Halle. Gerry Weber kämpft in der Corona-Krise nun endgültig ums Überleben. Der Konzern hat jetzt ein Rettungskonzept vorgelegt, das auf vier Säulen basiert. Es müssen nicht nur massiv Arbeitsplätze abgebaut werden, der Modehersteller ist auch vom Entgegenkommen seiner Gläubiger abhängig.
„Wir haben sehr frühzeitig in den vergangenen Wochen ein umfangreiches Zukunftskonzept erarbeitet, das von allen Beteiligten schmerzhafte Beiträge zur Bewältigung dieser nie dagewesenen Krise abverlangt", sagt Florian Frank, Mitglied des Vorstands der Gerry Weber International AG und Chief Restructuring Officer (CRO). Unter Hochdruck sei das Rettungspaket geschnürt worden, das zum ersten den nächsten tiefen Einschnitt bei den Mitarbeitern vorsieht: Mehr als 200 Arbeitsplätze sollen wegfallen. Zudem habe man mit Geschäftspartnern und Lieferanten Verträge neuverhandelt, teilt das Management mit. "Mit dem Ziel, die Liquidität des Unternehmens zu sichern", heißt es in der Pressemitteilung.
Dritter Baustein der Rettung sind die drei Finanzinvestoren, die den Konzern übernommen haben: Sie haben zugesagt, "ebenfalls erhebliche Beiträge zu leisten", was heißt, dass sie die Betriebsmittellinie aufstocken werden. Schließlich ist Gerry Weber auf einen Großteil seiner ehemaligen Insolvenzgläubiger zugegangen und bittet darum, Außenstände zum Teil vorübergehend zu stunden. Dabei geht es um 35 Prozent ihrer Forderungen, auf welche die Partner bis zum 31. Dezember 2023 verzichten sollen, ehe Gerry Weber nachzahlt.
Im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie waren nahezu alle Verkaufsflächen des Unternehmens ab Mitte März auf behördliche Anweisung hin geschlossen worden. Gerry Weber beziffert den "unwiederbringlichen Umsatzausfall" auf deutlich mehr als 100 Millionen Euro. „Im Kontext aller Maßnahmen, die wir aktuell ergreifen, um Gerry Weber zu retten, ist die erneute Reduzierung der Belegschaft die mit Abstand bitterste, und es fällt uns unglaublich schwer, diesen Schritt zu gehen", kommentierte der Vorstandsvorsitzende Alexander Gedat die Entscheidungen. „Leider ist der Schritt unabdingbar, wenn wir die verbleibenden Arbeitsplätze erhalten wollen."
Die aktuelle Entwicklung nach der Wiedereröffnung der Geschäfte zeige indes, dass es sich lohne, um die Zukunft zu kämpfen: Die Umsätze zögen sukzessive an und der Umsatz pro Kundin liege sogar höher als vor der Corona-Krise. "Zwar haben wir noch nicht das Umsatzniveau vor der Krise erreicht, aber im Januar und Februar lagen wir deutlich über Plan", so Gedat.