Spaziergänger und frei laufende Hunde gefährden Feldlerchen in Werther

Werther. Am meisten ärgern Tina Esser rücksichtslose Hundehalter. &bdquo;Die lassen einfach ihre Tiere laufen, auch jetzt in der Brut- und Setzzeit. Dabei ist das verboten.“ Fast täglich führt die Biobäuerin Diskussionen mit Spaziergängern, Wanderern oder auch Familien, die in der Nähe der Äcker picknicken und ihre Hunde von der Leine lassen. &bdquo;Aber denen fehlt völlig der Blick für die Natur, und welchen Schaden sie damit anrichten.“ Tina Esser bewirtschaftet die Flächen des Biohofs Meyer zu Theenhausen. Abseits der Anzucht von Kartoffeln, Kohl und Co. sind ihr auch die Tiere wichtig, die neben ihren Feldern ihre Jungen aufziehen – oder manchmal auch mittendrin. Wie die Feldlerche. Doch ihr Lebensraum ist trotz aller Bemühungen stark gefährdet. &bdquo;Die Feldlerche steht schon lange auf der Roten Liste der gefährdeten Arten“, beklagen Conny Oberwelland von der Biologischen Station Gütersloh/Bielefeld und Annette Pagenkemper von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Gütersloh. Zusammen mit den Landwirten Tina Esser, Hannes Dicke-Wentrup, Andreas Maaß und Max Pahmeyer haben sie sich zu einem Pressetermin am Süthfeld verabredet – an einem Feld, wo die Feldlerche brütet. Viele Räuber begehren die Nester der Feldlerchen Zu sehen ist der scheue Vogel nicht. Zu hören an diesem bedeckten Tag auch nicht. Dabei ist sein Gesang eigentlich nicht zu überhören. &bdquo;Ich freue mich jedes Mal“, sagt Conny Oberwelland. Denn äußere Einflüsse machen es dem unscheinbaren Zugvogel, der immer seltener in Deutschland anzutreffen ist, schwer. Füchse, Waschbären, frei laufende Katzen, der Mäusebussard – Nester von Feldlerchen sind begehrt. Und es ist einfach, an sie heranzukommen. Denn Feldlerchen sind Bodenbrüter. Sie mögen offene Kulturlandschaften und legen ihre Eier ungeschützt in kleinen Mulden ab. Leichte Beute also. Am schlimmsten seien allerdings die Menschen, beklagen Conny Oberwelland und Annette Pagenkemper. Indem sie in der Brutzeit über jeden Feldweg und entlang jedes Ackerrains spazieren würden. &bdquo;Viel gewonnen wäre schon, wenn sie zumindest ihre Hunde an die Leine nehmen würden.“ Tina Esser wundert inzwischen nicht einmal mehr, dass Eltern ihre Kinder sogar mit ihren Fahrrädern über bestellte Felder fahren lassen. &bdquo;Und wenn wir dann etwas sagen, regen sie sich noch auf“, ärgert sie sich. Werther ist der Ort mit den meisten Brutpaaren im Kreis Gütersloh Alles keine guten Voraussetzungen für die Population der Feldlerchen. Trotzdem sind die Vertreterinnen von Kreis und Biologischer Station zuversichtlich, den Bestand zumindest halten, bestenfalls sogar steigern zu können. Lesen Sie auch: Warum es in Werther besonders viele Exemplare einer seltenen Tierart gibt Denn Werther ist im Kreis Gütersloh der Ort mit den mit Abstand meisten Brutpaaren. &bdquo;Im vergangenen Jahr hatten wir 34“, erzählt Conny Oberwelland. Die meisten davon rund um Rotingdorf, wo 20 Paare gebrütet haben, und im Bereich Häger – Arrode – Isingdorf, wo es noch einmal 10 waren. &bdquo;2005 haben wir mit der Erfassung der Feldlerchen begonnen“, berichtet Conny Oberwelland. Dank der Landwirte, die bereit seien, einen Teil ihrer Fläche für den kleinen Vogel freizuhalten. Frühere Vorkommen wird man nicht wieder erreichen können &bdquo;Uns geht es gar nicht darum, frühere Zahlen zu erreichen. Das wird uns nicht gelingen“, ist Conny Oberwelland realistisch. Sie nennt ein Beispiel aus dem Versmolder Bruch: 1968 habe man dort noch 117 Brutpaare erfasst. Aktuell seien es gerade einmal 10. &bdquo;Und das in einem Gebiet, das dem Naturschutz gewidmet ist.“ Doch in Werther habe man das Glück, gleich mehrere Landwirte für den Feldlerchenschutz gewonnen zu haben. Biobauer Maaß ist seit vielen Jahren dabei, inzwischen aber auch die Biolandwirte Tina Esser und Hannes Dicke-Wentrup sowie der konventionelle Betrieb von Max Pahmeyer. &bdquo;So ein Projekt funktioniert überhaupt nur dann, wenn noch Restbestände der Vogelart hier heimisch sind“, erläutert Conny Oberwelland. Dann könne man mit Brachefenstern, in denen mitten in bestellten Äckern kleine Flächen für die Lerchen freigelassen werden, mit weiten Reihen, in denen die Feldfrüchte mit größerem Abstand gesät werden, und mit Blühstreifen, die den Vögeln Nahrung bieten, Lebensräume schaffen. Ein Projekt mit zahlreichen Schwierigkeiten Doch es ist ein Projekt mit einer Vielzahl von Schwierigkeiten. Erstens, die Brutpaare überhaupt zu finden. Zweitens, zu erkennen, ob sie einen Bruterfolg haben. Feldlerchen brüten zwar häufig zwei-, manchmal sogar dreimal im Jahr, doch viele Nester werden geräubert oder die Jungtiere sterben. Auch Hagel und Sturzregen können gefährlich für die jungen Vögel werden, genau wie der Klimawandel mit zu langen Trockenphasen und damit einhergehendem Nahrungsmangel. Auch interessant: Kiebitz und Feldlerche stehen Solaranlage an Versmolds Grenze im Weg Drittens muss der Standort passen. &bdquo;Feldlerchen sind Steppenbewohner. Sie mögen offene Landschaften mit einem niedrigen, nicht zu dichten Bewuchs“, erläutert Conny Oberwelland. Winterraps wachse zu dicht, Wintergerste schließe zu schnell die Reihen, sodass die Vögel nicht mehr landen können. Viertens muss trotz des Wunsches, den Vögeln zu helfen, noch ein Bewirtschaften der Flächen möglich sein. Max Pahmeyer von der Kartoffelmanufaktur erläutert, wie es sein Betrieb macht: Indem beim Getreideanbau die Saatmaschine in ausgewählten Bereichen jede zweite Reihe auslässt und neben Kartoffelfeldern ein breiter Streifen brach gelassen wird. Wunsch nach größerer Beteiligung der Landwirte Das Beispiel Werther zeigt, dass es möglich ist, eine bedrohte Vogelart mit machbaren Mitteln zu unterstützen. Conny Oberwelland und Annette Pagenkemper würden sich jedoch wünschen, dass sich noch mehr Landwirte finden lassen und mitmachen. Denn außer den vieren aus Werther und einem weiteren aus Borgholzhausen ist kein einziger anderer aus dem Kreis Gütersloh an dem Schutzprogramm beteiligt. Dabei ist für Conny Oberwelland klar: &bdquo;Ein Landwirt kann stolz sein, wenn er Feldlerchen auf seinen Flächen hat. Und was den Feldlerchen hilft, ist auch für andere Wildtiere von Nutzen“, nennt sie als Beispiel vier Rebhuhn-Paare im Raum Häger/Kerkenbrock, die hier in diesem Frühjahr ihre Jungen großziehen. 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