Werther. Das Ölbild von Peter August Böckstiegel befindet sich in glamouröser Gesellschaft. Wenn das Werk mit dem Titel „Sonnenblumen mit Äpfeln und Maiskolben“ am Nikolaustag vom Münchner Auktionshaus Ketterer versteigert wird, steht es in einer Reihe großer Namen wie Christo, Paul Klee oder Pablo Picasso. Und wer das Werk ersteigert, tut dies im besonderen Bewusstsein, dass es davon einen Zwilling gibt.
Bei ihrer Auktion am 5. und 6. Dezember bietet das Münchner Auktionshaus Ketterer alles auf, was in der Kunstwelt Rang und Namen hat - und für das potenzielle Käuferinnen und Käufer eine Menge Geld hinblättern müssen. Für ein Ölbild von Max Pechstein etwa werden zwei bis drei Millionen Euro erwartet, für eine Serie von zehn Marilyn-Monroe-Drucken von Andy Warhol zwischen 1,5 und 2,5 Millionen und ein Werk für Wassily Kandinsky zwischen einer und 1,5 Millionen Euro.
Und es kommen noch mehr Hochkaräter unter den Hammer. Vier Arbeiten von Ernst Ludwig Kirchner werden jeweils auf bis zu 700.000 Euro geschätzt, und sogar ein Vincent van Gogh ist dabei. Zwar kein Ölgemälde, sondern „nur“ eine Notizblatt-große Tintenzeichnung, für die allerdings immer noch zwischen 80.000 und 120.000 Euro bezahlt werden müssen - mindestens.
Museumsleiter aus Werther rechnet mit hohem Preis für begehrtes Stillleben
Einer, der die Auktion mit Spannung erwartet, ist David Riedel. Der Leiter des Museums Peter August Böckstiegel weiß seit Langem, dass das ausdrucksstarke Sonnenblumen-Gemälde des Wertheraner Malers unter den Hammer kommt. Dass es auf großes Interesse stoßen wird, steht für Riedel fest. Und auch, dass sein Preis vermutlich deutlich höher ausfallen wird als die von Ketterer geschätzten 20.000 bis 30.000 Euro.
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Denn Riedel sagt: „Solche Stillleben sind sehr begehrt.“ Vor 20 Jahren sei letztmalig ein Sonnenblumen-Bild von Böckstiegel versteigert worden. Von einem Auktionshaus in Köln für damals mehr als 30.000 Euro. Wobei: „Ganz genau vorhersagen kann man so etwas natürlich nie.“ Der Kunstmarkt unterliege einem ständigen Wandel, vor allem, was Bilder im mittleren Preissegment angehe, so der Fachmann.
Was das Sonnenblumen-Bild von Böckstiegel allerdings außergewöhnlich macht, ist die Tatsache, dass es doppelt existiert. Jedenfalls fast doppelt. „Es gibt von dem Bild einen Zwilling“, bestätigt Riedel und hat auch ein Foto davon parat. Das Ölbild zeigt ebenfalls Sonnenblumen in einem roten Krug auf derselben gestreiften Tischdecke. Allerdings liegen zu Füßen des Krugs keine Äpfel und Maiskolben, sondern Kartoffeln. „Das Bild befindet sich im Besitz einer privaten Sammlung in der näheren Umgebung“, lässt Riedel wissen. Einen Namen verrät er nicht.
Motiv war eine gute Gelegenheit für den Wertheraner Maler, Geld zu verdienen
Riedel führt aus, dass Böckstiegel häufiger Bilder in Serie angefertigt habe. Insbesondere so gefällige wie Stillleben. „Sie ließen sich gut verkaufen und waren daher eine gute Möglichkeit für Böckstiegel, Geld zu verdienen.“ Angefertigt worden seien beide Bilder 1938 in Arrode. Selbst die Signatur oben links in der Ecke ist dieselbe.
Gern hätte Riedel beide Bilder in der nächsten großen Böckstiegel-Ausstellung „Akte und Blumenschicksale“ gezeigt. Sie ist von Februar bis Mai 2026 im Wertheraner Museum geplant, und das Bild mit Sonnenblumen und Kartoffeln wird als Leihgabe gesichert dabei sein. „Dies wäre eine tolle Möglichkeit gewesen, auch den Zwilling zu zeigen“, so Riedel. Ob daraus nun noch etwas wird, ist fraglich.
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Noch befindet sich das Werk, das in drei Wochen in München versteigert wird, im Besitz einer bekannten Unternehmerfamilie aus Ostwestfalen. Auch hier nennt Riedel keinen Namen. Erzählt aber, dass die Familie das Bild kurz nach seiner Entstehung 1938 von Böckstiegel gekauft habe. Seitdem sei es durchgängig in deren Besitz geblieben. Doch nun wird es voraussichtlich den Eigentümer wechseln.
„Zwillinge“ könnten in Werther wieder zusammenkommen
„Ich werde versuchen, in Erfahrung zu bringen, wer das Bild am Ende kauft“, kündigt der Museumsleiter an. Sollte dies gelingen, und der neue Inhaber bereit sein, das Werk für eine Ausstellung zur Verfügung zu stellen, würde sich Riedel darum bemühen. Jedenfalls, wenn der neue Besitzer aus der Nähe kommt. „Sonst wären die Transportkosten zu hoch.“
„Auf jeden Fall haben wir in der Ausstellung noch ein Platz frei“, kündigt Riedel an. Dann wären beide Sonnenblumen-Bilder aus Arrode 87 Jahre, nachdem sie gemalt wurden, wieder an ihrem Heimatort vereint.
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