Geplante Windräder in Halle erhitzen die Gemüter - Bürger machen Druck

Halle. Der Gegenwind, er kam am Mittwochabend aus Kölkebeck, aus Hörste und aus der Suttheide. Und er blies aus der Richtung zahlreicher Bürger, die sich mit dem ambitionierten Großprojekt der Stadtwerke Münster in Halle so gar nicht anfreunden können. Windkraft am Rand von Naturschutzgebieten, das sorgt vor allem bei den Anliegern für Empörung. Bürgermeister beruhigt Haller Anlieger Bürgermeister Thomas Tappe setzte im Haupt- und Finanzausschuss in seinem Statement zum Auftakt zunächst einmal auf Beruhigung: &bdquo;Bislang gibt es eine Planungsidee, wir befinden uns in einem sehr frühen Stadium. Die naturschutzfachlichen Untersuchungen beginnen erst im nächsten Jahr.“ Keinesfalls sei schon alles beschlossen, wie verschiedentlich kolportiert werde, betonte der Verwaltungschef. &bdquo;Die Anlieger werden nach den Untersuchungen beteiligt - natürlich nur, wenn es dann überhaupt ein Projekt gibt.“ Es gebe aus Sicht der Betroffenen gute Gründe, die Anlagen abzulehnen, sagte Tappe und versprach: &bdquo;Wir werden eine objektive Prüfung vornehmen.“ Sechs Windräder für 60 Millionen Euro Was die Stadtwerke Münster in Halle vorhaben, skizzierte Maximilian Wolf, Teamleiter Erneuerbare Energien beim Versorger, in der Sitzung. Wie berichtet will das Energieunternehmen sechs Windräder in Hörste und Kölkebeck bauen, diese sollen insgesamt 77 Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom jährlich produzieren. Die Investitionssumme könnte bei 60 Millionen Euro liegen. Bald 68 Prozent regenerative Erzeugung? 17 eigene Windkraftanlagen betreiben die Stadtwerke Münster, 23 weitere seien aktuell in der Projektierung oder im Genehmigungsverfahren. Mit den bisherigen drei Anlagen auf Haller Gebiet würden fünf Prozent des städtischen Strombedarfs erzeugt. Insgesamt kämen 20 Prozent aus regenerativer Erzeugung. &bdquo;Mit den neuen geplanten Anlagen stiege dieser Anteil auf 68 Prozent, 55 Prozent des Haller Stroms kämen dann aus Windkraft“, erklärte Wolf. Windräder am Horizont als Verniedlichung kritisiert Der Planer stellte die geplanten Projekte dann im Detail vor. So ist am Standort &bdquo;Hörste-Ost“ in 400 Metern Abstand zur nächsten Wohnbebauung eine 200 Meter hohe Anlage geplant, die rund 12 Millionen kWh jährlich produzieren soll. Die gleichen Dimensionen und Abstände hat eine Anlage in &bdquo;Hörste-West“. Wolf hatte montierte Ansichten mitgebracht, die einen Blick auf die zu bauenden Anlagen aus verschiedenen Perspektiven von den nächsten Straßen aus ermöglichen sollten. Stets war die Anlage dabei relativ weit weg am Horizont zu sehen. Das wiederum empfanden einige Anlieger als Verniedlichung. Zwei mal 250 Meter geplant An der Suttheide wiederum könnte mit 500 Metern Abstand eine 250 Meter hohe Anlage entstehen, die rund 14,6 Millionen kWh jährlich produzieren würde, ähnliche Dimensionen und Leistungswerte hätte eine große Variante am Fleerweg. &bdquo;Nur“ 200 Meter sind wiederum an der Barrelpäule-Nord in Kölkebeck und an der Voßheide geplant. Naturschutz und Windkraft sollen funktionieren Maximilian Wolf nahm die Bedenken, die ihm wenig später massiv entgegenschlagen würden, schon in seiner Vorstellung auf: &bdquo;Die Anlagen-Standorte grenzen an Naturschutzgebiete. Sollten bei den Untersuchungen schützenswerte Arten gefunden werden, wird es darum gehen, dafür die entsprechenden Maßnahmen zu treffen.“ Botschaft: Naturschutz und Windkraft sind sehr wohl vereinbar. Zumal die Stadt Halle mit den sechs Anlagen ihre Klimaschutzziele deutlich früher als 2050 erreiche. Zahlungen an die Kommunen Dann listete der Planer weitere Vorteile für die Stadt Halle auf, die von städtebaulichen Verträgen (3.000 Euro je Anlage und Jahr) und einem Nutzungsvertrag für eine Fläche nördlich des Naturschutzgebietes Barrelpäule (18.000 Euro jährlich) sowie zusätzlichen Gewerbesteuern profitieren könne (20.000 Euro jährlich). Wobei die Beträge mit Blick auf den städtischen Haushalt doch überschaubar bleiben würden - ebenso wie die Beteiligung der im Umkreis liegenden Kommunen an der Erzeugung. Hier würde Halle immerhin mit 125.000 Euro jährlich profitieren. Wie Bürger beteiligt werden Entscheidender für die Realisierbarkeit des Projektes dürfte vielmehr sein, ob es den Verantwortlichen gelingt, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen. Hier setzt Wolf vor allem auf Beteiligungsmodelle. Wie berichtet würden die Stadtwerke Münster bei Umsetzung zwei der sechs Windräder an eine Betreibergesellschaft verkaufen, die gemeinsam von den Technischen Werken Osning (TWO) und einer Bürger-Energiegenossenschaft betrieben werden könnten. &bdquo;Wir gehen in Vorleistung, planen und bauen die Anlagen und würden sie dann zum Selbstkostenpreis plus einem Aufschlag von 500.000 Euro abgeben“, so Wolf. Bürger könnten sich dann beteiligen und über ihre Anteile profitieren. Pachtverträge mit Flächenbesitzern Klar ist zudem, dass Landwirte Flächenpachten erhalten werden - hier haben die Stadtwerke Münster bereits Einigungen erzielt. Was wiederum bei manchen Anliegern den Eindruck verstärkte, dass vieles schon ausgemacht sei. Anwohner innerhalb des dreifachen Höhenabstandes zum Windrad sollen zudem Nachbarschaftsgeld kassieren. So könnte es weitergehen Die politischen Beratungen sind jetzt gestartet, bis Mitte 2025 sollen Projektierung und Genehmigungsverfahren abgeschlossen sein, wo auch Schall- und Immissionsschutz sowie Schattenwurf und Standsicherheit geprüft werden. Dann könnten die Parameter des Projektes festgelegt und Gesellschaften gegründet werden - liefe aus Sicht der Stadtwerke Münster alles optimal, würden die Anlagen Ende 2026 in Betrieb genommen. Nachbarn befürchten massive Industrieanlagen Aus Sicht zahlreicher Anlieger wäre optimal indes ganz anders. Sie hatten kritische Fragen. So wie Matthias Wach aus Hörste: &bdquo;Dieses Projekt wird romantisch verklärt dargestellt. Das sind bis zu 250 Meter hohe Industrieanlagen. Warum baut man an Rand von Naturschutzgebieten - zumal die Biotope auch vernetzt sind?“ Wach kritisierte, dass es urbaner geprägte Bereiche am Ravenna-Park entlang der A33 gebe, die sich für solche Standort besser eigneten. &bdquo;Wir orientieren uns an den Vorgaben des Gesetzgebers. Und da sind Anlagen nur im Außenbereich möglich“, entgegnete Wolf. Der Ausbau der Windkraft stelle nun einmal ein &bdquo;überragendes öffentliches Interesse“ dar. Weitere Windkraft-Projekte im Gespräch Dann ließ Wolf einen pikanten Nachsatz folgen: &bdquo;Unsere Analysen haben ergeben, dass auch in Gewerbegebieten Potenzial vorhanden ist. Doch dort gibt es schon Bestrebungen von Unternehmen.“ Was im Umkehrschluss bedeutet, dass neben dem Stadtwerke-Projekt und dem Vorhaben auf der Egge auch an anderer Stelle in Halle über Windkraft nachgedacht wird. Warum nicht Haller Ravenna-Park? Auch die Bürgerinitiative Barrelpäule meldete sich zu Wort - sie hatte bereits im Vorfeld betont, notfalls den Klageweg gegen das Projekt zu beschreiten. &bdquo;Sie sind bereit, einen neuen Bebauungsplan für Windkraft aufzustellen - aber nicht, den bestehenden im Ravenna-Park dafür zu ändern“, kritisierte Eckhard Preuss, einer der Sprecher, die Verwaltung. Bürgermeister fordert generellen Blick &bdquo;Es wird nicht ausreichen, im Ravenna-Park tätig zu werden. Zudem prüfen dort die, denen die Flächen gehören“, antwortete Thomas Tappe. &bdquo;Die Frage ist doch: Mit welchem Blick schauen wir auf die Energiewende? Wir wollten die Kernkraft abschaffen, jetzt brauchen wir Ersatz. Keiner hat ein Interesse, die Landschaft zu stören.“ Man könne doch nicht die Energiewende begrüßen, sie aber dann &bdquo;nicht vor unserer Haustür“ wollen. Vom Projekt überrumpelt Kai Bußmann von der Bürgerinitiative Barrelpäule kritisierte die Informationspolitik: &bdquo;Ich habe von den Plänen aus der Zeitung erfahren und hatte dann nachmittags Post von den Stadtwerken Münster im Briefkasten.“ Und eine lohnenswerte Beteiligung an solchen Projekten sei nur denen möglich, die schon das nötige Geld hätten. Bürgerversammlung im August 2024 Nach dem so intensiven wie emotionalen Austausch folgte die politische Beratung. Und hier ging es schließlich um eine Formulierung: &bdquo;Den Planungsüberlegungen wird im Grundsatz zugestimmt.“ Dem wollte Karl-Heinz Wöstmann für die UWG nicht folgen: &bdquo;Wir müssen die Interessen der Haller berücksichtigen. Das geht uns zu weit, wir wollen erst die Prüfung abwarten.“ Die übrigen Fraktionen sahen den Beschlussvorschlag indes als Prüfauftrag. Gegen die UWG wurde dieser Teil des Beschlusses verabschiedet. Einstimmig entschied der Ausschuss dann, die weiteren Schritte des Verfahrens einzuleiten. Womöglich im August 2024 könnte es eine erste größere Informationsveranstaltung für Bürger geben.

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