Protest-Sturm gegen das geplante Mega-Windkraftprojekt in Halle

Halle. Die Bürgerinitiative Barrelpäule meldet sich erneut zu Wort. In einer Stellungnahme an die Stadt Halle macht sie ihren Standpunkt zur Errichtung von sechs Windkraftanlagen in Kölkebeck, Bokel und Hörste deutlich. Mit diesem Projekt werde die Windkraft mit der Brechstange und ohne Rücksicht auf die Natur vorangetrieben, heißt es dort abschließend. Exemplarisch greift die Bürgerinitiative die Situation für drei geplante Windkrafträder in der Barrelpäule heraus, betont dabei jedoch, dass viele der genannten Kritikpunkte auch auf die übrigen Windradstandorte zutreffen würden. Aus Sicht der Bürgerinitiative liegen die drei geplanten Anlagen in einem sogenannten Naturschutzgebiet &bdquo;Barrelpäule/Hörster Feuchtwiesen“. Ein solches Gebiet mit diesem Namen existiert nicht. Tatsächlich liegen die Standorte der drei Anlagen in einem etwa 700 Meter breiten Korridor, der die Naturschutzgebiete Barrelpäule und Hörster Feuchtwiesen voneinander trennt. Die Bürgerinitiative argumentiert jedoch, dass es sich aufgrund der räumlichen Nähe und der damit verbundenen Interaktionen in Wirklichkeit um ein großes Naturschutzgebiet handle, was die Errichtung von Windkraftanlagen dort verbieten würde. Auswirkungen auf den Naturraum Detailliert setzt sich die Initiative auf der mehr als 40 Seiten umfassenden Stellungnahme mit den möglichen Auswirkungen der Bauvorhaben auf die Umwelt auseinander. Für den Aufbau der 200 und 250 Meter hohen Windräder sei ein enormer Platzbedarf an Stellflächen und auch für die Zufahrtsstraßen notwendig. Diese Flächen müssten entsprechend eingeebnet und verdichtet werden. Dadurch sei mit erheblichen Einschnitten in die Natur zu rechnen. Die Initiative nennt insbesondere die notwendige Grundwasserabsenkung und umfangreiche Fällarbeiten mit ihren &bdquo;gravierenden Auswirkungen auf Flora und Fauna“. Als bedeutsamer Rast- und Brutplatz für Vogelarten wie Rotmilan, Schwarzspecht oder Uhu seien die Gebiete besonders schützenswert. Kai Bußmann, Sprecher der Initiative, bezeichnet das Projekt daher sogar als &bdquo;groben Unfug“. Das sagen die Stadtwerke Münster Die Stadtwerke Münster erklären hingegen, man nehme für etwaige Vorhaben nur Flächen ins Visier, auf denen eine Planung grundsätzlich möglich sei. &bdquo;Das ist bei den Flächen in Halle der Fall, auch wenn sie sich in der Nähe von Naturschutzgebieten und Fauna-Flora-Habitat-Gebieten befinden“, antwortete Unternehmenssprecherin Juliette Polenz. Bezüglich der möglichen Gefährdung schützenswerter Vogelarten schreibt das Unternehmen: &bdquo;Ab Januar laufen die Kartierungen für das Artenschutzgutachten, das wir für den Genehmigungsantrag bei der zuständigen Aufsichtsbehörde benötigen. Über ein Jahr werden sämtliche dort lebende Vogelarten gescreent, sodass im Anschluss faktenbasiert beurteilt werden kann, ob dort Arten leben, mit denen sich Planungen für Windenergieanlagen nicht vereinbaren lassen.“ Generell gebe es aber immer Spielräume, etwa durch bestimmte Abschaltzeiten der Windenergieanlagen oder durch die Schaffung von Ausgleichsflächen. Letzteres bedeutet, dass man in der Nähe der betroffenen Gebiete Flächen entwickelt, die so attraktiv für die Vögel sind, dass sie ihre Nist- und Rastplätze dorthin verlegen. Umweltschützer halten es für nicht vertretbar Bernhard Walter hält nichts von derartigen Plänen. &bdquo;Das funktioniert eben nicht oder nur auf dem Papier“, sagt der Leiter der Biostation Gütersloh/Bielefeld. &bdquo;Man kann einem Brachvogel nicht einfach sagen, er solle bitte woanders brüten. Außerdem haben wir diese Flächen nicht auf die wir ausweichen könnten.“ Walter ist der Auffassung, es sei nicht vertretbar, Windkraftanlagen in direkter Nähe &bdquo;unserer wichtigsten Schutzgebiete“ zu errichten. &bdquo;Wir bauen sie genau dort, wo kreisweit und darüber hinaus unsere besten Flächen für Wiesenvögel sind“, sagt der Naturschutzexperte. &bdquo;Derzeit sind beispielsweise arktische Gänse zu Gast. Sie fliegen ständig in großen Gruppen zwischen dem Versmolder Bruch und den Barrelpäulen hin und her und überqueren dabei genau das Gebiet, wo die Anlagen geplant sind. Da macht es keinen Unterschied, ob die im oder am Naturschutzgebiet stehen. Die Vögel gehen schließlich nicht zu Fuß“, sagt Walter. Windkraft ist von überragendem öffentlichen Interesse Damit skizziert er den Konflikt zwischen Naturschutz und Windkraft, der überall dort, wo derzeit neue Anlagen geplant werden, Gegenstand der Abwägungen ist. Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung das Erneuerbare-Energie-Gesetz geändert. Im Paragraph 2 heißt es seitdem: &bdquo;Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.“ Bedeutet das, dass alle anderen Interessen sich dem unterordnen müssen? Reinhard Engel ist Rechtsanwalt. Seit 1999 liegt sein Schwerpunkt auf der Beratung und rechtlichen Begleitung beim Bau von Windkraft- und Solaranlagen. Engel lebt in Eggeberg und ist dort beratend in der Bürgerinitiative tätig, die sich gegen den Bau von Windkraftanlagen auf der Haller Egge positioniert. &bdquo;Durch die neue Gesetzgebung hat sich die Waage bei der Abwägung unterschiedlicher Schutzgüter zugunsten der Windkraft geneigt. Das bedeutet allerdings nicht, dass Naturschutzinteressen nicht mehr berücksichtigt werden“, sagt der 64-Jährige. Bezüglich des Projektes in Kölkebeck, Bokel und Hörste hat er eine klare Meinung. &bdquo;Ich sehe dafür nur äußerst geringe Realisationschancen“, sagt er und fügt hinzu: &bdquo;Ich kenne keinen Planer, der angesichts der zu erwartenden großen Konflikte dieses Gebiet anfassen würde.“ Die Einhaltung des Abstands zu den Anwohnern sei hier nur ein Kriterium. &bdquo;Flora und Fauna sind ein ebenso großes Gegengewicht“, sagt Engel. Der Initiator Christian Wieda Für Spekulationen sorgt zudem die Rolle von Grünen-Ratsherr Christian Wieda. Er trat im Frühjahr vergangenen Jahres seine Arbeitsstelle bei den Stadtwerken Münster an und sorgte maßgeblich dafür, dass das Energieunternehmen das Windprojekt in Halle auf seine Agenda setzte. Was von wohlwollenden Zeitgenossen als &bdquo;glückliche Verbindung für Halle“ gesehen wird, betrachtet die Bürgerinitiative mit Argwohn und vermutet persönliche Interessen. Dem widersprechen die Stadtwerke Münster und auch Christian Wieda jedoch entschieden. &bdquo;Christian Wieda betreut in seiner Funktion als Mitarbeiter der Stadtwerke Münster das Windenergie-Vorhaben in Halle. Damit es zu keinen Interessenskonflikten im Zusammenhang mit seinen Tätigkeiten als Ratsherr und als Aufsichtsratsmitglied der Technischen Werke Osning kommt, enthält er sich bei allen Abstimmungen im Rat und im Aufsichtsrat, die das Projekt betreffen“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme. Auch intern stellten die Stadtwerke Münster sicher, dass es zu keinen Interessenkonflikten kommt. &bdquo;Als öffentliches Unternehmen legen wir viel Wert auf ein integres und rechtskonformes Verhalten unserer Mitarbeitenden. Umfangreiche Compliance-Richtlinien sollen das sicherstellen und sind fest in der Unternehmenskultur verankert“, erklärte Juliette Polenz. Auch die Einstellung von Christian Wieda habe nichts mit dem Windkraftvorhaben in Halle zu tun. &bdquo;Er hat sich nicht mit diesem Projekt bei uns beworben, und wir haben auch keine Stelle für ihn geschaffen. Er hat sich auf eine offene, ausgeschriebene Stelle beworben, und seine Qualifikationen haben den Ausschlag gegeben“, stellt die Pressesprecherin klar.

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