
Es ist gut zwei Wochen her, als das Haller Krankenhaus gleich doppelt gute Nachrichten erreichten. Zum einen wurde nach einer positiven Vorentscheidung vom NRW-Gesundheitsministerium wie erwartet bestätigt, dass Geburtshilfe und Frauenheilkunde als Belegabteilungen vor Ort erhalten bleiben sollen. Und zum anderen sehen die Pläne aus Düsseldorf vor, auch das übrige medizinische Angebot in Halle weitestgehend unangetastet zu lassen.
Aufatmen war Mitte Juni bei den Verantwortlichen, aber auch bei den Menschen im Altkreis Halle, durchaus angebracht. Zwar wird der Konzern Klinikum Bielefeld, zu dem das Haller Krankenhaus gehört, den ein oder anderen Leistungsumfang in den kommenden Wochen und Monaten noch nachverhandeln wollen, doch steht zunächst einmal schon jetzt fest: Das Haller Krankenhaus bleibt als vollwertiger Anker der Gesundheitsversorgung für die Region bestehen. Und ist damit unantastbar?
Zunächst einmal gab es kurz nach dem Rückenwind aus Düsseldorf eine schlechte Nachricht für die heimische Krankenhauslandschaft: Die Niels-Stensen-Kliniken in Melle schließen ihre Stationen für Geburtshilfe und Gynäkologie endgültig, nachdem die Abteilungen 2023 schon vorübergehend zu waren. Das hat natürlich nichts mit der NRW-Krankenhausreform zu tun - doch der Grund für diese Entscheidung sollte auch die Verantwortlichen in Halle und Bielefeld wachsam bleiben lassen: Die Meller haben aufgrund des Fachkräftemangels schlicht keine Ärzte gefunden, um den Betrieb dauerhaft aufrechtzuerhalten.
Meller Aus könnte Haller Geburtshilfe zunächst stärken
Zwar sind die Haller Geburtshilfe und die Frauenheilkunde als Belegabteilungen seit Jahren effizient und offenbar auch wirtschaftlich erfolgreich organisiert. Doch das Problem des Personalmangels gerade an ländlichen Krankenhausstandorten könnte auch für das heimische Klinikum eine der großen Herausforderungen der Zukunft werden.
So zynisch es klingt: Kurzfristig könnte das Meller Haus den Haller Standort sogar weiter stärken. Das NRW-Gesundheitsministerium setzt für das heimische Krankenhaus aktuell nur 370 Geburten jährlich an, 450 hatten die Haller gemeldet - ein Punkt, an dem sich die Krankenkassen in den Verhandlungen zum Krankenhausplan zuletzt immer wieder gerieben hatten. Für sie gelten 500 Geburten als Untergrenze. Und so gilt: Auch wenn die Abteilung nun zunächst einmal gesichert ist - zusätzliche Mütter aus Niedersachsen, die nach Halle kommen, dürften das Angebot weiter festigen.
Doch der Umbruch im Krankenhauswesen ist damit noch lange nicht abgeschlossen. Und all ihre grundsätzlichen Probleme sind die heimischen Häuser schon gar nicht los. Das verdeutlichen die gewaltigen Summen, welche die Städte Bielefeld und Halle als Trägerkommunen jetzt in den Krankenhauskonzern Klinikum Bielefeld stecken müssen: 18,9 Millionen Euro aus dem heimischen Oberzentrum und noch einmal knapp 2,1 Millionen Euro aus der Lindenstadt müssen fließen, um die Liquiditätslücke zu schließen. Teure, aber notwendige Investitionen, hohe Zinsbelastungen - das Klinikum mit seinen drei Standorten steht wirtschaftlich mächtig unter Druck. Und wenn es diese Probleme nicht lösen kann, stehen mittelfristig womöglich wieder Leistungen, Abteilungen und die gesamte Struktur von einzelnen Häusern zur Debatte.
Kommunen müssen Millionen in ihre Krankenhäuser pumpen
Wobei die aktuelle Situation wieder deutlich macht, was falsch läuft im System der deutschen Gesundheitsversorgung: Die Kommunen als letztes Glied in der Kette müssen gewaltige Beträge in ihre Krankenhäuser vor Ort pumpen, um das medizinische Angebot zu sichern. Unterm Strich sind die Kliniken schlicht nicht auskömmlich finanziert. Dem soll die NRW-Krankenhausplanung nun entgegenwirken.
Aber hinter dieser erhebt sich längst ein gewaltiger Schatten: Die Krankenhausreform des Bundes, die Gesundheitsminister Karl Lauterbach angeschoben hat. Womöglich brechen dann neue Verteilungskämpfe und Debatten auf, wenn sich der Wirbel der aktuellen Reform gerade gelegt hat. Die Verantwortlichen in Bielefeld und Halle werden jedenfalls weiter gespannt verfolgen müssen, wie die Krankenhauslandschaft in den kommenden Jahren umgebaut wird. Und für die Menschen im Altkreis Halle heißt das: Auch künftig könnte es wieder nötig werden, für ihr Krankenhaus zu kämpfen und notfalls auf die Straße zu gehen.