Radfahrer kontra Anlieger: Eine Straße in Werther mit Konfliktpotenzial

Werther. Dass sich über den idyllischen Sattelmeierweg einmal ein Streit größeren Ausmaßes entbrennen könnte, scheint schwer vorstellbar. So geschehen jedoch, seit der ADFC im Juli forderte, die 1,8 Kilometer zur Fahrradstraße zu erklären. Seitdem sind die Anlieger auf dem Baum und die Fronten kaum mehr zu glätten. Dass sich auch diejenigen uneins sind, die es am Ende entscheiden sollen, macht die Sache nicht leichter. Der Sattelmeierweg ist schon heute die einzig gefahrlose Möglichkeit, mit dem Fahrrad von Werther nach Häger zu kommen. Die direkte Verbindung über die Engerstraße nutzt kaum jemand, da hier Tempo 100 gilt und es weder einen Fahrradweg noch einen Seitenstreifen gibt. Nicht verwunderlich also, dass die ADFC-Ortsgruppe ihren Antrag stellte. Im Mobilitätsausschuss begründet Vorsitzender Ekkehard Härtel: Schon heute würden mehr Rad- als Autofahrer den Sattelmeierweg nutzen. In ihrer Freizeit, auf ihrem Weg zur Arbeit, Kinder auf dem Weg zur Schule. Der Sattelmeierweg sei der logische Lückenschluss zwischen dem Ende des Radwegs nahe des Drei Linden und dem Wiederbeginn in Häger. &bdquo;Die allermeisten Radfahrer nehmen Rücksicht“ Allerdings sei der Weg für Radfahrende nicht ungefährlich. &bdquo;Autofahrer halten beim Überholen selten die erforderlichen zwei Meter Mindestabstand ein“, bemängelt Härtel. Durch eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit von aktuell Tempo 100 auf Tempo 30 und dem Vorrang für Radfahrende würde sich die Verkehrssicherheit erheblich erhöhen. Es stimme schlicht nicht, dass Radfahrer Autofahrer ausbremsen würden. &bdquo;Die allermeisten nehmen Rücksicht und fahren zur Seite. Ich habe auch noch nie davon gehört, dass es Probleme mit Treckern oder Erntemaschinen gab.“ Und selbst wenn es im Ausnahmefall doch einmal passieren sollte, dass ein Autofahrer hinter einem Radfahrer herfahren muss: &bdquo;Für den Sattelmeierweg braucht man mit dem Rad ungefähr drei Minuten. An realer Zeit verlieren würde ein Autofahrer also höchstens zwei Minuten. Was sind die gegenüber der Sicherheit eines Radfahrers?“ Mut zu einem Versuch gefordert Härtel erinnert an die Vorwürfe der Landwirte bei der Sitzung im Juli, eine Fahrradstraße würde die Gräben zwischen Radfahrern und Anliegern vertiefen. &bdquo;Das stimmt doch nicht! Eine Fahrradstraße vergrößert nicht das Konfliktpotenzial, es entschärft es.“ An Politik und Verwaltung gerichtet stellt er - auch im Hinblick auf das 2023 gescheiterte Vorhaben, aus dem Schwarzen Weg eine Fahrradstraße zu machen - die Frage: &bdquo;Warum hat die Stadt nicht den Mut, es zu versuchen?“ Die Anlieger, die an diesem Abend ins Rathaus gekommen sind, haben eine klare Antwort darauf. &bdquo;Eine Fahrradstraße wäre das Schlechteste, das dem Sattelmeierweg und im weiteren Verlauf der Hägerstraße passieren könnte“, betont Stephan Ellersiek. Hier werde mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Sein Vorschlag zur Güte: Die Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 50 begrenzen und/oder die Straße als Anliegerstraße ausweisen. &bdquo;Warum etwas ändern?“ Christina Göhner, ebenfalls mit ihrem landwirtschaftlichen Betrieb Anliegerin am Sattelmeierweg, bezweifelt sogar, dass sich eine Fahrradstraße rein rechtlich durchsetzen ließe, da die Gesamtbreite der Straße zu gering sei. &bdquo;Und warum muss man hier etwas ändern?“, fragt sie. Sie kenne Radfahrer, die die Straße regelmäßig nutzen, &bdquo;sie fühlen sich wohl, so wie es ist“. Dazu kritisiert sie den ADFC, der jetzt seine Gesprächsbereitschaft signalisiert habe, &bdquo;statt vorher mal mit uns Anliegern zu sprechen“. Genauso weit auseinander wie die Positionen von ADFC und Anliegern gehen die Meinungen in der Politik. Martina Timpe (CDU), Wolfgang Böhm (WDGA), Dirk Schröer (UWG) und Hannes Dicke-Wentrup (Freie) sehen alle keine Notwendigkeit, am Status quo zu rütteln. &bdquo;Hier gibt’s doch ein gutes Miteinander.“ CDU-Ratsfrau Birgit Ernst sagt sogar: &bdquo;Wir versuchen, hier ein Problem zu lösen, das wir gar nicht haben.“ Georg Hartl (SPD) hält dagegen, dass man endlich aufhören müsse, immer nur den Autofahrern Rechte zuzubilligen. &bdquo;Wir müssen mal zu einer Gleichberechtigung kommen. Ein Lückenschluss des Radwegs lässt sich hier doch perfekt realisieren.“ Seine Genossin Erika Sahrhage, die an diesem Abend mit dem Fahrrad über genau diesen Weg ins Rathaus gekommen ist, unterstreicht: &bdquo;Dann dürfen Autofahrer hier endlich nicht mehr so schnell fahren.“ Anne-Kathrin Warzecha (Grüne) beklagt, dass es ohnehin noch immer viel zu viel Individualverkehr gebe. &bdquo;Entsprechend haben wir allen Grund, den Radverkehr zu stärken.“ Kampfabstimmung im Rathaus Die anschließende Abstimmung spiegelt die gesamte Debatte wider: Sechs Mitglieder stimmen für, sechs gegen eine Fahrradstraße, es gibt eine Enthaltung. Damit gilt der Antrag des ADFC als abgelehnt.

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