
Seit dem 6. November weht in der Welt und in unserem Land ein anderer Wind. Donald Trump hat die US-Präsidentschaftswahl gewonnen und lässt seither endgültig keinen Zweifel daran, dass der Klimaschutz in seiner Agenda der kommenden Jahre so gut wie keine Rolle mehr spielen wird.
Und in Deutschland ist die Ampel-Koalition zerbrochen. Zwar hat die FDP das eingeleitet, um ihr politisches Überleben zu sichern - aber die Grünen befinden sich ebenfalls seit Monaten im Umfrage-Sinkflug. Mitunter muss man auch mit Blick auf manche Äußerung im privaten Bereich zu dem Eindruck kommen: Grüne Ideen sind mittlerweile verpönt.
Sollte es diesen neuen Zeitgeist geben, drückt er sich denn auch in den Entscheidungen im Altkreis Halle aus? Zwei Nachrichten machen in diesem Zusammenhang zumindest stutzig. Zunächst einmal ist Versmold aus dem gemeinsamen Linien-E-Carshharing-Projekt mit Borgholzhausen ausgestiegen. Gerade als das Netz doch um Haltestellen in Halle erweitert werden sollte. Eine „bürgerliche“ Mehrheit im Versmolder Stadtrat um CDU, FDP und UWG sah keinen ausreichenden Nutzen in dem Projekt und mahnte zur Sparsamkeit. Die Stadt Versmold hätte nach ersten Berechnungen allerdings für 33 Monate nur maximal 19.000 Euro investieren müssen ... Ein Argument, das die Christdemokraten mit dem Hinweis konterten, dass durch die Förderung des Projektes ja Steuergelder in weit höherem Ausmaß verbraucht worden wären.
Förderprogramm zu streichen soll Sparwillen belegen
Jetzt machen nur Halle und Borgholzhausen mit, beide Kommunen müssen einen höheren Eigenanteil stemmen. Und ausgerechnet Versmolds CDU-Bürgermeister Michael Meyer-Hermann, der hinter dem Ausstieg seiner Stadt stand, gibt als Vorsitzender der regionalen Gemeinschaft LAG GT8 Fördermittel für dieses Projekt frei. Natürlich entscheidet dieses Gremium gemeinschaftlich und Meyer-Hermann hat sich in der Abstimmung enthalten. Aber im Gespräch mit dem HK bekräftigt er: „Nutzerzahlen und CO2-Einsparung sind für mich im Vergleich mit anderen Projekten, für die wir städtisches Geld einsetzen, überschaubar.“ Unterm Strich mutet der gesamte Ablauf aber ein wenig kurios an - natürlich war die Versmolder Entscheidung auch eine politisch motivierte.
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Es ist zu erwarten, dass sich mit der nun deutlich nähergerückten Bundestagswahl und den Kommunalwahlen am Horizont solche Debatten häufen werden. Nächstes Beispiel gefällig? Kommt wieder aus Versmold: Das Förderprogramm für Klimaschutz läuft schon bald aus. Meyer-Hermann und die Verwaltung hatten eigentlich nur eine Kürzung von 50.000 auf 40.000 Euro jährlich vorgeschlagen. Doch auch hier untermauerte die CDU ihr Bekenntnis zum Sparen - und drückte die Streichung durch.
Die CDU argumentierte tatsächlich, jeder Bau von privaten PV-Anlagen auf Dächern wäre auch ohne städtische Förderung umgesetzt worden. Nur ein einziger Hausbesitzer, der durch die städtische Förderung den letzten Anschub bekommen hat, würde dieses Argument Lügen strafen. Mal ganz abgesehen davon, dass es bei einem solchen Projekt auch um die städtische Haltung zur Energiewende ging. Und Michael Meyer-Hermann? Dem blieb diesmal nur, sich bei der Abstimmung zu enthalten.
Untergang des Klimaschutzes ist nicht zu beklagen
Die Zeiten sind hart, es muss gespart werden, wir müssen die Wirtschaft nach all den „Fantastereien“ der vergangenen Jahre wieder nach vorne bringen. Diese Lesart gewinnt gerade an Attraktivität. Und wenn es um Wohlstand und Arbeitsplätze geht, will niemand etwas von Klimaschutz hören. Klar, dass diese Zusammenhänge in den kommenden Monaten auch politisch ausgeschlachtet werden.
Aber wäre es fair, an dieser Stelle den Untergang des Klimaschutzes auch vor Ort zu beklagen? Nur damit der Wochenkommentar ein bisschen mehr Schärfe erhielte - so wird es „uns Medien“ ja immer häufiger vorgeworfen.
Die Antwort: natürlich nicht. Die Wahrheit ist wohl - in diesem Fall zum Glück - mal wieder komplexer. Denn zum Beispiel stehen Borgholzhausen und Halle ja zum Projekt des Linien-E-Carsharings. Und Halle stattet seinen Energieversorger Technische Werke Osning im kommenden Haushalt mit 1,8 Millionen Euro aus, um die Energiewende voranzutreiben.
Kommunen investieren Millionen
In Versmold wiederum möchte die Verwaltung trotz angespannter Haushaltslage zum Beispiel jährlich 1,4 Millionen Euro beim Gebäudebestand investieren: in die Sanierung, in energetische Ertüchtigung und die Gestaltung der Wärmewende. Klar ist: Der Weg in eine nachhaltige Zukunft wird auch in politisch stürmischen Zeiten wohl nicht verlassen.
Das wird die Kommunen Millionen kosten und ist unumgänglich. Aber vielleicht lässt sich gerade deshalb mit dem Einsparen von kleinen bis mittleren fünfstelligen Beträgen ganz wunderbar Kommunalpolitik machen.