Sport trotz Diabetes: 20-Jährige muss in Versmold viel erklären

Versmold. Faralda Heinrich (20) geht in die Halbzeitpause. Gerade hat sie die ersten 25 Minuten eines B-Mädchen-Spiels in Verl hinter sich gebracht. Die junge Frau, die für die Spvg. Hesselteich II in der Frauen-Bezirksliga Handball spielt und für die TSG Harsewinkel Spiele als Schiedsrichterin leitet, braucht die Pause dringend. Denn sie muss mit Traubenzucker nachjustieren. Faralda Heinrich leidet an Diabetes. Sporteinheiten brauchen jede Menge Vorplanung. Während des Handballspiels im Südkreis bekommt Faralda Heinrich ein Alarmsignal. Sie trägt einen Sensor und eine Insulinpumpe am Arm. Die hat sie seit Februar 2025. Obwohl die Intensität als Einzelschiedsrichterin auf dem Handballfeld gering ist, scheint etwas nicht zu stimmen. Der Insulinwert sinkt, Heinrich muss mit Traubenzucker nachjustieren. &bdquo;Ich habe an diesem Tag relativ wenig gegessen und meine Insulinpumpe nicht richtig eingestellt“, erinnert sie sich. Für die junge Frau kein Problem. Sie kennt Situationen wie diese. Faralda Heinrich spielt schon seit dem Grundschulalter Handball. Mit 12 Jahren bemerkt sie, dass etwas nicht stimmt. &bdquo;Ich habe extrem viel Wasser getrunken“, erinnert sie sich. Sie fühlt sich müde und schlapp. Sport fällt ihr schwer. Bei einer Routine-Untersuchung bekommen sie und ihre Familie die Diagnose: Diabetes. Das stellt das Leben der heutigen Studentin des Chemieingenieurwesens auf den Kopf. Nur eins steht schnell fest. Sportverzicht kein Thema bei Versmolder Handballerin &bdquo;Auf Sport zu verzichten kam für mich nie infrage“, sagt Heinrich. Trotzdem folgt zunächst ein zweiwöchiger Aufenthalt im Kinderkrankenhaus Bethel. Dort lernt sie viel über ihren Körper und ihre Krankheit, wie sie in welchen Situationen reagieren muss. Dennoch stellen sich am Anfang Probleme ein. Faralda Heinrich erinnert sich an eine skurrile Situation in einem Jugendspiel: &bdquo;Mein Vater hat mich von der Tribüne aus mit Zucker versorgt.“ Da Faralda Heinrich in diesem Spiel besonders stark auftrumpfte und viele Tore erzielte, kamen von der Tribüne und den Gegnerinnen natürlich Fragen, was es mit der vermeintlich besonderen Substanz auf sich habe. &bdquo;Er musste dann erst einmal erklären, was mit mir los ist.“ Ein Doping- oder Wundermittel bekam sie freilich nicht. Lesen Sie auch: Loxtens stiller Held abseits des Handballfeldes Die Harsewinklerin im Dienste der Spvg. Hesselteich muss ihre Sporteinheiten planen. Dazu zählen nicht nur die Trainings und Spiele mit dem Verein aus dem Versmolder Ortsteil. Wer auf dem Instagram-Profil der 20-Jährigen stöbert, sieht, wie sie lange Laufeinheiten absolviert oder im Fitnessstudio schwere Gewichte stemmt. In der Vergangenheit probierte sie auch Boxen aus. Aber ihre Leidenschaft gilt vor allem dem Handball. Das ist nicht ganz unproblematisch. &bdquo;Beim Laufen oder beim Kraftsport, weiß ich vorher, wie ich trainieren will“, erklärt sie. &bdquo;Bei einem Handballtraining kann ich nie genau abschätzen, ob es konditionell anspruchsvoller oder mehr in den taktischen Bereich geht.“ Dann heißt es im Zweifelsfall eben wieder Nachjustieren mit Traubenzucker oder Säften. &bdquo;Das ist schon eine Wissenschaft für sich“, sagt sie lächelnd. Ernährung spielt rund um das Training dennoch eine wichtige Rolle: Vor den Einheiten setzt Faralda Heinrich auf Kohlenhydrate, zum Beispiel aus Vollkornbrot. Während der Belastungsphase stehen Zucker oder auch mal Obst auf dem Speiseplan. &bdquo;Nach dem Sport muss ich die Reserven direkt wieder auffüllen.“ Handballtraining in Versmold nicht immer planbar Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Faralda:) (@faralda_05_diab1) Bei den Handballspielen ist die Belastung ebenfalls nicht immer genau planbar. Immerhin sorgt die Insulinpumpe für etwas Entlastung. Faralda Heinrich trägt sie am Körper, deckt die Stellen mit entsprechenden Bandagen ab. Das Gerät verfügt über einen Sportmodus. Trotzdem kommt es manchmal zu Problemen. &bdquo;Meine Mitspielerinnen sehen mir das sogar schon an“, berichtet sie aus dem Spielbetrieb. Wenn sie reagieren muss, stecken ihr die Mitspielerinnen der Oberliga-Reserve schon einmal Traubenzucker zu oder versorgen sie mit Saft. Mega-Party: Der Mitternachtstcup der Spvg. Hesselteich In Hesselteich fühlt sich Faralda Heinrich auf der Außenposition am wohlsten. &bdquo;Das ist für Diabetiker auch praktisch“, findet sie. Denn die Intensität der Zweikämpfe ist auf dem Flügel geringer. Zwischenzeitlich wird die Rechtshänderin auch an den Kreis beordert. &bdquo;Da hat man schon mehr Probleme mit Stoßen und Reißen.“ Aber das sei mehr Kopfsache, denn auch mit den technischen Geräten kann sie auf dem Handballfeld problemlos ihre Leistungen bringen. Überhaupt ist selbst Leistungssport mit Diabetes kein Problem. Das beweisen zahlreiche Beispiele, sogar aus der Region. Der ehemalige Zweitliga-Torhüter Johnny Dähne erhielt 2004 die Diagnose und stellte sein Leben komplett um. Darüber sprach er viele Jahre später im &bdquo;Haller Kreisblatt“. Trotz der Krankheit zeigte er Top-Leistungen in der Zweiten Handball-Bundesliga und ist noch heute als Trainer aktiv. Zeitweise hütete er das Tor der TSG Harsewinkel oder der SF Loxten in der damals viertklassigen Oberliga. Hesselteichs Reserve derzeit auf einem Abstiegsplatz Erfolgreich möchte auch Faralda Heinrich Handball spielen. Die ersten Einsätze in Hesselteichs Oberliga-Team konnte sie bereits verbuchen. Mit dem Reserveteam wartet sie in der Bezirksliga derzeit aber noch auf den ersten Punktgewinn der laufenden Saison. Nach einem Trainerwechsel nach der abgelaufenen Spielzeit steht die Spvg. derzeit mit 0:6 Punkten auf dem vorletzten Tabellenplatz. 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