Borgholzhausens Bürgermeister: „Ich darf auch mal einen raushauen“

Borgholzhausen. Der Bürgermeister von Borgholzhausen arbeitet auf einer Baustelle. Seit Mai dieses Jahres wird das Rathaus in drei Hauptabschnitten umgebaut - neuer Fahrstuhl inklusive. Dirk Speckmann streicht über die Fensterbank in seinem Büro. &bdquo;Es staubt ganz schön“, sagt er. Das Wortspiel gibt die Vorlage für den Einstieg ins Jahresinterview. Denn eine eigene berufliche Baustelle ist er schon beim letztjährigen HK-Gespräch angegangen. Herr Speckmann, bereits vor einem Jahr haben Sie angekündigt, im September 2025 wieder als Bürgermeister von Borgholzhausen kandidieren zu wollen. Was reizt Sie nach dann zehn Jahren weiterhin am Amt? Dirk Speckmann: Als gebürtiger Borgholzhausener liegt mir eine positive Entwicklung dieses Ortes sehr am Herzen. In diesem Amt hat man viele Möglichkeiten, Gutes auf den Weg zu bringen. Gemeinsam mit Rat und Verwaltung konnten wir viel bewegen, das möchte ich gerne fortsetzen. Zudem bin ich gerne im Kontakt mit Menschen und versuche zu helfen, wo es geht. Die frühe Kandidatur war ein bewusstes Signal, als Angebot der Kontinuität an die Wählerinnen und Wähler. Warum? Weil in der Welt um uns herum, aber auch vor Ort vieles im Wandel ist. Das macht auch vor dem Rathaus nicht halt, wir haben derzeit zahlreiche personelle Wechsel - teils geplant durch Ruhestand und teils überraschend. Daher können und müssen wir so manche Stelle neu besetzen. 2020 gab es keinen Gegenkandidaten oder eine Gegenkandidatin. Rechnen Sie 2025 mit Konkurrenz? Ja, auch wenn sich bisher noch niemand geoutet hat. Damit die Bürger und Bürgerinnen eine Wahl hätten, wäre das auch gut. Dass es 2020 keine Konkurrenz gab und parteiübergreifend Zufriedenheit mit meiner Arbeit geäußert wurde, habe ich als Kompliment und als Bestätigung meines konsensorientierten Stils aufgenommen. Aber da man es nicht allen recht machen kann, gab es damals ja durchaus einige Nein-Stimmen (Speckmann wurde 2020 mit 68 Prozent der Stimmen wiedergewählt, Anm. der Red.). Keine Nein-Stimmen gab es bei der Verabschiedung des Haushaltes vor einigen Tagen. Ist das ein Erfolg Ihres Stils? Es ist das Ergebnis guter sachlicher Beratungen, in der über jede Anregung und jeden Änderungsvorschlag sehr intensiv und ernsthaft diskutiert wurde, egal, von welcher Fraktion er kam. Wir versuchen, als Verwaltungsvorstand unseren Teil dazu beizutragen. Aber es gab in den Haushaltsreden ja durchaus auch Kritik. Womit wir bei einem Thema wären, bei dem sie erst kürzlich angeeckt sind. Auf Facebook machten Sie ihrem Unmut über CDU, BU und FDP deutlich Luft, die zur Finanzierung der Feuerwehr im Hauptausschuss kurzfristig einen Gegenantrag zu dem der Verwaltung eingereicht hatten. Der Bürgermeister solle seine Affinität zu den Sozialen Medien überdenken, hieß es danach unter anderem. Haben Sie das getan? Ich glaube schon, dass in der heutigen Zeit eine gewisse Präsenz in den Sozialen Medien für einen Bürgermeister dazugehört. In der Regel bin ich da zurückhaltend, mit dem Fokus, die Menschen zu informieren. Bei der angesprochenen Ehrenamtssatzung war ich über das Vorgehen der drei Fraktionen wirklich angefressen. Da darf ich dann vielleicht auch mal einen &bdquo;raushauen“, habe aber im Nachgang meine zu scharfe Formulierung transparent zurückgenommen. Für mich ist das abgehakt, denn entscheidend ist der gefundene gute Kompromiss und damit die Stärkung dieses wichtigen Ehrenamts. So viel Engagement wie seitens der Feuerwehr muss doch Hoffnung machen. Was gibt Ihnen für 2025 Hoffnung? Die vielen engagierten Menschen, die weiterhin positiv in die Zukunft blicken und sich fürs Gemeinwesen einsetzen. Die sollten wir unterstützen und fördern. Am Ende profitiert die gesamte Gesellschaft. Es hat sich ja auch 2024 gezeigt, wie gut Ehrenamt funktioniert. Nennen Sie ein Beispiel. Die vier größten Sportvereine in Borgholzhausen haben eine Vereinsfusion hinbekommen, weil die passenden Personen in der Verantwortung erkannt haben, dass man Kräfte bündeln muss. Ich freue mich, dass die Finanzierung eines Geschäftsführers Sport beim Stadtsportverband durch die Stadt fortgesetzt wird. Die Fusion hätte es ohne diesen wohl nicht gegeben. Welche Menschen machen Ihnen noch Hoffnung? Der Verkehrsverein ist weiterhin sehr rührig. Er bekommt wie auch die Sportvereine zwar städtische Zuschüsse und Unterstützung, aber es geht immer noch sehr viel übers Ehrenamt. Ich kann noch viel mehr aufzählen: Kulturverein, Heimatverein, Stiftungen. Für diese Arbeit immer wieder neu Menschen zu begeistern, ist das Kernproblem. Aber nicht das einzige, oder? Es gibt natürlich auch Leute, die ihre Eigeninteressen stark in den Vordergrund stellen. Auch unser kleines städtisches Gemeinwesen ist immer wieder auf die Mitwirkung von Eigentümern angewiesen. Beispiele sind bessere Radwege, neue Brunnen oder die Entwicklung des Poppenburg-Geländes. In die Reihe gehört auch der Mobilfunkmast in Barnhausen. Der Politik wurde kürzlich kommuniziert, dass der wohl nicht kommt. Bleibt Barnhausen also der ungeliebte &bdquo;Weiße Fleck“ bei der mobilen Versorgung? Ich habe 2018 die Initiative ergriffen, mit der Telekom Kontakt aufgenommen und gefragt, ob man den großen unterversorgten Bereich in Barnhausen nicht mit einem neuen Funkmast ausstatten könne. Anfangs lief es positiv, es zeichnete sich ein guter Standort ab. Aber wegen Widerständen in der Nachbarschaft und dem daher bis heute nicht unterschriebenen Nutzungsvertrag wird die Telekom das Thema nicht weiter verfolgen. War es das endgültig? Ich sage es vorsichtig: Wir müssen schauen, ob es andere Ansätze geben kann. Der Funkmast kommt also erst einmal nicht, dafür kommen bald möglicherweise Windräder. Kaufen Sie Anteile der neuen Windrad-GbR, sobald das möglich ist? Als Stadt geht das rechtlich nicht, aber privat natürlich, ja. Die GbR verfolgt selbstredend wirtschaftliche Interessen. Ist sie darüber hinaus auch ein Zeichen für gesellschaftliches Engagement? Das genossenschaftliche Engagement der Eigentümer begrüße ich sehr. Wir haben als Stadt das Ziel, bilanziell CO2-neutral zu werden. Das wird ohne einige weitere Windräder im Stadtgebiet nicht möglich sein. Wind als Wirtschaftsfaktor. Die Wirtschaft allgemein ist in Borgholzhausen kräftig im Wandel. Worin zeigt sich der Strukturwandel? Im Süden der Stadt wachsen viele erfolgreiche Unternehmen und schaffen Arbeitsplätze. Dagegen steckt der örtliche Schüco-Standort mitten im Strukturwandel und hat auch nicht mehr die frühere Bedeutung für die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt. Müssen sich die Bürger und Bürgerinnen denn überhaupt sorgen um die Finanzlage der Stadt machen? Das Gespenst mit Namen &bdquo;Haushaltssicherung“ spukt ja immer mal wieder? Dank des guten Branchenmix sprudeln die Gewerbesteuern derzeit noch erfreulich stark. Aber auch wir werden die schlechte Konjunkturlage zu spüren bekommen, sodass Augenmaß bei Ausgaben und Investitionen nötig ist. Welche Investitionen sind denn verhandelbar? Im Grunde alle. Was uns umtreibt und was Geld kostet, sind Standards und Rahmenbedingungen, die von außen gesetzt werden und ein Stück weit bestimmen, was wir tun müssen. Ein ganz einfaches Beispiel: der Violenbach. Der entspringt in Pium. Durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie müssen wir den Bach in dem guten Zustand erhalten, in dem er aus der Quelle kommt. Das kostet, etwa bei Maßnahmen zur Regenrückhaltung. Noch einmal zurück zur Politik. Fürchten Sie bei den Kommunalwahlen auch in Borgholzhausen einen Rechtsruck, wie es ihn zuletzt bei einigen Landtagswahlen gab? Es ist unsere Aufgabe, die Demokratie zu stärken. Ich rechne nicht damit, dass die AfD hier antritt. Ich nehme aber schon wahr, dass es eine gewisse Staatsskepsis gibt, auch in Pium. Ehrlich gesagt würde es mich daher nicht wundern, wenn die hier auch früher bereits präsente Partei &bdquo;Die Basis“ antreten würde. Kommen wir zum Abschluss zu den dienstlichen und persönlichen Baustellen. Wann ist das Rathaus fertig saniert? Der Umbau seit Mai verursacht Dreck, Lärm und ist für alle Beteiligten anstrengend. Wir hoffen und freuen uns darauf, dass Ende Februar alles fertig ist. Das neue Bürgerbüro im Untergeschoss ist ja schon seit einigen Wochen in Betrieb, die Kolleginnen dort sind damit sehr zufrieden. Und wo gab es privat für Sie in den vergangenen zwölf Monaten zu tun? Auf meiner gesundheitlichen Baustelle, der kaputten Bandscheibe, die mir auf den Nerv geht. Ich weiß jetzt, dass man schon mit 50 morgens aufstehen kann und froh ist, wenn nichts wehtut. Dank anfangs einiger Spritzen und guter Betreuung in der Physiowelt bessert es sich. Jetzt fehlt noch ein positives privates Element aus dem Jahr 2024. Ich freue mich, dass unsere Töchter auf dem Weg zum Abitur und dank des Führerscheins nicht mehr auf das Elterntaxi angewiesen sind. Seit ihrem 18. Geburtstag fahren selbst überall hin. Das begleitende Fahren davor haben wir sehr geschätzt, weil es ihnen Routine gab und mir als Papa die Sicherheit, dass meine Töchter gut und aufmerksam fahren.

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