Borgholzhausens Bürgermeister geht baden – und will Kurs halten

Borgholzhausen. Tieffliegende Wolken sind in der Nacht über NRW gezogen. Das sagt der Wetterdienst im Radio. Eine Handvoll Borgholzhausener und Borgholzhausenerinnen stört das wenig. Sie sind zum Frühschwimmen ins Piumer Freibad gekommen. Um 7.45 Uhr erscheint auch der &bdquo;Boss“. Also, der Boss der Stadt: Bürgermeister Dirk Speckmann, der sich am 14. September zur Wiederwahl stellt. Ich habe meine Badehose bei diesem Interview der anderen Art nicht dabei. Aber kneifen gilt nicht. Schwimmmeister Lars Kattner greift tief in die Asservatenkiste und zieht ein kleidsames schwarzes Teil mit den drei Herzogenauracher Streifen heraus. Passt. Und sofort blüht der Flachs: &bdquo;Sieht doch gut aus“, sagt Speckmann. Im Wasser legt der Bürgermeister mit kräftigem Armzug vor. Schwimmen ist ihm zum Sport für den lädierten Rücken geworden. Auch sollen fünf Kilogramm runter. &bdquo;Dabei bin ich von Haus aus keine Wasserratte“, sagt Dirk Speckmann. Man kommt ins Plaudern. Über den Sommerurlaub, der sowohl den Bürgermeister als auch den HK-Redakteur in diesem Jahr in die Normandie führte. Es geht um die Tour de France, die landschaftlichen Vorzüge der Region, um die Landung der Alliierten im Juni 1944. Die Bahnen lassen sich leicht zurücklegen. Das Freibad ist an diesem Dienstagmorgen nicht ganz so voll. &bdquo;Sonst ist das hier oft ein ganz schöner Zickzack-Kurs“, sagt Speckmann. Rückenschwimmer Dirk Speckmann muss in Borgholzhausen keinen Mitbewerber fürchten Der Bürgermeister schlägt nach einigen Bahnen in Rückenlage beim Startblock an. Ich habe das Becken mittlerweile verlassen, aber ganz gut mitgehalten. Im Gegensatz dazu muss Dirk Speckmann am 14. September keine Konkurrenz fürchten. Er ist alleiniger Bewerber um das Bürgermeisteramt. &bdquo;Ich brauche trotzdem die Mehrheit der Stimmen“, sagt er. Daher unterscheide sich der Wahlkampf nicht so sehr von denen der Jahre 2015 (als er einen Gegenkandidaten hatte) und 2020 (als er auch schon allein antrat). &bdquo;Ich versuche, in Kontakt mit den Menschen zu treten, das ist immer das Wichtigste und das Schönste am Wahlkampf“, sagt Dirk Speckmann. Am vergangenen Samstag hat er zwei Stunden am Edeka in Borgholzhausen gestanden, hat Flyer und Kugelschreiber unters Wahlvolk gebracht. Der Bürgermeister bleibt noch etwas im Wasser, während ich mir am Beckenrand Notizen mache. &bdquo;Es hat sich viel getan in den vergangenen Jahren“, sagt Speckmann und stoppt die morgendlichen Bahnen fürs Interview. Das fange im Rathaus an, in dem er 2015 bei Amtsantritt der Fünftjüngste war. &bdquo;Wir haben den Generationenwechsel erfolgreich eingeleitet.“ Borgholzhausens Bürgermeister: &bdquo;Investitionsstau haben wir nicht“ Kürzlich ist er vom WDR nach dem Investitionsstau in den Kommunen gefragt worden. Speckmanns Antwort: &bdquo;Wir haben in Borgholzhausen keinen Investitionsstau.“ In die beiden Grundschulstandorte sei bei Digitalisierung, OGS und Lüftungsanlagen eine Menge Geld geflossen. Das Freibad sei durch das Bürgerzentrum nebenan ergänzt worden. Die Abwassertechnik in der Kläranlage beinhaltet mittlerweile die vierte Reinigungsstufe. &bdquo;Bei den Themenfeldern, die in unserer Verantwortung stehen, haben wir viel erreicht“, ist Speckmann überzeugt. Fördergelder und Gewerbesteuer hätten bei all dem eine große Rolle gespielt. Bei den Gewerbesteuern kommt die Rede unweigerlich auf Schüco. Sechs Jahrzehnte war das international agierende Unternehmen mit seinem Piumer Ableger eine &bdquo;Bank“ auf der städtischen Einnahmeseite. &bdquo;Borgholzhausen sähe ohne die Firma Schüco heute anders aus“, ist der Bürgermeister überzeugt. Doch die Zeiten haben sich geändert. Als Arbeitgeber spielt der Fensterbauer keine große Rolle mehr im Ort. Ein Investor hat im Februar den Piumer Standort übernommen und richtet sich gerade neu aus, Schüco selbst unterhält nur noch ein kleines Werk in Pium. Umso wichtiger ist es aus Sicht des Bürgermeisters, dass andere Firmen in die Bresche springen. Heimische &bdquo;Spieler“ wie Bostik, Fetra, Nagel oder Westfalia hätten unter anderem auch durch das Interkommunale Gewerbegebiet die Chance zum Wachstum erhalten. Es gebe einige Firmen in Borgholzhausen, die qualifizierte Arbeitskräfte suchten. Borgholzhausens Rathauschef bricht Lanze für das Ehrenamt video-js.video-js.vjs-fluid:not(.vjs-audio-only-mode) { padding-top: 177.7778%; } Dirk Speckmann ist jetzt ganz Wahlkämpfer, auch ohne Mitbewerber. Doch egal, wie heiß er sich redet – ohne Bewegung wird es langsam kalt im Wasser. Umgezogen und frisch geföhnt, bricht der Rathauschef eine Lanze für das Ehrenamt. &bdquo;Nicht alles können Staat oder Stadt leisten.“ Immerhin aber könne die öffentliche Hand unterstützen. Der Verkehrsverein und der Stadtsportverband erhalten jeweils 15.000 Euro pro Jahr, beschäftigen beide einen Minijobber. &bdquo;Bei den Summen, über die wir sonst reden, ist das nicht viel“, sagt Speckmann. 2,5 Millionen Euro etwa kostete das Bürgerzentrum, das jährliche Defizit des Freibads liegt bei mehr als 100.000 Euro. Sonderfall Borgholzhausen: Wo der Bürgermeister alleine zur Wahl steht In fünf Jahren, am Ende der nächsten Ratsperiode, wird selbst den beschaulichen Violenbach am Freibad viel Wasser hinuntergeflossen sein. Die Herausforderungen werden für Dirk Speckmann im Falle einer Wiederwahl vielfältig sein. &bdquo;Ein großes Thema sind die beiden Feuerwehrgerätehäuser, besonders das am Bahnhof.“ Hier stünden die größten Investitionen für Borgholzhausen seit mehreren Jahrzehnten an. &bdquo;Für 2,5 Millionen Euro, wie beim Bürgerzentrum, bekommen wir kein Gerätehaus“, macht Speckmann klar. Zudem werde die Straßeninfrastruktur die Verwaltung und die Politik beschäftigen. Viele Straßen in Borgholzhausen sind in den 1970ern asphaltiert worden und kommen mittlerweile in die Jahre. Über die Stadtgrenze hinaus bewegt Dirk Speckmann ein weiterer Punkt. Die gesellschaftliche Entwicklung gelte es, im Auge zu behalten. &bdquo;Demokratie müssen wir uns immer aufs Neue erarbeiten“, ist der Borgholzhausener Bürgermeister überzeugt – und unter Beweis stellen, dass sie funktioniert. Disteln wuchern in Borgholzhausen: Bürgermeister hat Lösung im Gepäck Dann schwingt sich der Bürgermeister aufs E-Bike, das er vor dem Eingang abgestellt hat. Dass es jetzt schon 10.000 Besucher und Besucherinnen in der Freibadsaison sind, freut ihn. Um 10 Uhr wartet der nächste Termin. Eine Anwohnerin beschwert sich über den Zustand eines Biotops in ihrer Nachbarschaft. Die Disteln wuchern. Speckmann wird hinfahren und sich die Sache anschauen. Ist das Alltagsgeschäft für einen Bürgermeister? &bdquo;In einer kleinen Kommune geht das, das ist der Vorteil“, sagt Speckmann. In einer Stadt wie Gütersloh würde sich der Verwaltungschef wohl in einem solchen Fall nicht vor Ort blicken lassen. Eine Lösung für das Problem hat der Bürgermeister auch im Gepäck: &bdquo;Wir werden wohl mähen.“ Aktuelle Nachrichten bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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