Bürgermeister-Wahl in Werther: Landwirt setzt auf Bäume statt auf Wahlplakate

Werther. Wahlplakate, mit deren Hilfe er sich als Bürgermeisterkandidat bekannt macht, wird man von ihm vergeblich in Werther suchen. &bdquo;Ich bin nicht ganz sicher, ob das richtig ist, ohne Plakate in den Wahlkampf zu gehen“, sagt Hannes Dicke-Wentrup, während die hellbraunen Rauhaardackel Lotti und Emil um ihn herumspringen, &bdquo;aber wenn ich mich für die Umwelt einsetze, kann ich nicht gleichzeitig diese Plastikplakate produzieren lassen. Ich pflanze lieber für jede Stimme, die ich bekomme, einen Baum.“ Konsequent ist der 56-jährige Bio-Landwirt. 2018 hat er seinen 90-Hektar-Hof in Rotingdorf, den er sechs Jahre zuvor vom Vater übernommen hatte, von konventioneller Landwirtschaft auf biologische umgestellt. Betriebswirtschaftlich vielleicht zunächst ein Rückschritt, &bdquo;aber was den Boden betrifft, ist der konventionelle Ackerbau nicht zukunftsfähig“, sagt er. Aus ökologischer Sicht sei der Bio-Anbau die bessere Investition. Während er darüber spricht, geht er los, um eine Schaufel zu holen. Denn an diesem Morgen hat er nicht nur Besuch vom &bdquo;Haller Kreisblatt“. Lukas Eiligmann-Westhues ist Regionalkoordinator vom HumusKlimaNetz. Der Hof Dicke-Wentrup ist einer von 150 landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland, die an einem Modellprojekt zum Humusaufbau in Ackerböden teilnehmen. Gemeinsam bereiten sie einen Feldtag vor, der im September auf dem Hof Dicke-Wentrup für Fachpublikum stattfinden soll. Dicke-Wentrups Hofstelle gehört zu den ältesten in Werther Zu dritt geht es im Pick-up auf eines der Felder des Hofes. Dort angekommen graben er und sein Gast aus Münster Haferpflanzen aus und begutachten, wie viel guter Humus an den Wurzeln haften bleibt. Hannes Dicke-Wentrup ist naturverbunden, Landwirt und Wertheraner durch und durch. Sein Hof gehört zu den ältesten in Werther. &bdquo;Es gab hier auf dieser Hofstelle sogar schon zur Sachsenzeit Besiedlung“, erzählt er. Lesen Sie mehr: Bürgermeisterwahl in Werther: Wer wagt sich noch aus der Deckung? Damit auch die Zukunft gesichert ist, ist Klimapolitik einer seiner Schwerpunkte. &bdquo;Und das nicht aus ideologischen Gründen. Ich sehe jeden Tag, was los ist. Dafür brauche ich auch keine Gutachten“, sagt der parteilose Ratsherr. Die werden regelmäßig vor der Ausführung von städtischen Projekten in Auftrag gegeben und seien, Hannes Dicke-Wentrups Meinung nach, zum größten Teil rausgeworfenes Geld. &bdquo;Wir geben als Stadt dafür sechsstellige Beträge aus.“ Auf dem Weg zum nächsten Acker führt der Weg mit dem Pick-up an einer langen Reihe von Sonnenblumen vorbei. &bdquo;Die habe ich angebaut, um sie als Wahlgeschenke zu verteilen - statt Plastikkugelschreiber“, sagt der 56-Jährige augenzwinkernd. Dann springt er aus dem Wagen - dieses Mal mit einer Forke in der Hand - und gräbt ein paar Kartoffeln aus. Zur fachlichen Begutachtung und um sie seinem Gast aus Münster für das Abendessen mitzugeben. Gar kein Fan von Christian Lindner Sosehr Hannes Dicke-Wentrup der Erhalt guten Bodens am Herzen liegt, so sehr ist er auch Pragmatiker. Zum Beispiel, wenn es um die Frage nach neuen Baugebieten geht. &bdquo;Die Grünen haben recht damit, dass man nachverdichten muss“, sagt er. Aber das alleine reiche nicht. Deshalb würde ein Baugebiet Süthfeld II seine Zustimmung erhalten. &bdquo;Klar, tut mir das weh, wegen des Bodens. Aber da muss man abwägen.“ Der Rotingdorfer tritt als unabhängiger Kandidat ohne Parteizugehörigkeit zur Bürgermeisterwahl an. In den vergangenen fünf Jahren hat er gemeinsam mit dem FDP-Vertreter im Stadtrat eine Zwei-Mann-Koalition gebildet. Wie viel FDP bekommen die Wähler denn, wenn sie sich für ihn entscheiden? &bdquo;Gar nichts“, sagt Hannes Dicke-Wentrup. Die Zusammenarbeit mit der FDP im Stadtrat hatte pragmatische und persönliche Gründe. &bdquo;Andreas Honsel ist nicht Christian Lindner“, sagt Dicke-Wentrup. Auf Bundesebene ist er kein Fan der Liberalen. &bdquo;Agrarpolitisch finde ich die total daneben“, sagt er in seiner typisch direkten Art. Aber vor Ort habe er mit Andreas Honsel und Jan-Holm Sussiek immer sehr gut zusammenarbeiten können. &bdquo;Wir waren fast immer einer Meinung.“ Und noch etwas eint ihn mit dem Ortsverband, für den er im 13. Wahlbezirk auch antritt: &bdquo;Den liberalen Gedanken finde ich gut. Ich halte nichts von Bevormundung und würde anderen nicht gerne vorschreiben, wie man zu leben hat.“ video-js.video-js.vjs-fluid:not(.vjs-audio-only-mode) { padding-top: 177.7778%; } Politik für den Alltag statt Leuchtturmprojekte Er selbst lebt vor allem mit der Natur. Beruflich als Landwirt, aber auch sonst engagiert er sich. Dicke-Wentrup pflanzt Blühstreifen entlang seiner Felder und macht mit beim Feldlerchenprojekt. Daneben ist er leidenschaftlicher Jäger – aber immer im Zusammenhang mit Naturschutz, wie er sagt. Müsste der Bio-Landwirt da nicht eigentlich mit den Grünen sympathisieren? &bdquo;Ich finde viele grüne Ideen super“, sagt er, &bdquo;Robert Habecks Weg hätte man vernünftig fortsetzen müssen.“ Hannes Dicke-Wentrups Weg führt an diesem Vormittag zurück auf den Hof. Auf seiner Terrasse mit Blick ins Grüne serviert er Bionade. Die Hunde Lotti und Emil kommen angerannt und verlangen nach Streicheleinheiten, dann legen sie sich entspannt ins Gras. Mit den Themen, die die Stadt bewegen, ist er – nicht zuletzt durch seine Ratsarbeit – bestens vertraut. Lesen Sie auch: Wie dieser Bio-Landwirt aus Werther dem Unkraut den Kampf ansagt &bdquo;Wir brauchen eine Politik, die den Leuten im Alltag hilft, und keine Leuchtturmprojekte“, nennt er sein Credo. Damit zielt er zum Beispiel auf das Großprojekt &bdquo;Urbane Lebensader Schwarzbach“, für das drei Millionen Euro Fördergelder nach Werther fließen. &bdquo;Es sollen dabei 6.000 Kubikmeter Erde verfrachtet werden, um etwas für den Klimaschutz zu tun - das ist widersinnig“, sagt Hannes Dicke-Wentrup und hat noch weitere Kritikpunkte. Die Arbeit auf dem Hof würde er in andere Hände legen &bdquo;Wir müssen gucken: Was brauchen wir und wo gibt es dafür ein Förderprogramm? Und nicht umgekehrt: Da gibt es ein Programm, und was müssen wir tun, um an das Geld zu kommen?“, meint er. Ansonsten hält er sich mit Kritik am Bürgermeister auffallend zurück. &bdquo;Veith Lemmen hat nicht viel falsch gemacht. Aber es ist an vielen Stellen nur geerntet und nicht gesät worden. Kläranlage, Blotenberg, Feuerwehr – das wurde jetzt umgesetzt, aber die Weichen dafür sind vor seiner Amtszeit gestellt worden.“ &bdquo;Ich will nicht das Gegenteil von Lemmen sein. Ich will es an bestimmten Punkten nur besser machen“, definiert er seine Vision vom Amt. Das Pfund, mit dem er dabei wuchern will, ist sein Netzwerk. Sei es beim Weco-Gelände oder beim Gewerbegebiet Rodderheide – mit Gesprächen mit den richtigen Leuten ließe sich da sicher etwas bewegen, ist er überzeugt. &bdquo;Dabei stecke ich nicht nur in der Landwirteblase. Ich bin auch woanders gut vernetzt“, sagt der Bürgermeisterkandidat. Doch jetzt hat er erst mal auf dem Hof eine ganze Menge zu tun. &bdquo;Ich muss noch ganz viel vorbereiten“, sagt er. So, dass Mitarbeiter die Arbeit auf dem Hof übernehmen könnten, sollte er nach dem 14. September täglich im Rathaus arbeiten. Aber egal, wie es kommt. &bdquo;Nach Feierabend werde ich mich ganz bestimmt immer noch regelmäßig auf den Trecker setzen.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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