Faule Gen Z? Wertheraner gewinnt Preis, denn ein Job reicht ihm nicht

Werther-Theenhausen. Wenn man Jonas Nagel zuhört, wie er über seinen Beruf spricht, kann man schnell dazu kommen, den eigenen beruflichen Werdegang noch mal zu überdenken und sich zu wünschen, man hätte denselben Weg wie der 26-Jährige eingeschlagen. Nicht nur, dass er die ganze Zeit lächelt, während er erzählt - auch das, was er berichtet, klingt spannend und vor allem abwechslungsreich. Jonas Nagel ist Veranstaltungstechniker. Und obwohl er 2018 sein Abitur an der Peter-August-Böckstiegel-Gesamtschule mit einem Notendurchschnitt von 1,4 absolviert hat, kam für ihn ein Studium nie infrage. Er entschied sich für eine Ausbildung und ist bis heute überzeugt davon. Man brauche nicht unbedingt ein Studium, um es beruflich zu etwas zu bringen, ist seine Überzeugung. Überzeugt hat er auch andere von sich. Im November gehörte er zu den sechs jungen Frauen und Männern, die von der Verbund-Volksbank-OWL-Stiftung mit dem Förderpreis &bdquo;Duale Ausbildung“ ausgezeichnet wurden. Um unter den 560 Bewerberinnen und Bewerbern hervorzustechen, reichte nicht alleine der Einser-Schnitt bei der Abschlussprüfung, sondern das ehrenamtliche Engagement zählte. Auch die Freunde hätten den Preis verdient Er selbst findet das eigentlich nicht hitverdächtig. &bdquo;Meine Kumpels hätten den Preis genauso verdient, die hatten halt nur nicht diesen Zettel im Briefkasten.“ Dieser Zettel war ein Schreiben von der Verbund-Volksbank-OWL-Stiftung und hat Jonas Nagel am Ende 5.000 Euro beschert. In dem Brief wurde er eingeladen, sich für den Förderpreis &bdquo;Duale Ausbildung“ zu bewerben. Das tat er - und wurde zum persönlichen Gespräch eingeladen. Als einer von 15. Dort saß er einer Jury gegenüber und berichtete, was er neben seinem Vollzeitjob noch alles so treibt. Das machte offenbar Eindruck, denn bei der Preisverleihung im Heinz-Nixdorf-Forum wurde zu seiner Überraschung sein Name aufgerufen. Von den 5.000 Euro Preisgeld durfte er 1.000 Euro an einen seiner Vereine abgeben und entschied sich für die Landjugend Werther. Dort ist er seit 2016 Mitglied und bringt sich seit 2018 als Vorstandsmitglied ein. &bdquo;Wir sind alle vom Dorf“, fasst er das verbindende Element zusammen, wobei die wenigsten aus einem landwirtschaftlichen Betrieb stammen. &bdquo;Aber Trecker fahren können wir eigentlich alle“, sagt er augenzwinkernd. Lesen Sie auch: So lief die Lichterfahrt der Landjugend Werther Vorstandsarbeit als Schule für die Ausbildung Bis vor Kurzem war er Vorsitzender des Vereins, hat den Platz aber nun freigemacht. &bdquo;Um der Jugend mal ’ne Chance zu geben“, sagt der 26-Jährige und nennt Beispiele, wie die Vorstandsarbeit fürs Leben helfen kann. Manche 16-Jährige hätten Probleme irgendwo anzurufen und würden das dann lernen, wenn sie telefonieren müssten, um eine Bowlingbahn zu reservieren. Aber auch &bdquo;den Laden zusammenzuhalten“, das Programm zu planen oder Aktionen zu organisieren, wie Müllsammeln, Kellnern für die Vereinskasse oder der riesige Treckerkorso vor Weihnachten machten die jungen Leute fit fürs Leben. &bdquo;Das sind alles Fähigkeiten, die sie später in einer Ausbildung gut gebrauchen können“, sagt Jonas Nagel. Auch bei seinem zweiten offiziellen Ehrenamt erlerne man technisches Geschick, das Betriebe gerne sehen. Er ist Unterbrandmeister beim Löschzug Langenheide, engagiert sich aber auch noch als Ausbilder und Betreuer der Jugendfeuerwehr Werther. Vom Kindergartenfest bis zur Großdemo Dass er bei der Feuerwehr ist, habe auch damals den Chef seines Ausbildungsbetriebs gefreut, denn da habe der technisches Verständnis voraussetzen können, erzählt Jonas Nagel. Die dreijährige Ausbildung beim Bielefelder Veranstaltungsdienstleister V3 Event Network hat er mit 1,3 abgeschlossen. Der schulische Teil fand am Carl-Severing-Berufskolleg in Bielefeld statt. &bdquo;Seit 2000 gibt es dort auch eine Klasse für Veranstaltungstechniker“, sagt Jonas Nagel. Sein Ausbildungsbetrieb hat ihn nach dem Abschluss direkt übernommen. Mehr dazu: Für die Hochzeit: Freunde aus Werther restaurieren schrottreifes Auto. Die Vielseitigkeit mache an seinem Job am meisten Spaß. &bdquo;Mal stehe ich bei einem Stadtfest, lasse mich nassregnen und sorge dafür, dass beim Auftritt der Kindergartenkinder Licht und Ton stimmen; am nächsten Tag beschallen wir eine Großdemo in Hannover, wo ich neben 14 Polizeibullis stehe und am Tag darauf sorgen wir für den Sound bei einer Mitarbeiterversammlung eines großen Betriebes.“ Im Einsatz für Werthers Christkindlmarkt Zwar müsse er oft an Wochenenden arbeiten, könne sich seine Zeit unter der Woche aber häufig selbst einteilen. &bdquo;Man ist Elektriker, Tontechniker und Statiker in einem, und auch von Musik sollte man ein bisschen Ahnung haben“, fasst er zusammen. Neben der Stelle bei V3 Event Network, besucht er inzwischen auch die Meisterschule und arbeitet selbstständig als Tontechniker mit seiner eigenen Trailerbühne bei Events, wie zum Beispiel dem Wertheraner Christkindlmarkt. Aber auch da kommt das Ehrenamt wieder zum Tragen. Zum Neustart des Christkindlmarktes habe er sich zum Beispiel bei der Gestaltung des Programms mit eingebracht, wobei ihm seine Kontakte in die Bandszene zugutekamen. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK Auch beim Theater mischt der Wertheraner mit Für die Theatergruppe Gartnisch, die jedes Jahr an der Grundschule in Halle das Weihnachtsmärchen aufführt, macht er unentgeltlich Licht und Ton für das Stück. &bdquo;Ab den Herbstferien bin ich ungefähr zwei Mal pro Woche bei den Proben dabei“, sagt er. &bdquo;Es gibt Wochen, da bin ich jeden Abend unterwegs“, sagt der Theenhausener. Ihm gefällt das, denn bei der Feuerwehr und der Landjugend sind es ja seine Freunde, mit denen er aktiv ist. &bdquo;Und wenn man etwas gern macht, ist es keine Arbeit.“ &bdquo;Ich kann schlecht Nein sagen“, sagt er mit leichtem Grinsen zu seinen vielen Aktivitäten. Aber er findet es auch wichtig, dass sich Menschen finden, die Ehrenämter übernehmen. &bdquo;Sonst könnte man doch viele Dinge gar nicht bezahlen“, sagt er. Aber es gibt ja auch noch andere Facetten des Lebens. Deshalb will er bald etwas zurückschrauben. &bdquo;Vielleicht auch, um sich mal eine Freundin zu suchen.“

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