Germanwings-Absturz: Gedenken an tragisch verstorbenes Ehepaar aus Werther

Werther. Marion Weike kann sich noch genau an den Tag erinnern, als das Unglück passierte. Die damalige Bürgermeisterin saß nach einer Ausschusssitzung abends an ihrem Schreibtisch im Rathaus, als Gerüchte aufkamen, auch zwei Wertheraner könnten unter den Toten des Germanwings-Absturzes sein. &bdquo;Mich hat geschaudert, ich habe gehofft und gebetet, dass dies nicht so ist.“ Doch dann die Gewissheit: Ursula (65) und Dieter Rosse (77) saßen in der Maschine, die am Vormittag in den Alpen zerschellt war – offenbar vom Co-Piloten absichtlich zum Absturz gebracht. In den Folgetagen war Werther wie in einer Schockstarre. Viele Bürgerinnen und Bürger kannten und mochten das beliebte Ehepaar. Ursula Rosse war bis zu ihrer Pensionierung Erzieherin in der Kita Nazareth und danach ehrenamtlich in der Gemeinde tätig, Dieter Rosse war ausgebildeter Fluglotse und Sprecher der Deutschen Flugsicherung, außerdem langjähriger CDU-Ratsherr, stellvertretender Bürgermeister, Mitbegründer des Wertheraner Kinderfonds, engagiert im Heimatverein und in der Freiwilligen Feuerwehr. Unfassbar für viele Menschen dieser sinnlose und viel zu frühe Tod. Unfassbar auch, wie ein Pilot auf die Idee kommen konnte, eine Maschine mit 150 Passagieren an Bord in den Tod zu reißen. Das Ehepaar Rosse war an diesem Tag auf dem Rückflug von Barcelona, wo es den Bruder der Wertheranerin besucht hatte. Bürgermeisterin fühlt sich vom Tod der Wertheraner wie vor den Kopf geschlagen &bdquo;Ich war wie vor den Kopf geschlagen“, erzählt Marion Weike. Auch zehn Jahre nach dem Unglück sei nichts von den Erinnerungen an damals verblasst. &bdquo;Ausgerechnet Dieter Rosse, der in seinem Berufsleben für den Flugbetrieb gearbeitet hat.“ Die langjährige Bürgermeisterin habe in den vergangenen Tagen, da in den Medien immer wieder über den Jahrestag berichtet wurde, viel an die Zeit von damals zurückdenken müssen. &bdquo;Ich habe mich gefragt, und ich frage mich bis heute, wie die Menschen in der Maschine den Absturz wohl erlebt haben müssen“, so Weike. &bdquo;Dieter Rosse kannte sich aus, er wird sofort geahnt, ja gewusst haben, dass hier etwas ganz Schlimmes passiert.“ Genauso hat Ulrich Buchalla empfunden, damals CDU-Fraktionschef und derjenige, der Dieter Rosse überhaupt in die Politik geholt hatte. &bdquo;Die normalen Touristen in der Maschine haben sich am Anfang vielleicht keine solche Gedanken gemacht. Dieter Rosse aber muss sofort gewusst haben, dass sein Leben gleich zu Ende gehen wird – ein schrecklicher Gedanke!“ Flughafen-Polizei in Düsseldorf bestätigt die traurige Befürchtung &bdquo;Was macht man in einer solchen Situation, wenn man mit 150 anderen Menschen in einer Maschine eingepfercht ist?“ Ulrich Buchalla weiß es nicht. Auch er kann sich noch genau an den 24. März 2015 erinnern. &bdquo;Ich hatte an diesem Abend in der katholischen Kirchengemeinde einen Vortrag über Islamismus gehalten“, erzählt der ehemalige Kriminalbeamte. Marion Weike sei auch dort gewesen und habe ihn im Anschluss angesprochen. &bdquo;Weil wir dies anfangs nicht klären konnten, ob Rosses an Bord waren, habe ich am nächsten Tag bei der Flughafen-Polizei in Düsseldorf angerufen“, erinnert sich Buchalla. Das sei ihm möglich gewesen, da er durch seinen Beruf gewisse Kontakte gehabt habe. Von dort sei dann leider die Bestätigung gekommen, dass das Ehepaar Rosse auf der Flugliste stand. &bdquo;Das war schlimm“, sagt Ulrich Buchalla. Er habe Rosses sehr gemocht. &bdquo;Dieter Rosse war ein ganz feiner Mann, und er konnte wie kaum ein anderer gut mit Menschen. Genau wie seine Frau.“ Die hat Ulrich Buchalla lange gekannt, da schon seine beiden Kinder bei ihr in der Kita waren und immer gern hingegangen seien. &bdquo;Umso tragischer der plötzliche Tod von beiden“, beklagt er. In einer Kur am Chiemsee lernen sich die Wertheraner kennen Genauso dürften 2015 viele Wertheranerinnen und Wertheraner gefühlt haben. Nicht nur die Familie – Dieter Rosse hinterließ zwei erwachsene Söhne, Ursula Rosse eine erwachsene Tochter und eine Enkeltochter – sondern alle, die das sympathische Ehepaar kannten. Für beide war es die zweite Ehe. Früh verwitwet, hatten sich Dieter Rosse und Ursula Niewöhner 1984 während einer Kur am Chiemsee kennengelernt. 20 Jahre später, am 4. April 2004, haben sie geheiratet. Über viele Jahre hatten die beruflich oft wechselnden Stationen von Dieter Rosse in Bremen, Berlin und Moskau nur eine Wochenendbeziehung zugelassen. Trotzdem blieben sie zusammen. &bdquo;Halb Werther hat nach dem Unglück 2015 Anteil an ihrem Schicksal genommen“, blickt Marion Weike zurück. Das Mitgefühl mit den Angehörigen war riesig, die Fahne vor dem Wertheraner Rathaus hing auf halbmast. &bdquo;Dieter Rosse war ein ganz wunderbarer Zweiter Bürgermeister. Er war mitfühlend, taktvoll, den Menschen zugewandt, ein wirklicher Gentleman. Wir haben hervorragend zusammengearbeitet.“ Das Ehepaar aus Werther hatte ein Gespür für soziale Fragen Dass sich Dieter Rosse in seiner politischen Arbeit besonders für Kinder und Jugendliche sowie Senioren einsetzte – von 2004 bis 2009 saß er für die CDU im Stadtrat, danach bis 2014 als Sachkundiger Bürger im Sozialausschuss – sei Ausdruck seiner Persönlichkeit gewesen. &bdquo;Er hatte ein Gespür für soziale Fragen. Auch darum wurde er in der Stadt geschätzt.“ Genau wie seine Frau Ursula. &bdquo;Ich kann sagen, dass die Erzieherin nicht nur beliebt bei den Kindern war, sie wurde von ihnen geliebt“, hatte Marion Weike kurz nach dem Tod von Rosses gesagt – und sagt es noch heute. Lesen Sie auch: Tödlicher Flugzeugabsturz: Zeitzeugen entkommen der Katastrophe nur knapp In einem bewegenden Gedenkgottesdienst nahmen im März 2015 mehr als 300 Bürgerinnen und Bürger Abschied vom Ehepaar Rosse. Freunde, Bekannte, Nachbarn, Weggefährten, Mitglieder aus Rat und Verwaltung, Jugendliche, die als Kinder von Ursula Rosse in der Kita betreut worden waren. Sie wollten den Angehörigen das Gefühl geben, dass sie in dieser schweren Zeit nicht alleine waren. Vielen war der Schock ins Gesicht geschrieben, es herrschten Entsetzen, Ratlosigkeit und tiefe Trauer. Bürgermeisterin Marion Weike und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Trauerfeier 14 Tage später fand im Kölner Dom die offizielle Trauerfeier für die 150 Toten des Flugzeugabsturzes statt. Marion Weike war als Vertreterin aus Werther damals eine von rund 1.400 Trauergästen, zu denen auch der damalige Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel zählten. Ende Juni fand dann in der Friedhofskapelle in Werther der Trauergottesdienst für Ursula und Dieter Rosse statt. Mehr als 150 Trauergäste erlebten einen würdevollen, zu Herzen gehenden Abschied von dem beliebten Ehepaar. &bdquo;Es waren so reizende, warmherzige Menschen. Dass sie auf diese Weise zu Tode kommen mussten, kann man nicht begreifen“, sagte ein Trauergast damals und sprach aus, was viele Bürgerinnen und Bürger dachten. Und bis heute denken. In einem langen Trauerzug erwiesen die Menschen Ursula und Dieter Rosse damals das letzte Geleit. Pastor Holger Hanke sprach aus, was bis heute Gültigkeit hat: &bdquo;Wir werden sie nicht vergessen.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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