Künstler an drei verschiedenen Orten musizieren, während das in drei Gruppen von bis zu jeweils 80 Personen eingeteilte Publikum innerhalb jeweils einer Stunde rotiert und die Lokalität wechselt. Nun erlebt das Projekt aufgrund der großen Beliebtheit ein Comeback. „Die Veranstaltungen finden am 8. Februar ab 17 Uhr in der St. Johanniskirche, in der Remise und in der Sparkassen-Passage statt“, erklärt Laura Krause vom Veranstaltungsmanagement der Stadt Halle. Zudem gibt es vor Ort Getränke und kleine Snacks.

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Nach dem Festgottesdienst am Samstag findet am Sonntag, 9. Februar, eines der, wie Friedemann Engelbert betont, „Highlights der Bach-Tage statt“. In einem Dialog von Text und Musik unter dem Titel „Leben will ich, leben, leben!“ geht es in der Johanniskirche um Cato Bontjes van Beek, die mit nur 22 Jahren am 5. August 1943 in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurde. Cato Bontjes van Beek ist bisher weniger bekannt als Sophie Scholl – doch ihre Liebe zu den Menschen, ihre geistige Widerstandskraft und mutige Entschlossenheit im Engagement für mehr Menschlichkeit lassen heute aufhorchen.

Fernsehpreis-Gewinnerin steht auf der Bühne der Johanniskirche

Das Ensemble Spark ist bei "Bach - Berio - Beatles - Eine Hommage an musikalische Heroen" mit dabei. - © Gregor Hohenberg
Das Ensemble Spark ist bei "Bach - Berio - Beatles - Eine Hommage an musikalische Heroen" mit dabei. (© Gregor Hohenberg)

Dargestellt wird Bontjes van Beek von der bekannten Schauspielerin Julia Jentsch, die 2005 für ihre Darstellung der Widerstandskämpferin Sophie Scholl in dem Kinofilm „Sophie Scholl – Die letzten Tage“ auf der 55. Berlinale den Silbernen Bären als beste Schauspielerin erhielt. Die männliche Rolle übernimmt der aus zahlreichen TV-Serien bekannte Sebastian Weber. Die Musik liefert das Vokalensemble „Sjaella“ aus Leipzig.

Ganz neu im Programm ist ein Kinoabend im Martin-Luther-Haus am Donnerstag, 13. Februar, ab 19.30 Uhr. Gezeigt wird der 114 Minuten lange Film „Living Bach“, der anlässlich des Leipziger Bachfestes entstanden ist. „Da gibt es dann auch richtige Kino-Atmosphäre mit Popcorn und Getränken“, verspricht Engelbert.

Karten gibt es online über die Seite www.haller-leben.de/bach oder unter Tel. 05201 183338. „Die Ticketpreise sind stabil geblieben, lediglich beim ’Haller Dreierlei’ ist es aufgrund des Catering-Angebots etwas mehr geworden“, sagt Laura Krause. „Ich würde mich freuen, wenn wir an das erfolgreiche Jahr 2024 anknüpfen können“, sagt Friedemann Engelbert. Im Januar und Februar besuchten rund 3.500 Musikbegeisterte die Veranstaltungen der 60. Auflage. Das gesamte Programm gibt es unter www.haller-leben.de/kultur-erleben/haller-bach-tage.