Fast-Zusammenstöße und Staus: So lief der Start des Haller Verkehrsversuchs

Halle. Viele Autofahrer schütteln den Kopf, als sie den Wald aus rot-weißen Markierungsbaken sehen. Die Feuerwehr befürchtet, dass ihre Einsatzkräfte durch die Tempo-30-Begrenzunmg nicht mehr rechtzeitiug das Gerätehaus erreichen. Die Anwohner indes hoffen nun auf eine Verbesserung der Situation. Am Montag hat der bislang flächenmäßig größte Verkehrsversuch in der Haller Innenstadt begonnen. Nach dem einstimmigen politischen Beschluss wird in der südwestlichen Innenstadt für sechs Monate getestet, welche Auswirkungen eine flächendeckende Tempo-30-Zone zwischen Alleestraße, Klingenhagen, Mönch- und Moltkestraße haben wird. Carsten Gausmann vom Bauhof der Stadt Halle schraubt in der Molkestraße an der Einmündung Roonstraße gerade ein Kreuzungsschild an. Ab sofort gilt hier rechts vor links. Eine zwangsläufige Folge der Zone-30-Regelung. An diesem Vormittag sind jedoch noch nicht alle Autofahrenden damit vertraut oder ignorieren sie schlichtweg. Ein roter VW-Golf rauscht mit geschätztem Tempo 60 vorbei. Den Blick starr nach vorn gerichtet, den vorfahrtsberechtigten rechts aus dem Samlandweg kommenden Volvo ignorierend, gilt für den Fahrer offensichtlich: Wo einmal Vorfahrt war, ist immer Vorfahrt. Anwohner Ünal Mert kann davon ein Lied singen. Er wohnt seit fünf Jahren mit seiner Familie an der Ecke Samlandweg/Moltekestraße. &bdquo;Das ist richtig, was sie jetzt hier machen“, sagt er und fügt hinzu: &bdquo;Viele fahren wie die Verrückten. Viel zu schnell.“ Dazu lädt die großzügig ausgebaute Moltkestraße geradezu ein. &bdquo;Ich habe kleine Enkelkinder. Wenn sie auf dem Hof sind, habe ich immer Angst, dass etwas passieren könnte“, sagt Ünal Mert. Auch aus diesem Grund ist die Hofeinfahrt mit einem großen Tor gesichert. Manche erproben ihre Slalomkünste Zehn mit rot-weißen Baken markierte Einengungen signalisieren, wo später möglicherweise Versickerungsbeete entstehen werden. An diesem Montag allerdings fühlen sich viele Autofahrenden dadurch nicht zur Temporeduzierung aufgefordert sondern zur Erprobung ihrer Slalomkünste inspiriert. Kurz hinter der Ampel zur Alleestraße führt das beinahe zum Crash. Ein BMW fährt schnittig um die erste Einengung mit dem Schild &bdquo;Verkehrsversuch 30 Zone“ herum und nimmt einem entgegenkommenden Polo forsch die Vorfahrt. In der Mönchstraße staut sich zeitweise der Verkehr. Vor allem, nachdem sich die Bahnschranken geöffnet haben. &bdquo;Warum stehen hier so viele Schilder“, will ein Junge wissen, der mit seiner Mutter auf dem Rad in Richtung Winnebrockstraße unterwegs ist. Statt langer Erklärungen sagt sie nur. &bdquo;Vorsichtig, hier ist jetzt rechts vor links. Autos von rechts haben Vorfahrt.“ Ein kurzer Blick rechts in den Klingenhagen, wo ein Pkw wartet. Der etwa achtfährige Junge bremst und steigt ab. Alle Achtung, gelernt ist gelernt. "Die Bereiche sind überdimensioniert" &bdquo;Ich bin mal gespannt., wie zukünftig die großen Zuggespanne der Spedition Wellmeier aus der Mönchstraße um die Ecke in die Moltestraße kommen werden“, fragt sich Herbert Piel. Er hat lange hier gelebt und schaut am Montag interessiert auf das Geschehen im rot-weißen Schilderwald. Der scheint teilweise ein wenig großzügig angelegt. Das findet auch Anwohnerin Sabine Oelze. Sie gehört der Initiative an, die sich seit langem für Tempo-30 auf der Moltkestraßeeinsetzt. &bdquo;Wir sind alle froh darüber, dass es jetzt endlich passiert“, sagt sie. Allerdings seien die abgesteckten Bereiche überdimensioniert. &bdquo;Das ist in dieser Form sicher nicht notwendig und liefert nur Argumente für die Gegner des Versuches.“ Sechs Monate wird der Verkehrsversuch dauern. Dabei werden noch viele Fragen zu beantworten sein.

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