Bewegte Vergangenheit in Werther: Rundgang durch den Hof Overbeck

Werther. Von außen scheint der Hof Overbeck wie schon seit Jahrzehnten immer noch in einem Dornröschenschlaf zu liegen. Der Bauzaun rund um das große Grundstück ist der einzige Hinweis darauf, dass sich hier in naher Zukunft etwas tun soll. Doch wer hinter das große graue Deelentor mit den eingeschlagenen Fensterscheiben blickt, sieht, dass hier seit Monaten schwer gearbeitet worden sein muss. Während die Stadtpolitik in diesen Wochen darüber berät, welcher Träger den Kindergarten betreiben wird, der ab 2026 im Erdgeschoss des historischen Hofes eröffnen soll, hat der Eigentümer des prägnanten Hauses, kräftig geschuftet. Das riesige Gebäude, das eine Grundfläche von 1.000 Quadratmetern hat, ist bereits vollständig entkernt. &bdquo;Das habe ich fast alles in Eigenleistung gemacht“, sagt Investor Ralf Krahner. Das auffälligste Ergebnis dieser sich fast über ein Jahr erstreckenden Arbeiten ist die Entfernung der Deelendecke. Dadurch hat man momentan freien Blick unter den First in geschätzten zehn bis zwölf Metern Höhe. Früher war an dieser Stelle der Heuboden des 1856 erbauten Hofes. &bdquo;Wir haben hier noch etwa 100 Kubikmeter altes Heu und Stroh heruntergeholt, das bestimmt seit 50 Jahren dort gelagert haben muss“, erzählt Krahner. &bdquo;Lebensgefahr“ steht nicht grundlos an der Tür Offensichtlich aus Zeiten, in denen auf dem seit rund 35 Jahren leerstehenden Gebäude noch Landwirtschaft betrieben wurde. Nachdem das Heu und Stroh in der Biogasanlage Pahmeyer entsorgt worden war, machte Krahner sich an die Arbeit, die alten Holzdecken in der Deele abzunehmen. Auch eine Scherwand, die Deele und Wohnhaus voneinander trennte, musste weichen. Vieles in dem Haus sei baufällig, so Krahner. Das Schild &bdquo;Betreten verboten - Lebensgefahr“ hänge nicht ohne Grund draußen an der Tür, sagt der gelernte Heizungsbauer. Auch zwei Treppen, die einst ins Obergeschoss führten, sowie mehrere Zwischendecken wurden entfernt. In einigen Räumen fehlt der Boden und gibt den Blick in den Keller frei. Ungefähr 90 Quadratmeter sei der groß, sagt Krahner und erklärt, dass dessen Tage aber gezählt seien. &bdquo;Der Keller wird komplett verfüllt, mit dem können wir nichts anfangen“, sagt er. Die Erde dafür liegt bereits in großen Haufen in der Deele. Die Geschichte des Hauses ist noch sichtbar Ein kleiner Bagger steht im ehemaligen Badezimmer, auf das noch gelbe Kacheln an der Wand hinweisen. &bdquo;Genau hier stand mal die Badewanne“, sagt Krahner und erinnert an eine frühere Hausbewohnerin, die dort in den 1960er-Jahren den Tod gefunden haben soll. Der Bagger hat schon einige Kubikmeter Erdreich bewegt und in die ersten Kellerräume geschüttet. Nur einen Kellerraum wird Krahner erhalten, der in dem der in Werther allseits bekannte Brunnen steht. An der rund sieben Meter tiefen Wasserstelle hatte sich 1977 eine Familientragödie abgespielt, die den Tod eines Kindes zur Folge hatte. Als Krahner das Haus übernahm, war der einen Meter im Durchmesser zählende Brunnen, dessen Bruchsteinrand auf Bodenniveau lag, zur Hälfte mit einer Betonplatte abgedeckt. Mit sechs Brunnenringen hat Krahner den Rand erhöht, der nun fast bis unter die niedrige Kellerdecke reicht. &bdquo;Ich brauche den Brunnen hier als Teil der Wasserversorgung“, erklärt Krahner. Spaß am Bauen und Lokalpatriotismus Mit der traurigen Geschichte des Hauses geht er pragmatisch um. Einmal habe aber auch er einen Kloß im Hals verspürt: als er beim Ausräumen im Wohnbereich in einem Schrank noch Kinderspielzeug entdeckt habe. Dass er das baufällige Gebäude vor einigen Jahren erworben habe, darüber muss Ralf Krahner im Gespräch selbst immer wieder ein bisschen schmunzeln. &bdquo;Finanziell bringt mir das hier gar nichts“, sagt er. Er sei ganz in der Nähe am Meyerfeld aufgewachsen, kenne das Haus sein Leben lang. &bdquo;Ich baue einfach gerne. Und ich bin Wertheraner“, begründet er sein Investment. &bdquo;Und einer muss das hier ja machen“, wirft er zwischendurch ein. Ab Januar gehen auf dem Hof, der laut Architekt und Historiker Ulrich Maaß vermutlich einer der ältesten und größten Bruchstein-Höfe in Ostwestfalen ist, die Umbauarbeiten auch offiziell los. Dann wird Bauunternehmer Gerrit Imkemeyer mit seinen Maurern anrücken und der Kita im Erdgeschoss und den fünf Wohnungen darüber Gestalt geben. Fachwerk wird sichtbar bleiben &bdquo;Die zwei Gruppenräume werden im hinteren Teil im früheren Wohntrakt entstehen“, erläutert Ralf Krahner. Hinter das Deelentor wird ein Gemeinschaftsraum gesetzt und da, wo heute noch die Wände der Viehställe zu sehen sind, kommen Büro- und Besprechungsräume hin. Zwei lange Wände mit Fachwerk trennen den Mittelgang der Deele und die seitlichen Viehbereiche voneinander. &bdquo;Eine Seite ist echtes Fachwerk, die andere nur aufgemalt“, sagt Krahner. Aber beide Wände werden auch im Kindergarten erhalten bleiben. Ebenso wie die Deckenhöhe von vier Metern. Von außen soll das unter Denkmalschutz stehende Gebäude möglichst sein ursprüngliches Aussehen wiederbekommen. Da nimmt Krahner es genau, vor allem bei den Fenstern. In die Faschen, die ausgebessert werden müssen, setzt er zum Beispiel wieder originalen Sandstein ein. &bdquo;Da kostet ein Fenster 1.500 Euro“, sagt er. Gedämmt wird das Haus von innen und natürlich sind auch dreifachverglaste Fenster vorgesehen. Dritte Gruppe wäre denkbar Auch wenn die Pläne des Architekten Ulrich Maaß für das Gelände neben dem Hof noch den Bau von vier Reihenhäusern und eines weiteren Komplexes mit sechs Wohneinheiten vorsehen, will Krahner sich zunächst ganz auf das Herzstück konzentrieren. Dabei wäre er sogar offen für eine mögliche Erweiterung der geplanten Kita auf drei Gruppen, sollte Bedarf bestehen. &bdquo;Man könnte neben den Hof noch einen Kubus bauen für einen dritten Gruppenraum“, sagt er - alles nur in der Theorie. &bdquo;Entschieden ist noch nichts.“

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