Haller Restaurant an bekannter Adresse mit Geheimrezept aus Omas Küche

Halle. Als Gaetano Minzera vor einem halben Jahr von Michele Scistri, dem Inhaber des Restaurants Da Vinci im Sportpark, gebeten wurde, die Clubgastronomie seines Herzensvereins TC BW Halle wieder in Schwung zu bringen, hatte er gemischte Gefühle. Es reizte ihn, noch einmal neue Wege zu gehen, andererseits sah er das Risiko. Ein Restaurant auf einem Vereinsgelände am Rande einer Kleinstadt – kann das wirklich gut gehen, warten die Haller auf solch ein Angebot? Minzera spürte Zweifel, willigte aber ein. Fortan hielt er sich im Hintergrund, wollte namentlich in der Zeitung nicht erwähnt werden. Wenn es klappt, könne man ja in einem halben Jahr noch einmal sprechen. Sofern er dann noch da sei, denn ein Scheitern wäre für den 67-Jährigen gleichbedeutend mit dem sofortigen Renteneintritt in seiner süditalienischen Heimat gewesen. Nun ist es Anfang Oktober, die Sandplatzsaison ist vorbei und es ist ruhig auf dem Vereinsgelände. Im Schaukasten des Ristorante Bonacossa direkt neben dem Gebäude brennt an diesem trüben Herbsttag bereits Licht. Ebenso im Restaurant, an dem bereits Gaetano Minzera und sein Sohn Alessandro gut gelaunt auf den Besuch des Pressevertreters warten. Jura-Student hilft seinem Vater &bdquo;Wir haben bisher viele positive Rückmeldungen erhalten“, sagt Gaetano Minzera zufrieden. Die 28 Bewertungen bei Google mit 4,9 von 5 Sternen bestätigen dies. Man habe anfangs bewusst keine Werbung gemacht und sich im Hintergrund gehalten, alles ruhe bisher auf Empfehlungen. &bdquo;Ich kannte die Haller überhaupt nicht, konnte nicht einschätzen, wie es läuft“, sagt Gaetano Minzera. Mittlerweile weiß er es und führt gemeinsam mit seinem 22-jährigen Sohn, der 2020 am Kreisgymnasium sein Abitur gemacht hat und derzeit Jura an der Universität Bielefeld studiert, das Lokal, das nach dem bekannten italienischen Tennisspieler Alberto Bonacossa (1883-1953) benannt ist. &bdquo;Wir haben uns entschieden, die Leute neugierig zu machen“, sagt Gaetano Minzera. Eine Taktik, die aufgegangen ist, aber wohl auch nur, weil der Neugier meistens direkt eine Geschmacksexplosion folgte. &bdquo;Wir machen nicht auf Schicki-Micki. So wie bei uns, so würden wir auch selbst privat gern essen gehen“, sagt Alessandro Minzera. Die Gäste fühlten sich wohl und blieben lange in dem Restaurant. &bdquo;Essen ist halt gut für die Seele. Wir Italiener zelebrieren Essen mehr als die Deutschen“, sagt Gaetano Minzera, der in Tranto in Apulien, am Absatz des italienischen Stiefels geboren wurde und vor 34 Jahren nach Deutschland kam. Diesen Kohl kennt noch kein Niederländer &bdquo;Man braucht mindestens ein Jahr oder sogar noch länger, um zu sehen, ob die Umsätze passen“, sagt der 67-Jährige. Sein bisheriges Fazit fällt allerdings sehr gut aus. &bdquo;Wir setzen auf ein sehr natürliches Wachstum und sehen dann, was sich durchsetzt. Die Rückmeldungen geben uns das Gefühl, dass viele Gäste einfach mal wieder richtig italienisch essen wollen.“ Er wird weitermachen, keine Frage. Neben Klassikern wie Pizza Funghi oder Spaghetti Napoli gibt es eher ungewöhnliche Speisen wie Miesmuscheln nach tarantinischer Art, mit Trüffel und Ziegenkäse gefüllte Gnocchi, oder Stängelkohl. &bdquo;Das Gemüse haben selbst die Holländer noch nicht entdeckt. Es hat einen ganz außergewöhnlichen Geschmack“, sagt Gaetano Minzera. Der Stängelkohl, italienisch Brassica rapa, kommt aus der Region Apulien und ist außerhalb von Italien kaum bekannt. &bdquo;Unsere Nudeln sind von höchster Qualität“, fährt Gaetano Minzera fort. Er erhalte sie von einem Freund aus Süditalien. Ob handgemachte Triangoloni rossi, gefüllt mit Ziegenkäse und Honig in Butter-, Zitronen- und Melissensoße mit gehobeltem Parmesan, oder Riesentortellini mit Steinpilzfüllung – es gibt kaum einen anderen Ort in Ostwestfalen, an dem es derartige Gerichte gibt. Enkel hat Angst vor dem Besuch bei Oma Es sind alles typisch italienische Familiengerichte. &bdquo;Alessandro traut sich gar nicht, seine Großmutter in Italien zu besuchen“, sagt Gaetano Minzera. &bdquo;Wenn ich da hinfahre, komme ich mit so einem Bauch zurück“, erklärt der 22-Jährige und streicht sich über den nicht vorhandenen Bauch. Zu den Spezialitäten zählen auch Nudeln mit Kartoffeln. &bdquo;Da schaut jeder verwirrt, wenn er das hört, aber es schmeckt“, sagt Gaetano Minzera. Die Minzeras versuchen, die Preise im Rahmen zu halten, ihnen ist klar, dass bei vielen Menschen das Geld nicht mehr so locker sitzt. &bdquo;Wenn ich im Fast-Food-Restaurant wirklich satt werden möchte, muss ich aber auch 20 Euro ausgeben. Das bedenken viele nicht“, sagt der in Heidelberg geborene Alessandro Minzera. &bdquo;Zudem ist hier bei uns das Ambiente besser“, ergänzt er. Der Aufenthalt in dem Restaurant fühle sich an wie &bdquo;ein Urlaub im Wohnzimmer“. Die Atmosphäre sei &bdquo;richtig heimelig“. In der Wintersaison wird das Bonacossa erst ab 17.30 Uhr öffnen, dafür gibt es aber auch - außer am Ruhetag am Donnerstag - bis 22.30 Uhr etwas zu essen. &bdquo;Um 19.30 Uhr die Küche schließen - das ließe sich mit der italienischen Mentalität nicht vereinbaren“, sagt Gaetano Minzera. Als man im Sommer bereits nachmittags geöffnet hatte, schauten auch gerne Gäste vorbei, die später am Abend zu einem Konzert in der OWL-Arena gingen. &bdquo;Ralf Weber ist ja auch Clubmitglied und schaut gerne vorbei. Er empfiehlt uns sogar seinen Gästen im Court Hotel“, sagt Gaetano Minzera. Kochduell mit dem Weltranglistenersten? Italiens Tennis-Superstar Jannik Sinner war allerdings noch nicht da, obwohl er im Sommer das Haller Tennisturnier gewann. &bdquo;Er ist ein ganz sympathischer Mensch, der sehr bodenständig geblieben ist“, sagt Gaetano Minzera. Obwohl, das muss er hinterherschicken, er ja gar kein &bdquo;richtiger Italiener“ ist, sondern aus Südtirol stammt. Für Minzera beginnt Italien erst südlich von Neapel, mit viel Wohlwollen auch schon in Rom. &bdquo;Sein Vater kommt immer mit und kocht für ihn. Er war auch hier in Halle mit dabei.“ Vielleicht kommt es ja im nächsten Jahr mal zum Kochduell: Sinners Hausmannskost gegen Minzeras mystischen Kohl - könnte ein enges Match werden.

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