Trotz erheblicher Sorgen: Werther puzzelt seine Finanzen zusammen

Werther. Der Krieg in der Ukraine, der Konflikt im Nahen Osten, Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt, die Bundesregierung am Ende, die Welt im Wandel, die Großwetterlage in Deutschland schwierig, die Demokratie angegriffen: Bürgermeister Veith Lemmen nimmt nach dieser Aufzählung erst einmal einen tiefen Schluck aus der Wasserflasche, bevor er am Donnerstagabend im Rat seine Haushaltsrede hält. &bdquo;In Anbetracht dieser ganzen Krisenherde lässt sich leicht verzagen und die Frage aufwerfen: Wie sollen wir das schaffen?“ Seine Antwort: &bdquo;Stück für Stück.“ Der Bürgermeister und sein Kämmerer Rainer Demoliner sind unter die Bastler gegangen. Sie haben den Wertherplan, der alles Handeln der Stadt zusammenfasst, in einzelne Puzzlestücke aufgeteilt. &bdquo;Das ist unsere Strategie. Schritt für Schritt vorangehen und sich nicht an einem zu großen Happen verschlucken.“ Veith Lemmen ist heilfroh, dass es Werther gerade noch rechtzeitig geschafft hat, wichtige Großprojekte abzuschließen. &bdquo;Müssten wir sie heute anpacken, könnten wir sie uns nicht mehr leisten.“ Die Neubauten der millionenteuren Kläranlage und des Feuerwehr-Gerätehauses, die Sanierung der Trinkwasser-Einrichtungen, die Investition in den Blotenberg, der Ausbau der OGS Langenheide, die Verschönerung des Stadtparks - &bdquo;all das wird nun über Jahrzehnte Bestand haben“. Bloß nicht in die Haushaltssicherung rutschen Oberstes Ziel allen Handelns müsse dabei bleiben: &bdquo;Bloß nicht in die Haushaltssicherung abrutschen und riskieren, dass Freibad, Stadtbibliothek oder Bürgerbus auf den Prüfstand kommen.“ Also habe sich die Stadt schon vor Aufstellen des Haushalts ein drastisches Sparprogramm auferlegt. Jede Abteilung im Rathaus sei eingebunden gewesen, jeder einzelne Posten hinterfragt worden. Ergebnis: eine Einsparung - oder besser: der Verzicht einer Ausgabe - von satten 1,2 Millionen Euro. Denn: &bdquo;Acht Jahre in Folge konnten wir in die Ausgleichsrücklage einzahlen. 2025 werden wir vermutlich den gesamten Topf aufbrauchen.“ Trotzdem sei Werther der Einäugige unter den Blinden, so der Bürgermeister. &bdquo;Uns geht es immer noch besser als vielen anderen Städten im Land.“ Ärgerlich aus Sicht von Bürgermeister und Kämmerer: Dass sie an 81 Prozent der Aufwendungen nichts ändern können. Es sind Zahlungen, die die Stadt leisten muss, ob sie es will oder nicht: fast elf Millionen Euro Kreisumlage, Personalaufwendungen, Abschreibungen, aber auch Zuschüsse an Kindergartenträger, Unterhaltung von Gebäuden oder Schülerbeförderungskosten. Ärgerlich sei auch, dass das Land die Kommunen nicht mehr auskömmlich finanziere und ihnen stattdessen immer neue Aufgaben auftrage - &bdquo;ein Skandal“, nennt Lemmen dies. &bdquo;Umso wichtiger, dass wir in unserem Umfeld in Werther den Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit geben. In einer Zeit, in der nichts mehr sicher ist.“ Sicher sind hingegen folgende Posten: Der Schuldenstand Mit einem Defizit von gut zwei Millionen Euro kalkulieren Bürgermeister und Kämmerer 2025, die Aufwendungen übersteigen damit deutlich die Erträge - wieder einmal. Für Werther nichts Neues, in den Vorjahren war es nicht anders. Nur dass es dieses Mal wohl nicht positiv enden wird. Was sich auch darin ausdrückt, dass Werther erstmals seit zwölf Jahren wieder Schlüsselzuweisungen erhält, und zwar mehr als eine Million Euro. Es gibt jedoch auch Erfreuliches zu berichten: So liegt die Pro-Kopf-Verschuldung in Werther aktuell auf einem Allzeittief von 33 Euro, noch einmal vier Euro weniger als im vergangenen Jahr. &bdquo;Das muss uns erst einmal einer nachmachen“, freut sich der Bürgermeister. Zum Vergleich: Oberhausen beklagt eine Pro-Kopf-Verschuldung von fast 9.500 Euro. Steuern Werther bleibt eine der wenigen Kommunen in der Region, bei der die Einkommenssteuer höher ausfällt als die Gewerbesteuer. 7,55 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen stehen 8,5 Millionen an Einkommens- und Umsatzsteuer gegenüber. Wer in Werther Gewerbesteuer zahlen muss, kann erleichtert aufatmen: Auf ihn kommen keine höheren Ausgaben zu, die Hebesätze bleiben gleich. Anders bei der Grundsteuer A, bei der die Hebesätze um fast 21 Prozent angehoben werden, und der Grundsteuer B, die sogar um fast 23 Prozent steigt. &bdquo;Dabei werden wir selbst nahezu keine Mehreinnahmen haben“, so der Bürgermeister. Durch die Grundsteuerreform (&bdquo;durch und durch ein Ärgernis“) komme es zu teils erheblichen Verwerfungen, manche Hausbesitzer würden kaum eine Veränderung spüren, andere sogar weniger zahlen müssen. &bdquo;Aber einige werden sich nach Erhalt der Steuerbescheide im Januar die Augen reiben.“ Veith Lemmen bedauert dies umso mehr, da er die Reform äußerst kritisch sieht und die Stadt lediglich ausführender Arm der Finanzämter und des Landes sei. &bdquo;Trotzdem stehen die Leute am Ende vor unserer Tür, um zu protestieren.“ Er spricht von einem &bdquo;Unding, dass uns das Land die ganze Thematik Grundsteuerreform unbearbeitet vor die Füße gekippt hat“. Gebühren Ab dem 1. Januar 2025 wird der Trinkwasserpreis um fünf Prozent von aktuell 2,86 auf 2,99 Euro, die Schmutzwassergebühr um rund vier Prozent von 3,88 auf 4,05 Euro je Kubikmeter steigen. Die Abfallgebühren bleiben hingegen stabil. Investitionen Trotz Sparzwangs wird Werther 2025 nicht unerhebliche Gelder in die Hand nehmen. So steht für 450.000 Euro der Endausbau der Straße Nienhagen in Häger an, für 310.000 Euro der Lückenschluss des Radwegs nach Schröttinghausen, für je 250.000 Euro sind Renaturierungsarbeiten am Schwarzbach und Straßenunterhaltungs-Maßnahmen geplant. 160.000 Euro fließen in die Anzahlung für ein neues Feuerwehrfahrzeug. Bereits eingepreist, aber noch nicht entschieden ist die Ausgabe von 230.000 Euro für neue Parkplätze entlang des Teutoburger-Wald-Wegs. Dankeschön Die gesamte Haushaltsrede des Bürgermeisters atmet ein Dankeschön an die verschiedensten Bürgerinnen und Bürger der Stadt: an alle ehrenamtlich Tätigen, Menschen in der Kinder- und Flüchtlingsbetreuung, die Feuerwehr, Wirtschaft und Landwirtschaft, Vereine und Initiativen, den Einzelhandel und schließlich seine Kolleginnen und Kollegen in der Stadtverwaltung, aktuell 70 Männer und Frauen sowie fünf Auszubildende. In den nächsten Wochen wird der Haushaltsplan nun in den Fraktionen beraten. Die Verabschiedung ist bestenfalls für die Ratssitzung Mitte Dezember geplant.

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