Wertheraner seit Corona-Impfung schwer krank: Niemand kann ihm helfen

Werther-Häger/Spenge. Sport gehörte für Stefan Bergmann immer dazu - früher. Neulich hat er mal wieder ein bisschen trainiert, mit ganz leichten Drei-Kilo-Hanteln. &bdquo;Danach hatte ich rein zufällig einen Termin zur Blutuntersuchung. Der Arzt war geschockt und fragte, ob ich einen Marathon gelaufen sei, denn ich hatte so viele Hinweise auf abgestorbene Muskelzellen im Blut. Er hat mir sofort eine Woche strenge Bettruhe verordnet, damit sich mein Körper wieder erholen kann.“ Seit dreieinhalb Jahren sind solche Erschöpfungszustände für Stefan Bergmann Alltag - und bei Weitem nicht das schlimmste Symptom. Die fein säuberlich geführte Liste seiner Arztbesuche samt Untersuchungsmethoden und Diagnosen füllt inzwischen acht Din-A4-Seiten. Lange war für Stefan Bergmann nicht klar, was der Auslöser für seine vielen verschiedenen und schlimmen Beschwerden war. Doch nach und nach fügte sich das Bild zusammen. Er las Forschungsberichte, Artikel, informierte sich bei Ärztinnen und Ärzten, Fatigue und MF/CFS wurden bei ihm diagnostiziert, und er sprach mit anderen Betroffenen, bis für ihn feststand: Er hat das Post-Vac-Syndrom. Darunter versteht man verschiedene anhaltende Beschwerden, die nach einer Covid19-Impfung auftreten. &bdquo;Die Symptome sind eigentlich zu großen Teilen identisch mit denen bei Longcovid“, sagt Stefan Bergmann, &bdquo;aber sie treten eben im Zusammenhang mit einer Impfung auf.“ Wertheraner im Krankenhaus - doch niemand findet eine Ursache Sein Leidensweg begann am 22. Juni 2021. Damals bekam er seine erste Corona-Impfung mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson. &bdquo;Ungefähr zwei Wochen nach der Impfung war mir permanent übel, ich hatte Magenprobleme, über Tage keinen Stuhlgang, konnte nicht mehr schlafen, habe dauernd geschwitzt und hatte einen stark aufgeblähten Bauch“, erzählt er. Der Hausarzt konnte ihm nicht helfen. Schließlich wurden die Schmerzen so schlimm, dass er sich in die Notaufnahme des Meller Krankenhauses begab. Aber Blut- und Ultraschallbefunde waren in Ordnung. Es war nur jede Menge Luft im Bauchraum. Die Symptome blieben, und es kamen weitere hinzu. Starke Schluckbeschwerden mit Räusperzwang, dauernde starke Müdigkeit und Probleme mit der Sehempfindlichkeit, Gedächtnisbeschwerden sowie extreme und schlagartige Kurzatmigkeit - so beschreibt er seine Symptomatik ab Sommer/Herbst 2021. Im November 2021 wurde er dann für zwei Tage wegen der Schluck- und Atemproblematik stationär im Klinikum Melle aufgenommen. Dort stellte man fest, dass in seiner Speiseröhre viel zu wenig muskuläre Leistung vorhanden ist. Woran das lag, konnte ihm niemand sagen. Auch bei einer späteren Darmspiegelung wunderte sich der Arzt über dessen &bdquo;schlaffen Eindruck“. Mehr dazu: Steinhagener arbeitsunfähig: &bdquo;Die Corona-Impfung hat mich krank gemacht“ Mehr als 600 entzündete Stellen auf der Haut des Wertheraners Ein halbes Jahr nach seiner ersten Impfung bekam Stefan Bergmann im Impfzentrum Bielefeld eine Auffrischungsimpfung mit dem Impfstoff von Moderna. Einige Tage später bemerkte er Hautveränderungen. &bdquo;Schmerzhafte Entzündungen und einen Ausschlag, der sich wie ein Teppich auf meinem ganzen Körper verteilte“, beschreibt er. Mehr als 600 entzündete Stellen zählte die Uniklinik Münster. Nach einer Gewebeentnahme erfuhr er vom Mediziner, dass die Haut sich verändere und absterbe. Warum das so sei, wisse man nicht. Ein ähnliches Ergebnis bekam er vom Lungenfacharzt nach einer Bronchoskopie: Das Lungengewebe verändere sich und sterbe ab, hieß es. Der Arzt diagnostizierte eine ausgeprägte Lungenfibrose sowie Sarkoidose, eine Entzündungskrankheit, deren Ursache bisher nicht erforscht ist, die aber möglicherweise auf eine Überreaktion der körpereigenen Abwehr zurückzuführen ist. Die Liste der Beschwerden lässt sich fortführen: tagelange Lähmungserscheinungen an den Händen, Fingern, Füßen und im Gesicht, eine Rheuma-Diagnose, viel zu hohe Borreliose-Werte - und über allem liegt fortwährend diese unerträgliche Müdigkeit, längst als Fatigue-Syndrom diagnostiziert. Wertherander grübelt über viele Fragen 15 Kilo hatte der 41-Jährige in den ersten Monaten der Erkrankung abgenommen, sich nur von Haferflocken und Wasser ernährt, das war das Einzige, was irgendwie ging. Zwischendurch schleppte er sich immer wieder an den Schreibtisch und versuchte, im Homeoffice seinen Beruf als Vertriebler für Maschinenbau auszuüben, solange es noch ging. Aber seine Gesundheit und die vielen Fragen dazu lassen ihn nicht los. &bdquo;Ich habe immer nur gegrübelt: Was kann das nur sein? An die Impfung habe ich überhaupt nicht gedacht, eher, dass es eine Folge einer unerkannten Corona-Erkrankung sein könnte.“ Im Sommer 2022, ein Jahr nach Beginn der Erkrankungen, vermutete auch Stefan Bergmanns Hausarzt, dass sein Patient unter Longcovid leide. Er trat eine dreiwöchige Kur in Heiligendamm an, gemeinsam mit rund 300 anderen Long- und Postcovid-Patienten. Gesundheitlich brachte ihn der Kuraufenthalt nicht weiter. Aber die Gespräche mit den anderen Patienten wirken lange nach: &bdquo;Man hat schon gemerkt, dass das keine kleine Sache ist.“ Zurück zu Hause blieb Stefan Bergmann mit seinen Fragen alleine. Es gab zwar viele einzelne Fachärzte, aber niemanden, der insgesamt auf seine Befunde schaute und Zusammenhänge herstellte. &bdquo;Mein Hausarzt hat mir schon recht bald gesagt, dass er das zeitlich nicht leisten kann“, sagt Stefan Bergmann und hat Verständnis dafür. Lesen Sie auch: &bdquo;Impfschäden werden totgeschwiegen“ - Gütersloher organisiert Fachtagung Verdacht auf Hasenpest bringt Verbesserung Auch andere Ärzte und Ärztinnen, selbst in den Unikliniken, resignierten. &bdquo;Irgendwann haben mir immer mehr gesagt: Dann müssen Sie das einfach so hinnehmen", erzählt er. Auch den Rat, zum Psychologen zu gehen, bekam er immer öfter. Da sich niemand seine Symptome erklären konnte, vermuteten sie einen psychischen Hintergrund. &bdquo;Dabei bin ich ja schon längst in psychologischer Behandlung, um diesen Einschnitt in meinem Leben zu verarbeiten“, sagt Stefan Bergmann kopfschüttelnd. Im Januar 2023 nahm seine Entwicklung zum ersten Mal einen - wenn auch unerwarteten - positiven Verlauf. Da seine Atemnot trotz zehnmonatiger Cortisontherapie anhielt, suchte er die Pneumologie an der Uniklinik Münster auf. Der Chefarzt dort wollte der Sache auf den Grund gehen und ordnete ein großes Blutbild an, in dem auch abseits der gängigen Parameter gesucht wurde. Das Ergebnis war überraschend. Denn seine Blutwerte legten den Verdacht auf Tularämie nahe, die lebensbedrohliche Hasenpest. Der Arzt verschrieb ihm - erstmalig - ein Antibiotikum, und schon nach vier Tagen bemerkte er erste Besserungen an seiner Haut. Der Tularämie-Verdacht wurde dem Robert-Koch-Institut gemeldet, die Blutproben dort zur Klärung hingeschickt. &bdquo;Das RKI hat den Verdacht auf Hasenpest nicht bestätigt, aber dadurch habe ich zumindest die Medikamente bekommen, die erstmals etwas geholfen haben.“ Darmlähmung bringt ihn auf eine neue Fährte Es ließe sich noch viel erzählen von Stefan Bergmanns zahlreichen Arztbesuchen und erfolglosen Therapieansätzen. Doch sie haben fast alle dasselbe Ergebnis: zahlreiche Befunde, wenig Besserung. Dafür hat ihn seine eigene unermüdliche Recherche weiter gebracht. Im Sommer 2023 bekam er einen Bericht über den Impfstoff von Johnson & Johnson in die Hände. Der war bereits im Sommer 2021 in den USA wegen einiger Thrombosefälle vom Markt genommen worden. Doch in dem Bericht heißt es auch, dass das Vakzin zu Lähmungen des Darms oder auch der Extremitäten führen kann. &bdquo;Für mich war klar, dass meine Magenschmerzen ganz zu Beginn und der aufgeblähte Bauch das Resultat einer Darmlähmung waren“, sagt Stefan Bergmann, und auch andere Symptome passten. Im Vergleich zum ersten Jahr geht es ihm inzwischen zwar etwas besser, doch die neurologischen Einschränkungen machen ihm Sorgen. &bdquo;Den Alltag bekomme ich bewältigt. Ich schlafe viel, kann manchmal den ganzen Tag nur auf dem Sofa liegen. 15 Minuten Konzentration sind schon ein Kraftakt.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK Längst sucht er Hilfe in der alternativen Medizin Besonders schwer wiegt für ihn der Verlust seiner Sinne. Fühlen, riechen, schmecken und auch der Tastsinn sind eingeschränkt. &bdquo;Das größte Problem ist, dass man die Welt nur gedämpft wahrnimmt, es ist alles so unwertig. Das Genießen im Leben fehlt“, sagt er. Inzwischen sucht er sich nicht nur Hilfe bei der kassenfinanzierten Schulmedizin. Akupunktur, Sauerstofftherapie, Vitamin-C-Kur, Osteopathie, Triggerpunkt-Therapie, Mitochondrien-Therapie, Kisten voller Nahrungsergänzungsmittel und Fastenkuren gehören ebenso zu seinem selbst zusammengestellten Therapieplan, ebenso wie der monatliche Besuch bei einer Longcovid-Selbsthilfegruppe in Bielefeld und einer Post-Vac-Gruppe in Paderborn. Im Moment ruht seine ganze Hoffnung auf einer IHHT-Höhentherapie bei einer Naturheilpraxis in Jöllenbeck und auf einer Klinik in Bad Aibling, bei der er im Dezember erstmals zur - selbst finanzierten - Blutwäsche war. Medizinisch bewiesen ist deren Wirksamkeit nicht, aber von vielen hat er gehört, dass es geholfen hat, und auch er hat seitdem leichte Verbesserungen wahrgenommen. Sein Ziel: &bdquo;Im Sommer wieder so belastbar zu sein, dass ich mit der beruflichen Wiedereingliederung beginnen kann“, sagt er. Wertheraner kritisiert die Politik Und noch ein Ziel hat er: Indem er seine Geschichte öffentlich erzählt, hofft er, etwas verändern zu können. Zum einen, bei den Menschen, die unter ähnlichen Symptomen leiden und denken, dass sie vielleicht damit alleine sind. Zum anderen bei der Politik, die viel verspreche, aber nichts einhalte. &bdquo;Wir haben die Strukturen gehabt, innerhalb weniger Wochen einen Impfstoff auf den Markt zu bringen. Aber jetzt die Kranken zu versorgen, das kriegen wir nicht hin“, sagt er. &bdquo;Ich bin absolut kein Impfgegner, aber ich mache mich gerade zu einem, weil ich so viel über Impfungen lese“, sagt er. Für ihn steht fest, dass ihm der mRNA-Impfstoff, der bei anderen ohne Nebenwirkungen blieb, deshalb so zusetzt, weil er zum Zeitpunkt der Impfung ein geschwächtes Immunsystem hatte. &bdquo;Impfungen am Fließband, ohne den Immunstatus abzufragen, das dürfte es nicht geben.“ Selbsthilfegruppen für Post-Vac und Longcovid gibt es in allen größeren Städten. Gütersloh: Longcovid (05241) 8528-82, Post-Vac: Selbsthilfe-Post-Vac-Syndrom@web.de; Bielefeld (0521) 9640696.

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