Bohrung: Diese Stadt will sich wieder selbst mit Trinkwasser versorgen

Mit der Bohrung eines Peilbrunnens beginnt der lange Weg zurück zur Selbstversorgung mit Trinkwasser. In wenigen Tagen steht fest, wie gut Experte Dr. Dirk Brehm mit seiner Prognose liegt.

Schweres Gerät ist am Rande des geplanten Baugebiets Am Stadtgraben im Einsatz auf der Suche nach Wasser. | © Andreas Großpietsch

Andreas Großpietsch
27.05.2021 | 27.05.2021, 03:00

Borgholzhausen. Dass die erste Bohrung direkt in den Sand gesetzt wurde, muss kein Nachteil sein, sondern entspricht im Prinzip den Erwartungen. Doch dass diese Schicht viel mächtiger als die erwarteten 20 Meter ist, gehört zu den Überraschungen, die sich immer wieder ergeben, wenn Menschen in den Untergrund vorstoßen. Am Ort der ersten Bohrung, gelegen direkt am Rand des kleinen Fußwegs vom Wendehammer bis zum Barenbergweg, war jedenfalls sogar auf 30 Meter Tiefe nur Sand zu finden.

Was die Arbeit der Spezialisten zwar einerseits erleichterte, aber andererseits dazu führte, dass weitere Plastikrohre herangeholt werden mussten. „Im Sand muss das Bohrloch so stabilisiert werden", erklärt Fred Peters. Er ist der Tiefbauexperte der Stadt, kennt sich aber ein klein wenig auch mit der Brunnenbohrtechnik aus.

Genug Trinkwasser für die Stadt aus eigenen Brunnen zu gewinnen ist das Ziel der Bohrung am südlichen Stadtrand. Über den Start freuen sich - von links: Joachim Herrmann, Fred Peters, Dirk Speckmann, Kerstin Otte und Andreas Seelhöfer. - © Andreas Großpietsch
Genug Trinkwasser für die Stadt aus eigenen Brunnen zu gewinnen ist das Ziel der Bohrung am südlichen Stadtrand. Über den Start freuen sich - von links: Joachim Herrmann, Fred Peters, Dirk Speckmann, Kerstin Otte und Andreas Seelhöfer. (© Andreas Großpietsch)

Borgholzhausen will sein Trinkwasser wieder selber fördern

Doch auch seine Vorgesetzten, Bauamtsleiterin Kerstin Otte und Bürgermeister Dirk Speckmann, hatten in den vergangenen Monaten Grund genug, sich tiefer in die Materie einzuarbeiten. Seit dem zeitweiligen Versiegen der Brunnen I und II hängt Borgholzhausen sinnbildlich am Tropf aus der Nachbarstadt Halle – der in Wirklichkeit aber ein stetiger, weder kleiner noch billiger Trinkwasserstrom ist.

Das soll natürlich kein Dauerzustand sein, sind sich alle politischen Parteien einig. Joachim Herrmann (Grüne), der Vorsitzende des Betriebsausschusses, überzeugte sich gestern selbst davon, dass die Arbeiten planmäßig begonnen haben. Am 2. Juni, wenn das Gremium wieder tagt, werde es bereits erste Ergebnisse der Forschungstätigkeit im Untergrund geben, verspricht Fred Peters.

Erster Pumpversuch startet Donnerstag

Dazu liegen aber noch ein paar Meter vor dem Bohrer. „Hier wird bis in eine Tiefe von 150 Metern gebohrt", erklärt Fred Peters. Das geht schneller als gedacht, so die Planung. Schon Donnerstag kann es einen ersten Pumpversuch geben. Dabei geht es zunächst einmal um die Menge, die gefördert werden kann.

Erwartet wird, dass dieselbe wasserführende Schicht angezapft wird, wie sie auch vom Schüco-Brunnen sowie dem städtischen Brunnen III genutzt werden. Während sich die Frage nach dem sogenannten Wasserdargebot recht schnell beantworten lassen sollte, braucht die Ermittlung der inneren Werte des Wassers ein wenig länger.

Wie steht's um die inneren Werte?

„Die Anteile von Eisen, Mangan sowie Nitrat lassen sich ebenso wie die Wasserhärte recht schnell bestimmen", erklärt Fred Peters. Doch die Untersuchung auf etliche weitere mögliche Beimengungen erfordere dann schon mehrere Wochen. Überraschungen werden zwar nicht erwartet, sind aber eben auch nie ausgeschlossen, wenn man in die Tiefe vordringt. Um ganz sicher zu sein, wird das gewonnen Wasser sehr gründlich untersucht.

Dabei ist die Stelle, an der jetzt gebohrt wird, noch nicht der geplante Standort des neuen Brunnens. „Hier werden wir aber dauerhaft einen Peilbrunnen einrichten", erklärt Dirk Speckmann das weitere Vorgehen.

Allein dieser Peilbrunnen kostet rund 25.000 Euro. Allerdings bietet er eben einen Mehrwert an Erkenntnissen und soll unter anderem dafür sorgen, dass die Stadt nicht noch einmal von plötzlicher Wasserknappheit betroffen ist. „Der richtige Brunnen wird ungefähr das Zehnfache kosten – mindestens", sagt Kerstin Otte. Bislang ist an einen Standort in der Nähe der Bahnhofstraße gedacht.

Kurze Strecke zum Barenberg

Dort wird dann ein sogenanntes Wasserschutzgebiet I ausgewiesen, das mindestens zehn Meter rund um den Brunnen groß sein und von Bebauung frei gehalten werden muss. Mit Ausnahme des sogenannten Brunnenhäuschens natürlich, das als Schutzmaßnahme zwingend für die Trinkwassergewinnungsstelle vorgeschrieben ist.

Der Standort des neuen Brunnens muss einerseits geschützt werden und andererseits gut erreichbar sein. Ein weiterer Vorteil am geplanten neuen Brunnen ist die relativ kurze Strecke zum Barenbergweg. Dort verläuft die Hauptwasserleitung, durch die das Borgholzhausener Trinkwasser aus dem Talbereich in den Hochbehälter auf dem Barenberg gepumpt wird.

In Mitleidenschaft gezogen wird durch die Bauarbeiten der beliebte Fußweg am Rand des geplanten Gewerbegebiets Am Stadtgraben. Durch die Regenfälle der vergangenen Tage war er relativ matschig geworden. „Er wird wieder erneuert", verspricht Dirk Speckmann. Ende des Jahres sollte das gesamte Wasserprojekt abgeschlossen sein – wenn der Vorstoß in die Tiefe gelingt.