Nach zerstörter Rosen-Zucht in Werther: Es gibt eine neue Geschäftsidee

Werther/Bielefeld. Noch sehen die riesigen Gewächshäuser etwas trostlos und verwaist aus. Und auf eine Art sind sie das ja auch. Denn es ist erst ein gutes halbes Jahr her, dass die auf 4.000 Quadratmetern angepflanzten Rosen des Traditionsbetriebs Steffen Rosen auf der Grenze zwischen Werther und Großdornberg einem Schädling zum Opfer fielen, der zugleich einen weiteren Rosenanbau auf Jahre unmöglich machte. Doch da Inhaber Joachim Steffen nach dem ersten Schock nicht den Kopf in den Sand steckte und nach neuen Standbeinen für seinen Betrieb suchte, wird in den Gewächshäusern auf einmal eine Menge möglich. Blumen werden bei Steffen Rosen natürlich weiterhin verkauft. Aber auch für ganz neue Ideen ist auf einmal Platz. Und eine dieser neuen Ideen setzt Apu Ahrens gerade in drei der Gewächshäuser um. Dort wird im Rahmen einer solidarischen Landwirtschaft in Kürze Gemüse angepflanzt. Apu Ahrens ist Ideengeberin und Gesicht dieses Projekts, für das die Vereinsgründung kurz bevor steht. Bereits im Januar trafen sich in den Räumen von Steffen Rosen die Interessenten zum Bieterverfahren. Und Apu Ahrens war überrascht von der Zahl der Menschen, die gerne Teil des Gemüseanbau-Projekts, das den schönen Namen &bdquo;Rosen und Fenchel“ trägt, werden möchten. Gemüse gibt’s je nach eingebrachtem Kapital 90 Personen haben für das erste Jahr Ernteanteile erworben. Aber wie genau funktioniert eine Solidarische Landwirtschaft, kurz SoLaWi genannt, eigentlich? Es wird ein Verein gegründet, der die 2.200 Quadratmeter große Fläche von Joachim Steffen pachtet und Apu Ahrens als Gemüsegärtnerin anstellt. Sie bewirtschaftet die Fläche, unterstützt von Praktikanten und Vereinsmitgliedern. Für den monatlichen Beitrag zwischen 50 und 95 Euro bekommen die 90 Anteilseigner wöchentlich je nach Saison und eingebrachtem Kapital ein bis zwei Gemüsekisten pro Woche. So weit der geschäftliche Teil. Aber hinter dem Gedanken der SoLaWi verbirgt sich noch mehr. &bdquo;Es geht auch um Gemeinschaft“, sagt Apu Ahrens und erzählt von der Gründungsversammlung, wo die bis dahin fremden Mitglieder gleich miteinander ins Gespräch kamen. Genauso hatte sie sich das erhofft und ist sicher, dass sich das Gemeinschaftsgefühl noch weiter entwickeln wird. Dazu soll es Sommer- und Erntedankfeste geben, vor allem aber können sich bei der gemeinsamen Arbeit an den Gemüsebeeten Kontakte ergeben. Zwar muss niemand mithelfen, doch jeder darf. Denn ohne Hilfe, gibt die 41-Jährige offen zu, würde es gar nicht gehen, und erfahrungsgemäß ist genau das für viele der Anreiz, bei einer SoLaWi mitzumachen. Kinder können lernen, wo ihr Essen herkommt Apu Ahrens wird etwa 40 Stunden pro Woche vor Ort sein. Und wenn jemand der Mitglieder - auch Leute ohne Ernteanteile können Mitglied sein - gerne Lust auf Gartenarbeit hat, ist er oder sie jederzeit willkommen. Gerade für Familien mit Kindern, sagt sie, sei eine Mitgliedschaft attraktiv, denn die Kinder könnten so ihr eigenes Gemüse ernten und lernen, woher es kommt und was gebraucht wird, damit es wächst. &bdquo;Es gab schon Kinder, die danach keine Möhren mehr aus der Plastiktüte essen wollten“, erzählt sie schmunzelnd von anderen SoLaWis. Seit sechseinhalb Jahren arbeitet Apu Ahrens im ökologischen Gemüseanbau. Beim Demeter-Verband hat sie eine biodynamische Ausbildung zur Gärtnerin gemacht, danach unter anderem drei Jahre lang bei &bdquo;Crowd und Rüben“, der Solidarischen Landwirtschaft in Steinhagen, gearbeitet. Ursprünglich hat sie mal Bibliothekswissenschaften und Neuere Geschichte studiert. Doch das Berufsleben danach erfüllte nicht die Erwartungen. &bdquo;Mit Mitte 30 bin ich dann als Quereinsteigerin zum ökologischen Gemüseanbau gewechselt“, erzählt sie und genießt es nun, körperlich und draußen zu arbeiten. &bdquo;Und ich bin so froh darüber, weil mich die Arbeit erfüllt und weil es wirklich etwas Sinnstiftendes ist.“ Gemüse-Anbau - saisonal und nachhaltig Bereits Ende Februar sollen die ersten Sorten ausgesät werden. Radieschen, Stilmus und Spinat werden den Anfang machen. Bis dahin gibt es noch eine Menge zu tun. Was für Laien wie eine Herkules-Aufgabe aussieht, scheint für Apu Ahrens eher eine Kleinigkeit zu sein. Auf dem brachliegenden Boden, auf dem sich üppige Miere ausgebreitet hat, müssen unzählige Beete - jeweils zehn Meter lang, 80 Zentimter breit - angelegt und mit Bewässerungsschläuchen versehen werden. Mit dem passenden Werkzeug offenbar kein Problem. &bdquo;Für ein Beet brauche ich etwa sechs bis sieben Minuten“, erklärt Apu Ahrens. Etwas schwieriger wird wahrscheinlich eher der andere Teil der Vorbereitungsarbeiten werden. Denn nur wenige der Gemüsepflanzen mögen die Gewächshauswärme, wie es Tomaten tun. Deshalb wird der größte Teil der Scheiben in dem riesigen Glasdach herausgenommen, so dass es offen ist. Damit soll nicht nur das passende Klima für die Gemüse hergestellt werden, sondern auch der Regen zur Bewässerung genutzt werden. Denn Nachhaltigkeit ist ein selbstredend ein großes Anliegen in der SoLaWi. Genauso wie die Vielfalt. Außer Kartoffeln und Kürbisse wird eigentlich alles angepflanzt, was der heimische Gemüseanbau hergibt: verschiedene Salate, Tomaten, Gurken, Paprika, Kohl und Wurzelgemüse. Und möglichst sollen die Mitglieder ganzjährig mit dem Gemüse der Saison versorgt werden. Jedes Jahr werden die Beiträge neu festgesetzt und jedes Jahr wird es auch immer wieder freie Plätze in der Solidargemeinschaft geben. Eine Warteliste fürs nächste Jahr hat Apu Ahrens schon.

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